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Ralf54:
Nicht locker ....
Hmmm - woher willst ausgerechnet Du das wissen? Wenn ich lese, was Du da von einem 'Schema' zusammenphantasierst, ist es ganz offensichtlich, dass Du absolut keine Ahnung davon hast, wie die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler im Zen aussieht und funktioniert.
Worüber man nicht reden kann, davon muß man schweigen - oder man stellt sich in peinlicher Weise bloß.
Ich weiss ja nicht, was Du so alles 'wirklich freies Meditieren' nennst, aber wenn es so etwas ist wie wirklich freies Traktorbauen, dann ist mir da wohl auch nicht viel entgangen. Vielleicht ist es ja möglich, einen Traktor zu bauen, ohne das Handwerk von einem Meister gelernt oder auch nur die Bauanleitung gelesen zu haben - aber fahren möchte ich so Ding dann doch lieber nicht ...
Freundliche Grüße,
Ralf
Ralf54:
Liebe Nina,
nicht mehr hinter dem Phantom eines Sinns herzulaufen, muss nicht Ziellosigkeit bedeuten. Die Freiheit von Illusionen, Ängsten, Zwängen sollte sich zu einer Freiheit, zu handeln entwickeln. Beides muss zusammen wirken.
Dem Handeln geht immer eine Zielsetzung voraus. Das Ziel, von dem ich rede, ist kein zu erreichender Endzustand, kein 'Sinn'. Es dient einfach der Ausrichtung Deines Daseins. Dieses Ausrichten, das 'Zielen', erzeugt einen Weg; einen Weg ohne Anfang und ohne Ende (daher die so oft angeführte Platitüde, der Weg sei das Ziel). Der Weg, den man im Zen beschreitet, ist der Bodhisattva-Weg. Die Zielsetzung ist eine vierfache Verpflichtung:
Die Lebewesen sind ohne Zahl - ich verpflichte mich, sie alle zu retten.
Illusionen sind ohne Grenzen - ich verpflichte mich, sie alle loszulassen.
Die Tore der Lehre sind nicht zu zählen - ich verpflichte mich, zu ihnen allen zu erwachen.
Der Weg des Erwachten ist unübertroffen - ich verpflichte mich, ihn zu verkörpern.
Diese Gelöbnisse, die Shikusei Ganmon, sind der eigentliche Kern des Zen. Sie sind der Grund, warum man übt und studiert - ohne Fragen nach einem Sinn zu stellen. Wenn Du ernsthaft diesen Weg gehst, wirst Du keine Ziellosigkeit mehr empfinden und Du wirst die wahre Einsamkeit kennen lernen. Ein-Samkeit. Du fühlst Dich nicht nur verbunden mit uns - Du bist mit uns und mit allem Sein verbunden.
Ralf54:
Hallo Nina,
nimmt denn das Wissen um die Sinnlosigkeit nicht im Gegenteil eine große Last von unseren Schultern, ist es nicht eigentlich eine Befreiung?
Wenn Du Dich nicht mehr um Sinn und Widersinn, um Gut und Schlecht kümmern musst, erst dann kannst Du die Dinge und vor allem Dich selbst so an- und aufnehmen, wie sie sind - dann kannst Du so sein, wie Du bist, ohne darüber zu urteilen, ohne Dir selbst und Anderen weh zu tun.
Lebensunmut ist ein Anzeichen für eine gescheiterte Sinnsuche - dafür, dass man nach wie vor an einen Sinn glaubt, doch daran verzweifelt, ihn zu finden. Hör auf, Dich zu quälen und hab Mut zur Freiheit. Es gibt nichts zu finden, nichts zu erreichen, nichts zu überwinden. Schau, was vor Deiner Nase liegt - der Sonnenstrahl, der sich gerade durch die Wolken zwängt, der Geruch frisch gefallenen Regens, der durchs offene Fenster zieht, das Flimmern des Bildschirms, der Dir Botschaften übermittelt - wo ist da Raum für Lebensunmut?
