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Ralf54:
Nun ja, wenn es keine andere Alternative gäbe, spräche da nichts dagegen. Ich hab Verständnis für die Inkontinenten ...
Obwohl das ('Lieber .. als') eher eine willkürliche Entscheidung und sicher keine spirituelle Großtat wäre.
"Der höchste Weg ist gar nicht schwer
nur abhold wählerischer Wahl ..."
Wenn aber der Wasserhahn ständig tröpfelt, dann sollte man vielleicht mal die Dichtung überprüfen.
Mit einer so tiefen Verbeugung, wie es mein Rücken gerade noch zulässt,
Ralf
Ralf54:
Hallo Helmut,
dem letzten Absatz möchte ich widersprechen. Es geht um das Kennenlernen des Selbst allenfalls insofern, als dieses 'Selbst' nicht verschieden vom 'Selbst' eines anderen fühlenden Wesen ist.
Das Üben in Gemeinschaft (und das schließt das Sitzen ein, ist aber gleichzeitig mehr, als nur Sitzen), insbesondere natürlich während eines Sesshin, fördert diese Einsicht.
Gemeinsames Üben dient vor allem dazu, Arroganz oder Abgehobenheit (als äußere Anzeichen eines 'Selbst') zu beseitigen. Das Spürbar-werden solcher Fehlhaltungen während des gemeinsamen Übens ist Teil des Heilungsprozesses.
Ralf54:
.... und, falls Du es mit Deshimaru nicht so hast:
MU KU SHU METSU DO
MU CHI YAKU MU TOKU
I MU SHO TOKU KO
"Kein Leiden, kein Anhäufen, kein Vernichten, kein Weg.
Keine Erkenntnis und auch kein Erlangen,
weil nichts existiert, das zu erlangen wäre."
Ich nehme an, Du hast das auch schon des öfteren rezitiert ;-).
Da Dein Problem offensichtlich immer noch das selbe ist, wie vor einem Jahr, solltest Du vielleicht wirklich einmal überlegen, ob Dein/e Lehrer/in wirklich 'richtig' für Dich ist. Vielleicht passt ihr einfach nicht zusammen. Du hast doch mit ihm oder ihr darüber gesprochen? Jedenfalls wäre das die richtige Adresse, sich zu 'beklagen' :-).
Ralf54:
Hallo Andreas,
es heisst, ein jeder hat sein Päckchen oder Säckchen zu tragen, und das bleibt wohl auch so, bis der Unterschied zwischen Träger und Last verschwindet. Versuche es positiv zu sehen, es ist der einfachste (oder zumindest doch naheliegendste) Zugang zur Entwicklung von Mitgefühl :-).
Ich weiss, dass Du das Bi Yän Lu auch schätzt - vielleicht hilft es Dir, wieder einmal Beispiel 43 zu studieren. Ich vermute mal, was Ho-kai mit dem 'Tor' meinte, geht in diese Richtung ...
Ein (amerikanischer) Zen-Praktizierender aus der 'Beat Generation' besuchte einen Tempel in Japan. Es war ein sehr heiliger Tempel, weil es einer der ältesten war und über die Jahre hatte er eine Aura des Heiligen aufgebaut. Als der Besucher die Zeremonienhalle betrat, begann er rauh zu lachen, obszöne Lieder zu singen und unflätige Gesten in Richtung Kanzeons zu machen, die friedvoll auf dem Altar saß.
Der alte Mönch, der in dem Tempel residierte und meditierend im Zendo saß, hörte den Lärm und unterbrach seine Meditation, um nachzuschauen, was da vor sich ging. Er stellte sich vor die Zeremonienhalle und beobachtete die Possen des Besuchers. Endlich verbeugte er sich, trat still ein, stellte sich zwischen den Besucher und den Altar und begann mit Niederwerfungen vor Kanzeon.
Der Besucher, als er sich von seiner Überraschung erholt hatte, fing an, den alten Mönch zu verhöhnen und sagte: "Du weisst nichts von Erleuchtung. Erleuchtung bedeutet, jenseits aller Form zu sein - und da bist nun Du - an die Form gebunden mit Deinen Verbeugungen. Es wäre erleuchteter, auf den Altar zu pissen, als das zu tun, was Du tust"
Der alte Mönch beendete seine Niederwerfungen und stand auf, sein Gesicht leuchtend vor Verehrung und Hingabe. "Du pisst" sagte er. "Ich verbeuge mich".
