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Ralf54:
Ach unsui ... einfach mal lesen, {f}dann{/f} nachdenken, {f}dann{/f} antworten. Es geht bei diesem Gedichtchen von Herrn Brecht doch nicht um Kopflosigkeit oder Herzlosigkeit - es geht um Leben und ob man dazu nur den Kopf braucht.
Wer einen Weg nur mit dem Kopf geht, kommt in der wirklichen Welt keinen Meter voran. Wer einen Weg ohne Kopf geht, fällt ziemlich schnell auf die Schnauze.
Ralf54:
Zu Deiner Frage - aber hallo! Natürlich ist Zazen stupide. Und wie! Muss auch - dient schließlich dazu, das Ego zu Tode zu langweilen.
"Sich einfach nur noch wie ein toter Stein oder verdorrter Ast zu fühlen" hat allerdings mit Zazen nix zu tun. Solche Missverständnisse trifft man meist bei Leuten an, die Zen und Zazen nur aus Büchern kennen.
"nicht gerade ratsam in einer Welt, die von einem ne Menge Kopfarbeit abverlangt". Hm - würdest Du auch sagen, dass Urlaub nicht gerade ratsam ist in einer Welt, die einem viel Arbeit abverlangt?
Der Mensch lebt durch den Kopf
der Kopf reicht ihm nicht aus
Versuch es nur, von deinem Kopf
lebt höchstens eine Laus.
Ralf54:
Sehr ausführlich beschrieben und begründet findest du das in Herbert Marcuses 'Der eindimensionale Mensch'({a linkziel} http://zinelibrary.info/files/Marcuse-Der%20eindimensionale%20Mensch.pdf{/a linkziel}). Durchaus lesenswertes Buch. So schreibt Marcuse z.B. über die "weitreichende Änderung aller unserer Denkgewohnheiten" hin zu einem "eindimensionalen Denken":
"Der Produktionsapparat und die Güter und Dienstleistungen, die er hervorbringt, "verkaufen" das soziale System als Ganzes oder setzen es durch. [...] Die Erzeugnisse durchdringen und manipulieren die Menschen; sie befördern ein falsches Bewußtsein, das gegen seine Falschheit immun ist. Und indem diese vorteilhaften Erzeugnisse mehr Individuen in mehr gesellschaftlichen Klassen zugänglich werden,
hört die mit ihnen einhergehende Indoktrination auf, Reklame zu sein; sie wird ein Lebensstil, und zwar ein guter - viel besser als früher -, und als ein guter Lebensstil widersetzt er sich qualitativer Änderung. So entsteht ein Muster eindimensionalen Denkens und Verhaltens, worin Ideen, Bestrebungen und Ziele, die ihrem Inhalt nach das bestehende Universum von Sprache und
Handeln transzendieren, entweder abgewehrt oder zu Begriffen dieses Universums herabgesetzt werden. Sie werden neubestimmt von der Rationalität des gegebenen Systems und seiner quantitativen Ausweitung.
[...]
Außerhalb der akademischen Sphäre ist die "weitreichende Änderung aller unserer Denkgewohnheiten" ernster. Sie dient dazu, die Gedanken und Ziele denjenigen gleichzuordnen, die das herrschende System erzwingt, und diejenigen abzuwehren, die mit dem System unversöhnbar sind. Die Herrschaft einer solchen eindimensionalen Realität bedeutet nicht, daß der Materialismus herrscht und es mit geistigen, metaphysischen und künstlerischen Beschäftigungen zu Ende geht. Im Gegenteil, es gibt allerhand im Stil von 'Gemeinsamer Gottesdienst diese Woche', 'Warum es nicht einmal mit Gott versuchen', Zen, Existentialismus und Beatniks usf. Aber solche Arten von Protest und Transzendenz stehen nicht mehr im Widerspruch zum Status quo und sind nicht mehr negativ. Sie sind vielmehr der feierliche Teil des praktischen Behaviorismus, seine harmlose Negation, und werden vom Status quo als Teil seiner gesunden Kost rasch verdaut."