Liebe Grüße,
Ralf
Ralf54:
Hallo Roland,
auch dazu fällt mir etwas ein (nachdem ich mir noch einmal Deine Kinderbilder betrachtet habe):
"Durch Umgang mit Kindern gesundet die Seele"
(F.M. Dostojewski)
Freundliche Grüße,
Ralf
Ralf54:
Dazu fällt mir ein:
"Jugend will, daß man ihr befiehlt, damit sie die Möglichkeit hat, nicht zu gehorchen"
(J.P.Sartre)
Warum sollte uns Roland den Gefallen tun?
Freundliche Grüße,
Ralf
Ralf54:
Das erinnert mich an meinen alten Kumpel Karlheinz, genannt Knox. Wir hatten reichlich gebechert (guten Pfälzer Riesling), und dann setzte er Omas elektrisch beheizbaren Fußsack auf den Kopf, erklärte sich zum Groß-Hugo und gab profunde Weisheiten von sich. Wir lagen auf dem Boden vor Lachen ...
Freundliche Grüße,
Ralf
Ralf54:
Hi Linda,
ich stimme Andreas zu - die richtige Gemeinschaft erleichtert Vieles. Andererseits fehlt Vielen die Möglichkeit oder sie haben Hemmungen, als 'blutiger Anfänger' in solch eine Gruppe zu gehen.
Zu Meditationsobjekten wie Kerzenflamme o.ä. kann ich aus eigener Erfahrung nichts sagen. Bei den Buddhisten Südostasiens (Theravada) gibt es (als eine Technik unter vielen) die sog. Kasina-Meditation, da spielen solche Objekte eine gewisse Rolle. Dabei wird aus dem wahrgenommenen Bild (z.B. einer Flamme) ein rein geistiges Bild geschaffen, auf das man sich dann konzentriert. Eigentlich eher eine reine Konzentrationsübung, wenn ich's denn richtig verstanden habe.
Mantras gibt es in verschiedenen buddhistischen Traditionen, im Zen eher nicht. Nur wenige (vor allem chinesische) Zen-Schulen praktizieren auch das sog. Nien-Fo oder Nembutsu, eine Mantra-ähnliche Technik.
Sutren-Rezitation kann sehr wirksam sein, vor allem, wenn sie in Gemeinschaft geübt wird. Aber meditatives Rezitieren ist nicht gerade für den 'Einsteiger' geeignet. Von Meditations-CDs halte ich persönlich gar nichts. Ich finde, da kann man genau so gut den Fernseher einschalten .... nichts für ungut.
Wenn Du einfach auf Deinen Atem achtest, brauchst Du keinen CD-Player und keine CDs zu kaufen, nicht einmal eine Kerze. Und Du musst keine japanischen Sutren auswendig lernen :-).
Eine Uhr finde ich nützlich. Am Besten ist so ein Küchen-Timer, wo Du die Zeit einstellst und der dann piept. Leg ihn dann so hin, dass Du nicht ständig in Versuchung kommst, nachzuschauen.
Tja, Basics .... ganz grundsätzlich würde ich mal sagen, eine gewisse Selbstdisziplin und Beharrlichkeit auf der einen Seite, Augenmaß und Behutsamkeit im Umgang mit Körper und Geist auf der anderen. Der mittlere Weg eben, wie ihn Buddha lehrte :-)
Freundliche Grüße,
Ralf
Ralf54:
Dorthin, wo die Sonne herkam?
Aber geht sie tatsächlich? Oder können wir sie nur - von der Sonne geblendet - nicht mehr sehen?
Kein Kommen, kein Gehen. Licht und Dunkelheit verbergen sich gegenseitig.
(Noch zu heiss, der Tee. Hab mir glatt die Zunge verbrannt.)
Ralf54:
Hallo Peter,
wie definiert man den Unterschied zwischen Holzhacken und nicht Holzhacken? Meditieren ist eine Tätigkeit, entweder man übt sie aus oder nicht. Genau aus diesem Grund ist es durchaus zweifelhaft, ob man Zazen zu recht als 'Meditation' bezeichnen kann.