Ralf54:
Hallo Oma,
von einer 'Ent-Patriarchisierung' würde ich (s.o.) nicht sprechen. Hozumi Gensho Roshi etwa wird auf der Webseite des Bodaisan Shoboji in Dinkelscherben als "83. Patriarch nach Buddha Shakyamuni" bezeichnet. Nur ist er da sicher nicht der Einzige (und ich füge ausdrücklich {f}nicht{/f} hinzu "der diesen Anspruch erhebt").
Mit der Zenschule ist es wie mit Familien - mit der Zeit kann eine recht große Sippe daraus werden, mit Familien, die jeweils ihre eigenen Traditionen (und Patriarchen) haben, aber sich doch ihrer gemeinsamen Herkunft bewusst sind. Man sollte das meiner Meinung nach nicht als Abweichungen von der 'reinen Lehre' auffassen, sondern als Entfaltung eines Potentials. Auch die frühen Patriarchen waren keine Zen-Päpste; wenn sie etwas verhindern konnten oder wollten, dann allenfalls durch ihr persönliches Ansehen. Und das beantwortet z.T. auch schon die Frage nach ihrem Einfluss und ihrer Funktion - sie wirkten durch ihre Lehrtätigkeit und durch ihre Schüler; durch ihre Fähigkeit, Menschen zum Erwachen zu bringen.
Was den Amidismus (Reines-Land-Schule) angeht, so waren die Entwicklungen in Japan und China unterschiedlich. Erst in Japan wurden aus den 'Schulen' Sekten mit jeweils eigenen Klöstern, Tempeln und einer eigenen Organisationsstruktur. In China hingegen war bei den Klöstern allenfalls (per kaiserliches Dekret) festgelegt, dass der Abt z.B. aus den Zen-Schule kommen sollte. Da war es dann auch durchaus nicht ungewöhnlich, wenn auf einen Abt aus der Rinzai-Linie einer aus der Ummon- oder Soto-Linie folgte. Und das hieß dann nicht zwangsläufig, dass dann auch alle Mönche dieser Schule angehörten ....
So entstanden aus der Amida-Schule (Ching-tu tsung) in Japan die Jodo-shu Shinrans und die Jodo-shin-shu seines Schülers Honen. In China dagegen fand ein Verschmelzungsprozess statt, der seinen Ausdruck in der 'Ch'an-ching I-chih', der 'vereinten Praxis von Ch’an und Reines Land’ fand. Über die 'Obaku-shu', eigentlich eine Lin-chi(Rinzai)-Linie, die 1654 mit Yin-yüan Lung-ch’i (jap. Ingen Ryuki ) nach Japan kam, fand dieser 'Synkretismus' auch in Japan Eingang. Heute allerdings ist die Obaku-shu rein zahlenmässig fast bedeutungslos geworden.
Übrigens wird Amida durchaus auch im Zen verehrt, manchmal als 'Trinität' zusammen mit Shaka (Shakyamuni) und Miroku (Maitreya). Die drei stehen dann für den/die Buddhas der drei Zeiten - Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Honzon, also oberstes Objekt kultischer Verehrung, ist im Zen allerdings Shakyamuni; bei Jodo und Jodo-shin ist es Amida.
Ralf54:
Hallo Thomas,
im Zen wird generell empfohlen, beim Zazen die Augen geöffnet bzw. halb geöffnet zu halten. Die übliche Begründung (wenn überhaupt eine gegeben wird) ist die, dass es Schläfrigkeit verhindert und dem Auftreten von Halluzinationen entgegenwirkt. Wie weit die Augen geöffnet werden, hängt von den Lichtverhältnissen ab - das Licht sollte als angenehm bzw. zumindest nicht als blendend oder sonstwie störend empfunden werden.
