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Ralf54:
Werter Joshin,
Du bringst mich in erhebliche Verlegenheit. Soll ich Dich nun mit ein paar nichtssagenden Worten abspeisen oder soll ich mich ganz 'zenmäßig' mit einer Gegenfrage aus der Affäre ziehen - à la "wer ist es, der dies wissen will". Alternativ könnte ich auch den Hardcore-Sitzfleisch-Zenni geben und sagen "übe mehr Zazen und Dir werden solch dumme Fragen vergehen" ;-). Aber Du kennst mich gut genug um zu wissen, dass ich dann doch lieber an meinem Ruf arbeite, Zen mit Textstudium zu verwechseln ... Sei's drum. Lassen wir uns nach diesen vorsorglichen Beschwichtigungen mal tief ins Gras fallen ...
'Sravaka' (pali savaka) hat ein recht breites Spektrum an Bedeutungen - je nachdem, in welchem (historischen oder inhaltlichen) Zusammenhang es benutzt wird. Wörtlich bedeutet es 'Hörer' - sinngemäß ist es mit 'Schüler' (= Hörer der Lehre) allerdings besser übersetzt. Der Begriff bezeichnet im engeren Sinn jene, die eine der vier Früchte (phala) des achtfachen Pfades erlangt hatten, also den Sotopanna (in den Strom Eingetretenen), den Sakadagami (Einmal-Wiederkehrer), Anagami (Nicht-Wiederkehrer) und Arhat ('Heiligen', Erwachten). In diesem Sinne wird der Begriff häufig in Verbindung mit 'ariya' (edel) gebraucht - also 'ariya-sravaka', 'edler Schüler' und ist bedeutungsgleich mit dem Begriff 'ariya-pudgala, 'edle Person'.
Die genannten 'vier Früchte' geben natürlich den Stufenweg der historischen sog. Hinayana-Schulen wieder, von denen die Theravadin als einzige noch heute existieren. Dieser Stufenweg ist deren gemeinsames Merkmal, daher wird für sie von manchen der Begriff 'Sravakayana' anstelle (des etwas abschätzig klingenden) 'Hinayana' gebraucht.
Nun gab es bekanntlich in der Schülergemeinschaft Buddhas schon früh einander widerstreitende Tendenzen in der Lehrauslegung, die zu einer Aufspaltung in zwei Hauptgruppen führte - die Sthavira ('Älteren') und die Mahasanghika ('Große Gemeinschaft'). Man könnte die erste Gruppe als konservativ und elitär charakterisieren, mit starkem Gewicht auf der Praxis als Hauslose(r) (Bhikshu bzw. Bhikshuni). Die Rolle, die hier den männlichen und weiblichen Laien (Upasaka und Upasika) zugestanden wurde, beschränkte sich weitgehend darauf, die Ordinierten mit Almosen zu unterstützen. Bei der zweiten Gruppe hatten die Laien (und ihre Praxis) hingegen ein deutlich stärkeres Gewicht.
Diese zweite Gruppe war eine der Wurzeln des Mahayana, das sich kurz nach der Zeitenwende formierte. Anlass war möglicherweise die schriftliche Fixierung der bislang mündlich weitergegebenen Überlieferung duch die Schulen, die aus den Sthavira entstanden waren. So entstanden der Palikanon und ein nördlicher (nur bruchstückhaft überlieferter) Sanskrit-Kanon. Nur wenig später wurden auch die ersten Mahayana-Sutren schriftlich niedergelegt. Auch diese erhoben den Anspruch, seit den Zeiten des historischen Buddha mündlich überliefert worden zu sein. Auf die Form, die 'Gestalt' dieser Texte trifft dies mit Sicherheit nicht zu. Für ihren Gehalt, ihre Aussage jedoch kann dies nicht ohne weiteres bestritten werden.
Jedenfalls zeichnete sich nun ein Gegensatz ab - zwischen einer 'konservativen' Überlieferung einerseits, die den (wissenschaftlich nicht 100%ig haltbaren) Anspruch erhob, die Lehre Buddhas wörtlich zu überliefern und einer Überlieferung, die versuchte, den letzlich nicht in Worte fassbaren Gehalt von Buddhas Lehre in einer den Umständen angepassten, anschaulichen Form zu übermitteln. Das Stichwort hier ist Prajnaparamita - der nicht in Worte zu fassende, ledglich zu umschreibende Kern von Buddhas Lehre.