Einen immer noch brauchbaren Überblick über Formen und Techniken von Meditation geben Naranjo/Ornstein in 'Psychologie der Meditation' (Fischer, 1976). Die Darstellung von Zazen findet allerdings nicht meine ungeteilte Zustimmung.
Zu Zazen möchte ich folgende Texte empfehlen: http://zensplitter.bei.t-online.de/Texte/Tsung-tse/tsung-tse.html http://zensplitter.bei.t-online.de/Texte/Dogen/dogen.html http://zensplitter.bei.t-online.de/Texte/Keizan/keizan.html
Die Grundlagen buddhistischer Meditation findet man etwa im Mahásatipatthána Sutta: http://www.palikanon.com/digha/d22.htm
Besonders empfehlenswert auch das Anapanasati Sutta: http://www.palikanon.com/majjhima/m118n.htm
Ebenfalls sehr empfehlenswert die Darstellung der samatha-vipashyana-Methode durch Chih-I, den Gründer der Tien-Tai-Schule (jap. Tendai) in Meditations-Sutras des Mahayana-Buddhismus Bd.1, Hrsg. Raoul von Muralt (Origo1988).
Freundliche Grüße,
Ralf
Ralf54:
Vielleicht (?) notwendige Anmerkung:
Jemand, dessen Äußerungen hier im Forum durch authentische, gelebte Erfahrung bestimmt sind, dürfte sich wohl kaum beleidigt fühlen. Er / sie dürfte sich eher daran erinnern, schon so manchen Kuhfladen aufgehoben und stolz herumgezeigt zu haben - in dem ernsthaften Glauben, es handle sich um eitel Gold. Und dann über mich und sich lachen.
Anders mag es vielleicht aussehen, wenn die Äußerungen auf Angelesenem, Phantasiertem und halbgaren Vermutungen beruhen. Wenn sich das Publikum weigert, die so sorgfältig einstudierte und vorgetragene Rolle zu beklatschen, dann reagiert man leicht beleidigt. Alte Schauspielerkrankheit.
Ralf54:
Ich weiss, Du willst im Moment mal beleidigt werden. Und zwar im Sinne all derer, die ich hier beleidige.
Zu merken, dass hier jemand beleidigt, setzt entsprechende Rezeptoren dafuer voraus.
Was sonst noch zu sagen wäre, kannst Du ebenfalls alles bei Dir selbst nachlesen.
Freundliche Grüße,
Ralf
Ralf54:
Hallo Nina,
es muss nicht unbedingt im Sitzen sein, aber für die meisten Menschen ist das am einfachsten. Vor allem als Neuling einen 'Einstieg' zu kriegen, ist ohne Sitzen recht schwierig.
Sitzen ist auf verschiedene Arten möglich:
1. Mit mehr oder weniger gekreuzten Beinen auf einem Kissen.
2. Im Knien, wobei man auf den Fersen sitzt (sog. Seiza)
3. Im Knien, ähnlich Seiza, allerdings nicht auf den Fersen sitzend, sondern auf einem kleinen Bänkchen, das quer über die Unterschenkel gestellt wird.
4. Auf einem Stuhl oder Hocker
Diese Arten des Sitzens unterscheiden sich etwas in der Stabilität der Sitzhaltung, in der 'Erdung'. Gemeinsam ist ihnen die aufgerichtete Haltung des Oberkörpers und der freie, ungehinderte Atemfluss.
Die nächste Alternative wäre Liegen auf dem Rücken. Allerdings nicht auf dem Bett, sondern auf einer Wolldecke o.ä. auf dem Boden. Ist zwar äußerst stabil, aber der Atem ist nicht ganz so frei (Du spürst das Gewicht der Bauchdecke) und man wird leicht schläfrig.