Ich selbst sitze gelegentlich auch mit geschlossenen Augen - und zwar, wenn ich noch spät in der Nacht sitze. Ich trage Kontaktlinsen, und nach ca. 18, 19 Stunden fangen die Augen an, zu brennen. Da ist es dann weniger störend, die Augen geschlossen zu halten, als ständig zu blinzeln.
Ich habe dabei allerdings das subjektive Empfinden, weniger stabil zu sitzen - die 'Erdung' ist beeinträchtigt. Um es mal bildhaft auszudrücken: mein Geist schwimmt dann wie ein Fettauge auf einem bodenlosen Topf mit Hühnerbrühe ... :-) Die Augäpfel bewegen sich mehr und es treten gelegentlich ablenkende Lichtempfindungen auf. Auch fällt es mir schwerer, einen gleich hohen Grad an Wachheit / Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten, wie mit offenen Augen (auch wenn ich meinen Zustand nicht gerade als 'schläfrig' bezeichnen würde). An der fortgeschrittenen Tageszeit liegt es nicht, das habe ich 'getestet'. Die 'Regel' ist also offensichtlich für Leute wie mich gemacht.
Das Alles ist natürlich sehr subjektiv - das mit den geschlossenen Augen ist eine Empfehlung, keine Vorschrift (nach dem Motto: wenn die Augen geschlossen sind, kann es kein {k}echtes{/k} Zazen (TM) sein). Wenn Dein Zazen mit geschlossenen Augen 'besser' ist, dann ist nichts dagegen einzuwenden. Trotzdem würde ich empfehlen, gelegentlich eine Sitzung mit offenen Augen einzulegen und achtsam nachzuspüren, was sich dadurch ändert.
Ralf54:
Nein, Farbfleck, das hat er nicht.
Das, was einer Auffassung von 'Bewusstseinsebenen' im Dharma vielleicht noch am nächsten kommt, wären die im Palikanon (z.B. im Mahasatipatthana Sutta, Digha Nikaya 22 oder Saccavibhanga Sutta, Mahjjhima Nikaya 141) gelehrten Jhanas oder Versenkungen.
Eine Interpretation als 'Bewusstseinsebenen' oder 'levels of consciousness' halte ich persönlich für irreführend, auch wenn verschiedene Lehrer (meist aus der tibetischen oder der Theravada-Richtung) diese Begriffe gebrauchen. ME geschieht dies hauptsächlich als Zugeständnis an ein westliches Publikum - zu sehr scheint da der Wunsch nach einer "Karriere" vorzuherrschen, und sei es eine spirituelle. Hauptsache, man ist wenigstens ein oder zwei Bewusstseinslevel höher, wenn man sich schon nicht ein so teures Auto leisten kann, wie der Nachbar ...
Tatsächlich werden im 'alten' (Hinayana-)Buddhismus innerhalb des Bewusstseins (vijnana) keine Stufen oder Levels unterschieden - Bewusstsein ist sowohl als 5. Gruppe des Anhaftens (skandha) als auch als 3. Glied des Entstehens in gegenseitiger Abhängigkeit (pratityasamutpada) eines der konstituierenden Momente der Illusion eines Selbst. Es werden lediglich 6 BewusstseinsARTEN unterschieden, nämlich die den fünf Arten sinnlicher Erfahrung zugeordneten Bewußtseine (Seh-, Hörbewußtsein, ... usw.) und das eigentliche 'Instrument des Denkens' (mano-vijnana). Mano-vijnana ist das Organ von vedana (Wahrnehmung), samjna (Wieder-Erkennen) und samskara (Wille). Man muss sich dabei klarmachen, dass der Begriff 'Vijnana' alle Aspekte von 'Bewusstsein' umfasst - das Unterbewußtsein, das Wachbewusstsein, das Traumbewusstsein, Ich-Bewußtsein, Über-Ich und was es an 'westlichen' Klassifikationen sonst noch geben mag.
Die Mahayana-Schule der Yogacarins (chin. Wei-shih), begründet von Asanga und Vasubandhu und inspiriert von Texten wie dem Sandhinirmocanasutra oder dem Lankavatarasutra, unterschied zwischen 'Vijnana' als Funktion, also dem Mano-vijnana, und dem Bewusstsein von Bewusstsein (vijnana-vijnana), der Quelle von Unwissenheit (avidya). Diese geistige Funktion, mit der irrtümlich ein atman (ein Selbst, eine Seele, eine 'Identität') wahrgenommen wird, bildet ein 7. Bewußtsein, 'Manas'. 'Manas' könnte auch als 'unterscheidendes Bewußtsein' definiert werden; diese unterscheidende Funktion unterscheidet es vom Mano-vijnana.