In den frühen Prajnaparamita-Sutren und in der Lehre Nagarjunas (der als 17. Patriarch der indischen Linie des Zen gilt) ist der Gegensatz noch wenig spürbar. Zwar wird deutlich das 'Modell' des Bodhisattva formuliert, doch steht dieses hier noch nicht im Gegensatz zum Arhat - es stellt gegenüber den Sravakayana-Schulen lediglich eine Erweiterung der Sicht dar, die jedoch seitens der 'Konservativen' auf wenig Gegenliebe stieß. Auch in Nagarjunas vielleicht wichtigstem Werk, den Lehrstrophen über die Grundlagen des Mittleren Weges (Mulamadhyamaka-karikas), findet sich zwar eine tiefgehende Erläuterung des Konzeptes der Leere (sunyata, jap. ku), die eine ganz andere Sprache spricht als die philosphische Literatur (Abhidharma) des Sravakayana, doch kann man auch hier noch nicht von verschiedenen 'Fahrzeugen' sprechen. Es gibt (in Mulamadhyamaka-karikas XVIII.12) allerdings eine merkwürdige und sehr kontrovers ausgelegte Passage:
Wenn keine vollendeten Buddhas (samyak-sambuddhas) entstehen
und auch die Hörer (sravakas) verschwunden sind,
dann stellt sich bei den für sich lebenden Buddhas (pratyeka-buddhas)
auf der Grundlage absoluter Beziehungslosigkeit das Wissen ein.
Nach meinem Verständnis wird hier deutlich, dass Nagarjuna dem Erwachen eine Unvermeidbarkeit / Notwendigkeit und zugleich Freiheit von kausalen Bedingungen zuspricht - was der Sravaka-Auffassung vom Erwachen als einer karmisch erzeugten 'Frucht' widerspricht.
Erwachen manifestiert sich im dualistischen Spannungsfeld Buddha / Sravaka oder aber es tritt in Menschen zutage, die nicht lehren - Erwachen wird dann nicht vermittelt, es ist 'beziehungslos' und isoliert.
Im Lotossutra wird nun diese Thematik Buddha-Sravaka-Pratyekabuddha in anderer Weise aufgegriffen, und zwar im kürzlich schon einmal von mir angesprochenen zweiten, dem Upaya-Kapitel. Hier nimmt das Mahayana nun schon deutlichere Formen an - auch wenn dieser Name (genau wie sein Gegenstück 'Hinayana') hier noch nicht existiert. Es wird allerdings explizit von verschiedenen 'Fahrzeugen' (yana) gesprochen - dem der Sravakas, der Pratyekabuddhas und dem Bodhisattva-Fahrzeug. Trotzdem sind alle diese Formen nur ein einziges Fahrzeug (ekayana). Die Fahrzeuge der Sravakas und der Pratyekabuddhas sind allerdings nicht 'vollendet'. Das Erwachen, dass durch sie erlangt wird, ist nicht 'anuttara samyak sambodhi' (das 'a noku tara sam yaku sam bodai' des Herzsutra), 'unübertroffenes, vollständiges Erwachen'. Quasi eine Erleuchtung zweiter Klasse.
Das Erwachen, das auf dem Weg des Sravaka erfahren wird, also das Erwachen als Arhat, ist ein 'persönliches Erwachen' - ebenso das Erwachen des Pratyeka-Buddha, der Erwachen 'aus sich selbst heraus', ohne Kenntnis des Dharma erfährt und der nicht fähig oder willens ist, dieses Erwachen zu vermitteln / übertragen. Die 'Unvollkommenheit' dieses Erwachens ist eine logische Konsequenz aus der Nicht-Ich-Lehre (anatman) - wie könnte eine Person vollständiges Erwachen erfahren, da dieses Erwachen eben die Realisierung bedeutet, dass eine Person gar nicht existiert. Weitere logische Folgerungen (die uns allerdings von unserem Thema wegführen) sind die, dass der vollständig Erwachte (samyak sambuddha) eben keine Person ist - diese Thematik wird im 'Lebensspanne des Tathagatha' - Kapitel behandelt. Umgekehrt bedeutet dies, dass eine Person gar nicht vollständig erwacht sein kann - sie kann allerdings im Prozess des Erwachens begriffen sein, ein Bodhisattva. Das Erwachen des Arhat oder des Pratyekabuddha ist ein persönliches Ziel - und damit ein 'Upaya', ein 'geschicktes Mittel', das zum vollständigen Erwachen führen kann. Vorausgesetzt, das Ziel persönlichen Erwachens wird losgelassen. Dieses 'Ziel' ist nur ein Köder - was allerdings nicht notwendig auch erkannt wird, wenn der Köder erst einmal geschluckt ist. Dann kann man es sich auch in der Falle bequem machen ...