Nun ist es Dir ja wohl leider nicht möglich, für etwa 15 Minuten oder länger einfach still zu sitzen oder zu liegen. Trotzdem würde ich Dir vorschlagen, es einmal mit einem Bänkchen oder einem Hocker zu probieren und die Bewegungen einfach zuzulassen. Auch 'normale' Zazen-Sitzende müssen schlucken, manchmal blinzeln oder furzen und vor allem atmen - "starr wie ein Stein" kann niemand sitzen, und das wäre auch gar nicht sinnvoll. Diese Dinge zu unterdrücken, würde das Zazen stören, also lässt man sie zu.
Mir ist klar, dass der Bewegungsdrang durch das 'Stillsitzen' bei Dir zunimmt; ich weiss natürlich nicht, bis zu welchem Grad. Wie gesagt, es wäre vielleicht den Versuch wert, die Bewegungen einfach zuzulassen und die evt. auftretenden Gefühlsstörungen nur zu beobachten, ohne sie zu werten. Sicher leicht gesagt ...
Was Du auf jeden Fall versuchen könntest, ist langsames, meditatives Gehen (im Zen heisst diese Technik Kinhin, sie wird zwischen den Sitzperioden geübt). Dazu brauchst Du allerdings einen Raum, in dem Du ohne Behinderung durch Möbel o.ä. im Kreis gehen kannst - vielleicht einen nicht allzu schmalen Hausflur.
Die anderen Übungen (beim Laufen, beim Essen, beim Straßenbahn fahren ...) solltest Du natürlich nicht aufgeben, im Gegenteil. Ich nenne das 'Minuten stehlen' :-) Beim Radfahren würde ich's allerdings vorsichtshalber lassen, da sollte man seine Aufmerksamkeit doch besser dem Verkehr widmen :-). Wenn das mit dem Sitzen oder Kinhin klappt, wirst Du sicher feststellen, dass diese Übungen an Tiefe und Stärke gewinnen. Wenn es nicht klappt, kannst Du immer noch so wie bisher weiter machen.
Wenn Du möchtest, kann ich Dich gerne bei der Technik ein wenig beraten - so gut ich das kann. Das muss natürlich nicht hier über das Forum laufen, Du kannst mich gerne direkt anmailen.
Freundliche Grüße,
Ralf
Ralf54:
"Sicher ist es sehr voreingenommen von mir, trotzdem bin ich ziemlich sicher, dass die allermeisten hier in diesem Forum keine Ahnung haben wo denn der Ochse umgeht und bestenfalls glauben es zu wissen."
Christian übertreibt. Die Spuren des Ochsen sind schließlich überall - wobei es sich allerdings nicht notwendig um Hufabdrücke handeln muss. Viele hier folgen einfach einer anderen Art 'Spur' - daher der bullshit, den man hier so oft lesen kann.
"Obwohl den Wortmeldungen nach jeder mindestens schon wieder auf dem Markt unterwegs ist. "
Was meine Wortmeldungen angeht - nehmt meine Äußerungen ruhig als das vorlaute Geschwätz eines Ahnungslosen. Wenn ich den Ochsen gefunden habe, werde ich Euch noch ganz anders Bescheid stossen.
Ralf54:
Lieber Helmut,
WAS bedarf einer Erklärung? Allenfalls könnte man fragen, WER einer Erklärung bedürftig ist. Soweit es um Zen geht, gibt es nichts zu verdeutlichen, jede Erklärung würde nur ent-deutlichen, verdunkeln.
Lass mich trotzdem eine Nebelkerze zünden. Auch Zen ist nur ein Konzept, allerdings eines, das sich in Soheit, in Form/Leere auflöst, je mehr man in es eindringt (mit dem Konzept 'Gott' geht es mir ähnlich, nur DAS löst sich für mich in Nichts auf ;-) ). 'Eindringen' ist nicht Erklären. 'Eindringen' ist Nicht-erklären. Deswegen die Empfehlung: Hinsetzen und Maulhalten - vielleicht in einem Forum etwas fehl am Platz :-). Doch ein wenig mehr sitzen und HINSCHAUEN statt über Gott und Welt zu reden, würde schon helfen.