Das 'Manas' ist letzlich nur der Individuations-Prozess von dem, was die Yogacarins als achte Bewußtseinsform einführten und 'Alaya-vijnana', Speicher-Bewusstsein, nannten. Am ehesten ähnelt dieses Alaya-vijnana, wenn man es mit westlichen Konzepten vergleicht, C. G. Jungs kollektivem Unterbewussten.
Selbst in der sehr entwickelten Bewusstseinslehre des Yogacara stellen diese acht Bewusstseine keine 'Stufen' dar, sondern Bewußtseinsformen oder vielmehr -funktionen. In der Versenkung - ob es nun die acht von den Theravadins gelehrten Jhanas oder das eine Dhyana/Ch'an-na/Zenna ist, geht es nicht darum, irgendwelche hypothetische Bewußtseinsstufen zu erlangen - sie sind ja alle von Anfang an da, ungehindert und ungeschmälert. Es geht nur darum, auf den Geist zu achten und Prajna, Weisheit zu entwickeln um damit die Unwissenheit (Avidya), die grundlegende Täuschung, die Wurzel aller anderen und damit des Leidens ist, zu überwinden.
Ralf54:
LOL!
Für Dich und für alle, die's sonst noch lesen mögen ein Gedicht von Ikkyu, dem schlampigen Buddha:
{f}Eine Mahlzeit von frischem Tintenfisch{/f}
Viele Arme, so wie Kannon, die Göttin.
Geopfert für mich, mit Zitrone garniert, wie verehre ich es!
Der Geschmack des Meeres, einfach göttlich!
Vergib mir, Buddha. Auch dieses Gebot kann ich einfach nicht halten.
Ralf54:
Hallo Andreas,
"Drogen" ist eigentlich nicht das richtige Stichwort hier (finde ich). So mancher wird sich z.B. fragen, was 'Fleisch' auf Deiner Liste zu suchen hat und ein Anderer wird vielleicht den 'Tee' vermissen (wenn schon Kaffee, warum dann nicht auch ...). Und wie sieht es mit Arzneidrogen aus (z.B. Kamillentee)? Und was ist mit Gummibärchen (hohes Suchtpotential! - btw, werden die nicht aus Knochen gemacht)?
Für mein Verständnis ist der gemeinsame Nenner bei diesen 'Entsagungen' ahimsa, also das Bemühen, nicht zu verletzen - weder andere noch sich selbst. Ein Dogma sollte man daraus nicht machen (es geht außer um ahimsa z.T. ja auch um Sucht / Nicht-Anhaften), absolutes ahimsa ist nicht möglich - es sei dann, man hungert sich zu Tode, wie es das Ideal der Jaina ist.
Also esse ich kein Fleisch - trage aber Schuhe aus Leder (so schonend wie möglich, dass sie lange halten). Und den Pflanzen, die meinetwegen sterben müssen, mute ich das ohne schlechtes Gewissen zu - und versuche, beim Essen Dankbarkeit für ihr Opfer, ihr 'dana', zu empfinden. Tabak - nie wieder. Es gibt schnellere und zuverlässigere Methoden, sich umzubringen. Kaffee selten und nur als Espresso (ist schonender für die Magenschleimhäute). Alkohol - gelegentlich ein Glas Wein oder auch einmal etwas Hochprozentiges (Asche auf mein Haupt). Spätestens, wenn ich Jukai nehme, wird auch das vorbei sein ;-).