Eine durchaus treffende Kritik an dem, was man hier und heute so gerne alles als "Zen" durchgehen lässt - und ein deutlicher Hinweis darauf, was Zen (von dem Marcuse nicht wirklich einen Ahnung hatte) eigentlich {f}nicht{/f} ist.
Ralf54:
Entweder hast Du da etwas gründlich missverstanden oder jemand hat Dir einen gewaltigen Bären aufgebunden. So etwas wird im Buddhismus {f}nicht{/f} behauptet.
Es ist richtig, dass im Buddhismus verschiedene Existenzbereiche unterschieden werden. In diesem speziellen Fall geht es um die sog. {k}gati{/k} (wörtl. 'Gänge') - etwa: "Existenzverläufe"; es werden die 5 {k}gati{/k} der 'Dämonen' ({k}asura{/k}), der Tiere ({k}tiracchana{/k}), der 'Hungergeister' ({k}preta{/k}), der Menschen und der 'Götter' ({k}deva{/k}) unterschieden.
Davon gelten die ersten drei als '{k}duggati{/k}' ( elend, trauervoll, unglücklich), die anderen beiden als '{k}sugati{/k}' (glückverheißend). Das ist schon etwas deutlich anderes als 'böse' und 'tugendhaft' - es beinhaltet insbesondere keinerlei moralische Wertung.
Der Grund dafür, dass die drei niederen {k}gati{/k} der Asura, Tiere und der Preta als {k}duggati{/k} gelten ist vor allem der, dass sie sehr ungünstige Voraussetzungen für das Erwachen ({k}bodhi{/k}) darstellen, weil diese Wesen stark von einem der drei Geistesgifte beeinträchtigt sind - Asura von Hass ({k}dosa{/k}), die Hungergeister von Gier ({k}lobha{/k}) und die Tiere von Unwissenheit ({k}moha{/k}) - wobei Unwissenheit speziell als Unwissenheit über die Ursachen und Bedingungen von Leiden zu verstehen ist.
Wer Probleme hat, an die Existenz von Asuras oder Preta zu glauben, kann das Pferd auch andersherum aufzäumen: Wesen, die von Hass dominiert werden, sind Asura, Wesen, die von Gier dominiert werden, sind Preta und Wesen, die von Unwissenheit dominiert werden, Tiere. Wobei Asura, Preta und Tiere durchaus auch in menschlicher Gestalt auftreten können .... Was im übrigen eine {b}Wertung{/b} nur insofern impliziert, als man solchen Wesen aufgrund ihrer unglücklichen Lage in besonderem Maße Mitgefühl entgegenbringen sollte.
Ralf54:
Gassho Andy,
vielleicht könntest Du auch in Erwägung ziehen, Dein Zafu selbst zu nähen. Das ist auch für jemanden, der mit dem Nähen keine Übung hat, recht einfach. Und vor allem mit einer Maschine (mal im Freundes- und Verwandtenkreis fragen, wer eine hat) auch sehr schnell erledigt.
Kapok bekommst Du in einer Polsterei in Deiner Nähe (Google benutzen).
Das ist deutlich preiswerter als ein fertig gekauftes Zafu, man kann sich Farbe und Stoff selbst aussuchen (ich empfehle nicht zu dünne Baumwolle) und sich vor allem, was die Abmessungen (Höhe!) angeht, sein Zafu nach persönlichen Vorlieben maßschneidern.
Also ich für meinen Teil sage nicht "JA" und nicht "NEIN" zur Welt. Und auch nicht sowohl "JA" als auch "NEIN". Und erst recht nicht weder "JA" noch "NEIN". Da isses mit der Qual schonmal bloß halb so wild. Mit der Zufriedenheit auch, danke.
Beförderung aus dieser Welt ins Jenseits kuck ich gern im Fernseh. Kuck ich lieber als wer oder was da am Ende des Weges so blöd winkt.
Kokoro:
Danke.
Mein browser lässt das schon zu, nur ich sehe jetzt, dass ich ziemlich weit nach unten scrollen muss, bevor sich da erst der Spendenaufruf zeigt :-)
Kokoro:
Danke für den Hinweis.
Auf der Seite der DBU ist die Information über Ladakh nicht mehr aufrufbar und auch die DBHV hat auf ihrer Seite keinen Hinweis auf einen Hilfsaufruf.