Grenzen zu setzen/versetzen und zu beobachten, was geschieht, mag amüsant sein. Es hat nicht mehr Bedeutung, als wenn ein Kind eine Linie in den Sand des Spielplatzes kratzt. Alle Wege, die so beschritten werden, führen nur im Kreis herum.
Freundliche Grüße,
Ralf
Ralf54:
alles mögliche? ... eher alles mögliche als Zen. 'Alles Mögliche' IST Zen, aber dazu müssen wir es erst einmal als 'Alles Mögliche' begreifen.
Nein, diese "Verwirrung" entsteht nicht, weil keiner bereit wäre, Zen mit Gott oder dem Namenlosen oder mit Donald Duck oder wasweißich gleichzusetzen. Das wäre albern. Man kann Dinge nicht so schlicht und einfach gleichsetzen, sonst wären sie nicht verschieden.
,Er, dessen Tun nicht diesen Rang verlässt, versinkt in einem Meer von Gift.’ Er ist der Mann, den Buddha den ,Narren, der seine Verwirklichung im Rang des Wirklichen erhält’ nannte (sagt Hakuin). Lieber Helmut, wie oft soll ich Dich noch mit der Nase auf die Fünf Ränge stoßen?
Verwirrung entsteht, wenn wir den Nebel der Konzepte, mit dem wir Soheit verschleiern, mit Wirklichkeit verwechseln und Emotionen in die Konzepte investieren - und schlimmstenfalls sogar eine Rendite erwarten.
Ansonsten nichts gegen die Konzepte - in ihnen kommt Wahrheit zum Ausdruck - so oder so. Wahrheit für Blinde, Taube, Stumme. Fragt sich: träumt ihr die Wahrheit oder seht ihr sie? Und wie auch immer, ob geträumt oder gesehen - ist da ein Unterschied?
Auch mich macht das Reden über Gott, über Liebe, über Geschäfte, über erleuchtete Meister und über 5-Stunden-Sesshins wahrlich seekrank. Aber so ist es nun einmal. Ich würde Euch gerne den Mund verbieten. Setzt Euch hin und haltet das Maul. Aber Ihr hört ja nicht auf mich :-)
Freundliche Grüße,
Ralf
Ralf54:
Hallo Helmut,
ich weiss, ich sollte mich jetzt auf ein Lächeln beschränken :-)
Trotzdem kann ich mir eine Bemerkung nicht verkneifen:
"So kurz kann man es beschreiben ..."
Immerhin ist Hyakujos wilder Fuchs das längste Koan des ganzen Mumonkan. Auch wenn der alte Tagdieb Mumon längst nicht so viele Worte verliert, wie ich Klugscheisser.
Ralf54:
Hallo Nichtraucher,
kompliziertes Problem - eigentlich kaum kurz in einem Forumsbeitrag darzustellen. Ich nehme die Gelegenheit trotzdem gerne wahr, da die buddhistische Auffassung von Karma sich deutlich von der hinduistischen unterscheidet, mit der sie leider oft im Westen verwechselt wird.
Zunächst zur ursprünglichen Auffassung, wie sie etwa im Abhidhamma dargestellt wird. 'Karma' (übersetzt 'Tat') bezieht sich sowohl auf den Willensimpuls (cetana) als auch auf dessen unmittelbare Auswirkung (cetayitva). Karma wirkt somit in den drei Formen des Daseins: dem geistigen (manas, citta) als cetana, dem körperlich/physischen (kaya) und dem kommunikativen (vac, Sprache) als cetayitva.