Freundliche Grüße,
Ralf
PS.: Noch eine kurze Anmerkung zu Fleisch als Droge. Habt ihr Euch schon einmal gefragt, wieviel an Adrenalin und sonstigen Stresshormonen unmittelbar vor der Schlachtung ins Fleisch gelangt - von den schon vorher verabreichten wachstumsfördernden und 'gesunderhaltenden' Drogen einmal abgesehen? Wer glaubt, die Tiere wüssten nicht, was mit ihnen geschieht und ihre Tötung sei heute schmerzfrei ('human'), dem sei die Besichtigung eines Schlachthofes dringend anempfohlen. Schweine bekommen vor der Schlachtung häufig Beruhigungsmittel (z.B. Valium), trotzdem sterben viele schon auf dem Transport an stressbedingtem Herzinfarkt usw. usf. ....
Ralf54:
--- Ironie on ---
Da sieht man mal, welche geistigen Verwüstungen Dope anrichtet ... bist Du sicher, dass Du jetzt wirklich in einem nüchternen Zustand bist?
--- Ironie off ---
Andreas hat recht. Als Hilfe kann ich Dir nur folgenden Ratschlag anbieten: hör auf zu kiffen und hör auf, sog. 'buddhistische Bücher' zu lesen, die von 'höheren Bewußtseinsebenen' (womöglich auch noch in Verbindung mit Drogen) schwafeln. Das ist nichts als Blödsinn (und es ist mir egal, ob dieser bullshit von Alan Watts oder sonstwem stammt, das macht's nicht besser).
Im Zen gibt es - wie in jeder buddhistischen Schule, die diesen Namen verdient - die dringende Empfehlung zu Nüchternheit (Fukosho Kai). Nur wenn Du NÜCHTERN bist, kannst Du das REALE LEBEN erfahren und diese Erfahrung anwenden.
'Höhere Bewußtseinsebenen' - was'n Quark ....
Ralf54:
Hallo Markus, hallo Oma!
Rein historisch gesehen ist die Reihe der indischen Patriarchen (also von Mahakasyapa bis Bodhidharma) reine Fiktion. Wie weit die Reihe der ersten 6 chinesischen Patriarchen zeitgenössisch oder erst eine spätere Konstruktion ist, ist umstritten. Letzteres ist eher wahrscheinlich.
Im esoterischen Sinne ist ein 'Patriarch' jeder, der das 'wahre Dharma-Auge' (Shobogenzo), das Shakyamuni dem Mahakasyapa übertrug, in der Übertragungslinie empfangen hat und weitergibt. In diesem Sinne spricht Dogen von 'Buddhas und Patriarchen'.
In dem (von Ho-tse geführten) Streit um die Nachfolge des 5. Patriarchen ging es entsprechend darum, dass von Hung-jens Schülern nur Hui-neng (und nicht Shen-hsiu, das Oberhaupt der nördlichen Schule) diese Dharma-Übertragung korrekt und uneingeschränkt erhalten hatte und somit '6. Patriarch' genannt werden könne. Kern der Auseinandersetzung war die von Hui-neng und seinen Schülern gelehrte 'plötzliche Erleuchtung' im Gegensatz zu der von Shen-hsiu gelehrten 'allmählichen Erleuchtung'. Die Schüler Hui-nengs wiederum, die ihrerseits als Meister auftraten, sprachen sich gegenseitig nicht die korrekte Dharma - Übertragung ab und Hui-Neng scheint seinerseits niemanden speziell als 'Schuloberhaupt', als oberste Autorität, bestimmt zu haben. Welchen Sinn hätte es auch, einen vollständig erleuchteten Meister der spirituellen Autorität eines Anderen zu unterstellen? Bodhidharma hatte bei seinen 4 Schülern noch unterschieden - nur Hui-k'o hatte sein Mark, die anderen jeweils 'nur' Haut, Fleisch und Knochen. Solche Rangunterschiede gab es bei Hui-nengs Meisterschülern wohl nicht.
Also könnten Ho-tse, Yung-chia , Nan-yang, Ching-yuan und Nan-yueh alle als '7. Patriarch' bezeichnet werden. Tatsächlich habe ich diese Bezeichnung auch schon für Ho-tse gelesen; ebenso die Bezeichnung '8. Patriarch' für Ma-tsu - der aber nicht Schüler von Ho-tse, sondern von Nan-yueh war.
Es ist also nicht richtig, dass es seit Hui-neng keine Patriarchen mehr gibt - nur mit dem Zählen ist es etwas schwierig geworden ;-) ....