Es könnte sein, dass alle da von der Außenwelt abgeschnitten sind, oder?
Ralf54:
Ich erlaube mir, auf diesen Blogeintrag hinzuweisen: http://buddhisten.blogspot.com/2010/08/hilfe-fur-ladakh.html
- betroffen ist nämlich nicht nur Pakistan, sondern auch das indische Ladakh. Und für Ladakh fließen keine internationalen staatlichen Hilfsgelder in großem Umfang; die Gegend ist nämlich geopolitisch deutlich weniger interesssant.
Nicht, dass es nun darum ginge, Buddhisten statt Muslime zu unterstützen - ich möchte auf den Spendenaufruf der Deutsch-Buddhistischen Humanitären Vereinigung vor allem deswegen hinweisen:
"Durch unsere direkten Kontakte zur Mahabodhi Society und nach Ladakh können wir uns dafür verbürgen, dass die Gelder auch dort ankommen, wo die Hilfe benötigt wird. [...] Alle anfallenden Kosten, auch die für den Transfer der Spenden, übernimmt die DBHV, so dass alle Spenden ungekürzt den Opfern zu gute kommen."
Ralf54:
Liebe Kokoro,
zunächst einmal - 六境 steht im Xinxinming nicht, also weiss ich nicht, warum Du diesen Eintrag bei Soothill zitierst. 六境 {b}heisst{/b} einfach 'sechs Objekte' - {b}gemeint{/b} sind damit die {k}ayatana{/k} als Objekte der 6 sensorischen {k}vijnanas{/k}.
Kommen wir zu Soothills Eintrag zu den 'sechs Stäuben', 六塵, das er im Übrigen {b}nicht{/b} - Zitat:
{k}mit den "sechs Eigenschaften" oder Bereichen übersetzt.{/k}
- sondern vielmehr, wie unschwer nachzulesen, mit "The six guṇas". Was freilich Unsinn ist, denn "guṇas" ist ein Begriff aus der indischen Samkhya-Philosophie, hat hier absolut nichts verloren. Soothill ist da, wie leider häufig, veraltet und unzuverlässig. Der Rest des Eintrags ist nicht Übersetzung, sondern Erläuterung der Bedeutung.
Folgerichtig bezieht sich auch Muller bei seinem Eintrag zu 六塵 auch nicht auf Soothills Dictionary von 1977, sondern vielmehr auf Akira Hirakawas 佛教漢梵大辭典 (Buddhist Chinese-Sanskrit Dictionary, Tokyo, Reiyūkai 1997) und Yūhō Yokois Japanese-English Zen Buddhist Dictionary (Tokyo, Sankibo Busshorin 1991). Bei ihm findest Du die {b}Bedeutung{/b} (nicht {b}Übersetzung{/b}) "The five sensory fields and the thought-field". Die Übersetzung wird als als bekannt vorausgesetzt. Der Eintrag enthält auch eine Antwort auf Deine Frage ({k}was soll eine wörtliche Übersetzung bringen{k}): "Mostly synonymous with 六境, except that the usage of {b}the logograph 塵 indicates their defiling character{/b}, since, when the six consciousnesses apprehend their objects, the six faculties 六根 [= indriya] become tainted".
Aber das hatte ich ja alles sinngemäß schon geschrieben. Die Metapher 'sechs Stäube' ist also nicht nur eine "poetische Floskel", sie transportiert eine ganz spezifische Nebenbedeutung. In chinesischen buddhistischen Texten macht es nun einmal einen Unterschied, ob da für den Sachverhalt {k}sadayatana{/k} 六塵 steht oder 六境 oder 外塵 oder gar 六賊. Diese Fähigkeit zu feinen Nuancierungen ist eine der großen Stärken des Chinesischen (dafür ist die Syntax eine Schwäche).
Solche sprachlichen Nuancen bei der Übersetzung einfach zu ignorieren, heisst nichts anderes als den Text zu vergröbern wenn nicht gar, ihn durch mangelnde Sorgfalt oder aus Bequemlichkeit (weil man sich die eine oder andere Fußnote sparen will) zu entstellen.