Im Sinne eines Wirkungszusammenhangs erzeugt karma als Ergebnis eine Frucht (phala), die, wenn sie reif ist, auf den Täter zurückfällt. Da ist jedoch nicht notwendig ein Kausalzusammenhang im westlichen Sinne zwischen karma und phala. Der Zusammenhang besteht darin, dass das Tun eine geistige 'Spur' zurücklässt - deswegen ist der Willensimpuls cetana ein entscheidendes Element. Man könnte sagen, die Tat formt den Täter, so dass er für eine bestimmte Frucht empfänglich wird. Täter ist kein 'Ich' oder eine 'Seele' oder sonst ein Wesenskern, sondern ein Zusammenhang sich gegenseitig bedingender Faktoren (pratityasamutpada), die in ständiger Wandlung sind und die Illusion eines 'Ich' hervorrufen. Karma ist der 'Motor' dieser Wandlung.
Daher wird in westlichen Interpretationen von 'moralischer Kausalität' gesprochen, da für die Qualität der Frucht die Qualität des Handelns entscheidend ist. In Hinblick auf Erlangung von Nirvana werden Handlungen daher als heilsam, kusala, oder unheilsam, akusala, klassifiziert. Dies ist der Kern der buddhistischen Ethik.
Darüber, wie karma und phala genau zusammenhängen, ist ein paar Jahrhunderte eifrig spekuliert worden. Die Mahayana-Auffassung (Zen ist eine Schule des Mahayana), wie sie sich vor allem unter dem Einfluss von Nagarjuna entwickelte, ist die, dass Tat, Täter, Frucht und Genießer [der Frucht] leere Begriffe ohne tatsächliches Eigensein sind und ihnen lediglich eine konventionelle (auf Übereinkunft beruhende) Realität zukommt - was nicht heisst, dass sie einfach nichtexistent wären. Nagarjunas Auffassung (wenn ich sie denn richtig verstanden habe) ist in westlichen Termen äußerst schwierig auszudrücken. Wenn ich zum Zwecke der Vereinfachung Nagarjunas 'Leere' mit dem westlichen Begriff des 'Seins' gleichsetze, könnte man karma und phala als Aspekte des So-Seins auffassen, als aktiven und reaktiven Aspekt (und damit die Brücke schlagen zur 'westlichen' Auffassung von Kausalität wie zur taoistischen Yin-Yang-Theorie). Natürlich ist auch die Unterscheidung solcher Aspekte eine rein begriffliche Angelegenheit, samvrtisatya (verhüllte Wahrheit) und nicht paramarthasatya, Wahrheit im höchsten Sinn. In diese Richtung zielt etwa auch Dogens "Ursache und Wirkung entspringen gleichzeitig".
Zen hat einen praktischen und 'ergebnisorientierten' Ansatz insofern, als es davon ausgeht, dass Befreiung als Realisierung der Leere nichts Bedingtes, keine Frucht sein kann. Daher seit Hui-neng und Ho-tse die Polemik gegen die allmähliche Kultivierung und das Setzen auf den plötzlichen Durchbruch.
"Und warum, o Subhuti, der Name So-Gegangener [Tathagata]? Er bezeichnet wahre Soheit. Und warum So-Gegangener, o Subhuti? Es bezeichnet, dass ohne Ursache ist. Und warum So-Gegangener, o Subhuti? Es bezeichnet die Vernichtung aller Eigenschaften. Und warum So-Gegangener, o Subhuti? Es bezeichnet Einen, der keine wie auch immer geartete Ursache hat. Und warum dies? Weil, o Subhuti, Nicht-Ursache das höchste Ziel ist." (Diamant-Sutra).
Das heisst nicht, dass nach dem Durchbruch keine Kausalität, kein karma mehr wirken würde - das so häufige Missverständnis von der Amoralität des Zen. Form ist Leere und Leere ist Form und Form ist Tat und Frucht. Auch der Durchbruch selbst geschieht nicht als Folge eines Tuns - bestimmtes Tun kann allenfalls 'anfälliger' für den Durchbruch machen. Zazen im höchsten Sinne, Shikantaza, ist daher Nicht-tun, wu-wei. Dann sind, wie Dogen sagt, Übung und Erleuchtung eins. Doch da sind wir über die Grenzen des Sagbaren fast schon hinaus und haben karma höchstens von Weitem gesehen.