Ralf54:
Hallo Michael,
bei Dark Zen geht es nicht nur um Kritik an der AZI; kritisiert wird das gesamte 'Zen-Establishment', vor allem im Westen. Und das durchaus nicht immer zu unrecht.
Solche Kritik - wenn sie denn gerechtfertigt ist - ist notwendig und nützlich, es laufen schon genug Scharlatane herum und das Etikett 'Zen' lässt sich in vieler Hinsicht missbrauchen. Wenn die Katze Vögel frisst, sollte ihr irgend jemand eine Schelle umhängen.
Ich finde solche Kritik und die Diskussionen darüber erfreulich, zeigen sie doch, dass Zen-Leute nicht einfach hirnlose Mitläufer sind (jedenfalls nicht alle :-) ). Dass da manchmal mit harten Bandagen geboxt wird, hat durchaus Tradition. Hakuin z.B. war in der Beziehung eine echte Dreckschleuder ....
Über Ralf Halfmann hatten wir hier küzlich erst eine breite Diskussion. Hier die entsprechenden Threads:
Kritik an Zen (Artikel) (gestartet 27.11.2002)
Kritische Stellungnahme zu : Zen und Mind Control (gestartet 02.12.2002)
Kritik aus sich selbst heraus? (gestartet 10.12.2002)
Der Start des ersten Threads liegt ca. 440 Beiträge zurück.
Ralf54:
Na, ich würde jedenfalls beim Warten auf die kommenden galaktischen und intergalaktischen Veränderungen lieber nicht die Luft anhalten. Du könntest blau anlaufen dabei ...
Ralf54:
Hi Andreas,
eine Zen-Laienbewegung mit besonderem Gewicht auf Integration von Zen in die moderne Gesellschaft ist sicher ein auch für den Westen interessanter Ansatz. Die etwas nach Personenkult riechende Ausrichtung auf den Meister Li stimmt allerdings nachdenklich - man liest auf den Seiten sehr viel von ihm und über ihn, aber wenig bis gar nichts über Shakyamuni oder die Zen-Meister der Vergangenheit. Auch würde mich interessieren, wie etwa der Vorstand der Modern Chan Stiftung zu Amt und Würden kommt - spiegeln sich \'Demokratie, Gleichheit und Humanität\' als \'Voraussetzung für die Zen-Praxis\' auch in den Strukturen dieser Organisation, deren Hauptzweck die Verbreitung der Werke Meister Lis zu sein scheint?
Einige Thesen, wie dass \'die veraltete Disziplin aus Indien\' \'zur modernen Gesellschaft nicht mehr passen kann\' oder dass \'das Niveau von Buddha und Bodhisattva ... zur Zeit für gewöhnliche Menschen kaum erreichbar\' ist, scheinen mir erklärungsbedürftig. Was ist zum Beispiel eigentlich der Unterschied zwischen \'gewöhnlichen\' und \'ungewöhnlichen\' Menschen in einer Organisation, die Demokratie und Gleichheit zu ihren Grundsätzen erklärt? Fragen über Fragen ... :-)
Freundliche Grüße,
Ralf
Ralf54:
{f}„Die größten Kritiker der Elche
waren früher selber welche“
Robert Gernhardt{/f}
Es kommt immer wieder vor, dass Menschen über viele Jahre hinweg einen erheblichen Teil ihrer Lebensenergie spiritueller Suche, politischen Parteien, Sport- und Karnevalsvereinen o.ä. widmen. Setzt dann die Enttäuschung darüber ein, dass die eigenen Erwartungen und/oder Versprechungen der Organisation nicht erfüllt wurden, treten manche dieser Leute mit ihren ‚Insiderwissen’ als Aufklärer auf.
Sofern dies mit der Motivation geschieht, Andere vor gleichen ‚Fehlentscheidungen’ (so empfindet man es jetzt) auf dem Lebensweg zu bewahren, ist dies durchaus löblich. Oft genug allerdings steht der Wunsch im Vordergrund, sich für eine vermeintliche oder tatsächliche ungerechte Behandlung zu revanchieren, indem vor einer interessierten Öffentlichkeit schmutzige Wäsche gewaschen wird.