Wenn Dich karma wirklich sehr beschäftigt, dann solltest Du mit Deinem Lehrer darüber sprechen. Wenn er mit Koans arbeitet, gibt er Dir vielleicht Nansens Katze oder Hyakujos wilden Fuchs zur Klärung (Mumonkan 14 bzw. 2).
Freundliche Grüße,
Ralf
Ralf54:
Oben steht:
Ist Ummons 'kanshiketsu!' (Mumonkan, Fall 30) eine Beleidigung oder verächtliche Herabsetzung?
Um Verwirrung zu vermeiden (falls es jemand nachschlägt): gemeint war natürlich Fall 21 des Mumonkan. Fall 30 gibt Basos deutlich salonfähigere Definition von Buddha wieder.
ein aufblitzen
der stein sprüht funken
nur kurz geblinzelt
und schon verfehlt
Ralf54:
Hallo f6, Xiong Shui
"nicht abwertende Bezeichnungen für Dinge zu gebrauchen, die anderen Menschen etwas bedeuten" - spielt da nicht die Absicht eine entscheidende Rolle? Ist Ummons 'kanshiketsu!' (Mumonkan, Fall 30) eine Beleidigung oder verächtliche Herabsetzung?
Du sagst sehr richtig: es geht um DINGE, die Anderen etwas BEDEUTEN, worauf sie WERT legen. Wo liegt da der Fehler? Die Dinge haben ihre Funktion - über die ich mich keineswegs lustig mache. Aber einen Wert?
Dass "die Zeremonien und Rezitationen sehr wohl einen Einfluss auf den Geist" haben, will ich nicht bestreiten - im Gegenteil. Ich selbst empfinde sie als ausgesprochen hilfreich für mich. Doch es ist in erster Linie der Geist des Rituals, der wirkt, und nicht die Form. Xiong Shui hat mich da richtig verstanden: "Wer nur in den Äusserlichkeiten... stecken bleibt, der vertut seine Zeit." Kritikpunkt war, dass die von Ken angesprochenen Zen-Puristen solchen Äußerlichkeiten WERT beilegen, ja sie womöglich gar zum Prüfstein für echtes Zen machen. Kritisiert habe ich das sich zufrieden geben mit möglichst perfekter 'Zen-Mimikry'.
Die 'spirituelle Attitüde' ist ein altes Problem.
Als der Jesuit Franz Xavier im 16. Jahrhundert ein japanisches Zen-Kloster besichtigte und den Abt fragte, was denn all diese still herumsitzenden Leute eigentlich täten, antwortete der ihm sinngemäß: die meisten rechnen ihre Pensionen aus oder grübeln darüber nach, was es heute zu essen geben wird.
Natürlich ist das nicht nur im Zen so. Bei den Christen heisst es "cucullus non facit monachum", nicht die Kutte macht den Mönch, und schon Platon schrieb im Phaidon: "Viele sind es, die den Thyrsos schwingen, doch nicht über alle ist der Geist gekommen."
Ein anderes altes Problem ist meine Spottlust - bitte sieh sie mir für dieses mal noch nach.
Freundliche Grüße,
Ralf
Hmmm - woher willst ausgerechnet Du das wissen? Wenn ich lese, was Du da von einem 'Schema' zusammenphantasierst, ist es ganz offensichtlich, dass Du absolut keine Ahnung davon hast, wie die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler im Zen aussieht und funktioniert.
Worüber man nicht reden kann, davon muß man schweigen - oder man stellt sich in peinlicher Weise bloß.
Ich weiss ja nicht, was Du so alles 'wirklich freies Meditieren' nennst, aber wenn es so etwas ist wie wirklich freies Traktorbauen, dann ist mir da wohl auch nicht viel entgangen. Vielleicht ist es ja möglich, einen Traktor zu bauen, ohne das Handwerk von einem Meister gelernt oder auch nur die Bauanleitung gelesen zu haben - aber fahren möchte ich so Ding dann doch lieber nicht ...
Freundliche Grüße,
Ralf