Wie ich bereits früher hier geschrieben habe, möchte und kann ich nicht über Dr. Halfmanns Motive spekulieren. Grundsätzlich sollte aber die Überlegung erlaubt sein, ob sein Engagement bei der AZI durch Versprechungen bestimmt war oder durch persönliche Erwartungen – ob also eine Täuschung oder eine Selbsttäuschung vorlag. Von der Beantwortung dieser Frage hängt die Berechtigung seiner Kritik ab. Dass ich persönlich diese Berechtigung, was die AZI angeht und erst recht, was Zen als spirituellen Weg angeht, in Frage stelle, habe ich wohl schon deutlich gemacht.
{f}„The voices in my head made me do it“{/f}
Gruppen – und dies gilt auch für Kirchen, Sanghas, Sekten usw. – haben eine Eigendynamik, sie üben auf ihre Mitglieder einen oft erheblichen Anpassungsdruck aus. Wenn es sich bei diesen Gruppen um Schulen mit dem erklärten Ziel der Transformation der Persönlichkeit handelt, ist ein solcher Anpassungsdruck durchaus erwünscht, er ist als Hilfe gedacht und gemeint. Kriterium für die Legitimität (in ethischer, nicht in juristischer Hinsicht) des ausgeübten Drucks ist die Möglichkeit, ihm durch Verlassen der Gruppe auszuweichen. Die Frage ist also nicht, ob Druck, sondern ob Zwang ausgeübt wird.
Nun ist es bei sog. Sektenaussteigern ein beliebtes Argument, auf subtile Zwänge zu verweisen – die berüchtigte ‚mind control’. Dr. Halfmann übernimmt diesen Begriff von dem amerikanischen ‚Sektenexperten’ und Aussteiger (Unification Church) Steve Hassan. Steve Hassan ist Buchautor und sog. ‚licensed mental health counselor’, was auch immer das heissen mag. Wissenschaftlich qualifiziert im Sinne einer Ausbildung als Psychologe oder Soziologe ist er so wenig wie der Jurist Dr. Halfmann. An sich ist das natürlich kein Argument, es soll nur deutlich machen, dass trotz des pseudopsychologischen Jargons hier nicht mit wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen gearbeitet wird.
Die sog. ‚mind control’ wird als eine abgeschwächte, subtile Form der Gehirnwäsche beschrieben. Bei näherer Betrachtung bleibt von diesem Vorwurf nicht viel mehr als eine unbewusste Entschuldungsstrategie übrig – die Verantwortung für persönliche Fehlentscheidungen und persönliches Fehlverhalten wird im Nachhinein mehr oder weniger dämonisierten Mächten zugeschrieben, die ihr Opfer auf (zunächst) undurchschaubare Weise manipuliert haben.
Diese Beeinflussung irgendwelchen ‚Psycho-Techniken’ zuzuschreiben, ist nichts als die moderne Auflage eines alten Mythos. Früher waren die Leute von Dämonen besessen oder vom Kräuterweiblein des Dorfes verhext. Hauptsache, die Schuld an ein paar vergeudeten Lebensjahren kann einer fremden Instanz zugewiesen werden.
{f}‚mind control’ und ‚freedom of mind’{/f}
Nun ist es unbestritten, dass Gehirnwäsche funktioniert. Diese psychologische Technik wurde in größerem Umfang erstmals im Koreakrieg an amerikanischen Kriegsgefangenen angewandt. Notwendige Mittel sind u.a. Isolationshaft, körperliche Misshandlung, Schlafentzug und Demütigung/Entwürdigung. Bezeichnend ist, dass solche Techniken in etwas abgeschwächter Form weniger von ‚Sekten’ sondern von selbsternannten Vertretern der ‚freedom of mind’ (deren oberster Guru besagter, von Halfmann so häufig zitierter Steve Hassan ist) angewandt wird – also von selbsternannten ‚Deprogrammern’, die im Auftrag besorgter Eltern oder sonstiger zahlungskräftiger Angehöriger ‚Sektenopfer’ entführen, vorübergehend einsperren und wieder ‚zur Vernunft bringen’. Da wird dann im Namen der Autonomie des Individuums der soziale Anpassungs{f}druck{/f} der Sekte durch einen eindeutigen {f}Zwang{/f} zur sozialen Anpassung ersetzt. Hauptsache, die Anpassung führt in die vom Kunden gewünschte Richtung.
{f}hypnotisiert durch Kusen? {/f}
Um nicht ganz auf eine konkrete Auseinandersezung mit Dr. Halfmanns Argumenten zu verzichten, will ich seinen vielleicht spektakulärsten Vorwurf herausgreifen: durch kurze ‚Vorträge’ während des Zazen (Kusen) würden die Adepten in einer Phase hoher Beeinflussbarkeit manipuliert. Da frage ich mich nun allerdings, was für eine Art Zazen Dr. Halfmann bei der AZI praktiziert hat. Der Geisteszustand während des Zazen ist per definitionem ein Zustand extremer Wachheit und Aufmerksamkeit. Gerade dies macht nach meinem Verständnis und auch nach meiner persönlichen Erfahrung einen unerwünschten manipulativen Eingriff in die Autonomie des Geistes nahezu unmöglich.
Dr. Halfmann rückt das Kusen in die Nähe der Hypnose. Einmal ganz davon abgesehen, dass bei Laien idR vollständig überzogene Vorstellungen von den Möglichkeiten der Hypnose vorherrschen, so ist ein Kusen-Text völlig ungeeignet dazu, den erforderlichen sog. ‚hypnotischen Rapport’ herzustellen. Darüber hinaus wird Jeder, der ausser Zazen auch einmal autogenes Training (eine Form der Selbsthypnose) ausgeübt hat, den fundamentalen Unterschied in der geistigen Verfassung bestätigen. Mit hypnotischer Trance hat Zazen nun wirklich absolut nichts zu tun.
Ich will es bei diesem einen Beispiel belassen – es mag stellvertretend für die Argumentation Dr. Halfmanns stehen.
{/f}Wer täuscht wen? {/f}
Als Fazit möchte ich anmerken, dass man schon wissen sollte, worauf man sich einlässt, wenn man einen Weg einschlägt – sei es ein spiritueller, politischer oder sonstiger Weg. Jeder ist da für sich selbst verantwortlich und ohne Zwang braucht sich niemand Entscheidungen diktieren zu lassen. Wenn wir Täuschungen unterliegen, sollten wir uns zunächst einmal fragen, ob wir nicht uns selbst getäuscht haben, statt die Schuld woanders zu suchen. Im Übrigen ist es ratsam, wenn man sich einer Kirche/Sekte/Sangha oder sonstigen Gruppe anschließen will, nicht nur die Führer/Gurus/Meister genau unter die Lupe zu nehmen, sondern sich auch das gemeine Fußvolk anzusehen. In der Regel wird man nämlich eine ganze Weile zum Fußvolk gehören – vielleicht sogar für immer. Wäre das schlimm? Dann sollte man besser die Finger davon lassen.
Ralf54:
Viruswarnung von Richard Hayes, Professor an der McGill University in Kanada:
{f}VIJNANAVADA VEXATION:{/f}
ist der einzige bekannte Computervirus, der keinerlei Effekt auf ihre Software ausübt. Er lässt jedoch die gesamte Hardware und Peripherie verschwinden und überzeugt die Software, dass es keinen tatsächlichen Unterschied zwischen einem Computerprogramm und den Daten, die es verarbeitet, gibt.
Eine Extremversion dieser Virusgeissel (auch bekannt als {f}SOFTWARE ONLY{/f} hat den Effekt, ihre Software davon zu überzeugen, sie sei die einzige Software im Universum.
du ließest mir, süßer, zwei vermächtnisse
ein vermächtnis der liebe
das dem himmlischen vater genügte
bekäme er es geboten
du ließest mir umgrenzten schmerz
von der fülle eines ozeans
zwischen ewigkeit und zeit
deinem geist und meinem
Masajo Suzuki: Haiku
in sehnsucht nach ihm
hier diese eichel wärmend
grün in meiner hand
Masajo Suzuki: Haiku
dein wohlbefinden
wie sehr bewegt es mein herz
die gänse ziehen