Im Lotossutra setzt daher nun auch die Polemik gegen das 'Sravakayana' ein - die Sravakas und Pratyekabuddhas entfernen sich aus der Versammlung am Geierberg; sie verweigern sich aus Hochmut (Restanhaftung am Ich) dem Loslassen ihres Erwachens.
Hier kommen wir nun auch zu der inhaltlichen Bedeutung, die der Begriff 'Sravaka' im entwickelten Mahayana, z.B. bei Dogen hat. Wesentlich sind hier zwei Aspekte: das Streben nach persönlicher Erleuchtung / Erwachen sowie ggf. das Festhalten / Anhaften an einem solchen Erwachen (die berühmten 'Erleuchtungserfahrungen'!). Dogen benutzt hier allerdings vorwiegend den Begriff 'Hinayana'. Dogen greift mE hier individuelle Fehlrezeptionen des Dharma an - er betreibt keine Polemik gegen bestimmte Schulen. Allerdings hat 'Sravaka' (wohl auch bei Dogen) durchaus auch den Beiklang von 'Dogmatiker' - also von jemandem, der an der 'konservativen', engen, wörtlichen Lehrauslegung des Dharma haftet. Jemand, der den Finger studiert und gar nicht erst auf den Gedanken kommt, dieser könne irgendwohin zeigen.
Nun, möglicherweise kommt eine solche Haltung in manchen buddhistischen Traditionen häufiger vor als in anderen. Aber das ist rein spekulativ - grundsätzlich gebe ich bel recht, dass es 'Mahayanin' und 'Hinayanin' in allen buddhistischen Traditionen gibt. Ich denke, auch Dogen hat das so gesehen.
Ralf54:
Hallo Sunray,
schau Dir mal www.altbaeckersmuehle.de an. Vielleicht spricht's Dich ja an. Ist zwar ein Stück zu fahren, aber immerhin näher als Berlin.
Ralf54:
Hallo Nina,
ich hatte schon Zeiten, wo ich einen 'Hänger' hatte. Keine Lust auf die Übung ("heute mal nicht, bin zu müde"), hab sie einfach schleifen lassen. Hat mir einfach nicht gut getan, ich fühlte mich nicht wohl. Ist ein bißchen, wie wenn man ne Woche nicht auf's Klo kann (entschuldige den Vergleich, mir fiel nichts Passenderes ein).
Vielleicht macht Zazen ja süchtig .... also - welcher Sektenbeauftragte übernimmt?
Ralf54:
Hallo elco,
offensichtlich verwechselst Du Dharma-Übertragung und die (zeremonielle) Bestätigung der Übertragung (inka). Mit der Bestätigung ist gelegentlich durchaus Schindluder getrieben worden.
Mit der Nachfolgeregelung für 'Äbte' hat inka nur indirekt etwas zu tun. Zwar muss ein Abt inka haben(aber nicht notwendig von seinem Vorgänger), aber man wird durch inka nicht automatisch zum Abt.
Ralf54:
{k}Es heisst "nur ein Erleuchteter kann einen Erleuchteten erkennen". Gibt es übrigens dazu einen konkretes Zitat/Beleg ? {/k}
Hallo Hanako,
dies bezieht sich auf eine Stelle im zweiten Kapitel des Saddharma-pundarika-Sutra (jap. Myoho-renge-kyo, "Lotos-Sutra"): "yuibutsu yobutsu naino kujin shoho jisso", was Magareta von Borsig wie folgt übersetzt: "nur von Buddha zu Buddha kann das wahre Dasein aller Erscheinungen ergründet und mitgeteilt werden". Das Lotos-Sutra spielt im japanischen Soto-Zen eine wichtige Rolle; die tägliche Morgenzeremonie (Choka Fugin) wird mit der Rezitation des Fumonbon Ge, eines längeren Abschnittes dieses Sutra, in der Buddha-Halle eröffnet. Später wird in der Halle der Verstorbenen ein weiterer längerer Abschnitt rezitiert, das Juryohon Ge.
Dieses auf den ersten Blick so unscheinbare "yuibutsu yobutsu" ist Ausdruck eines sehr zentralen Punktes der Zen-Überlieferung - es geht dabei um die 'Übertragung'. Einige prominente Beispiele hat Unzan ja schon genannt. Übrigens ist das zweite Kapitel des Lotos-Sutra neben dem 16. ('Lebensspanne des Tathagatha') das wohl wichtigste; es übermittelt die Lehre des 'einen Fahrzeugs' (Ekayana) und die der 'geschickten Mittel' (Upaya). Die 'Übertragung' wird natürlich nicht ganz zufällig in diesem Zusammenhang angesprochen.
Dogen hat dieser Passage ein ganzes Kapitel seines Shobogenzo gewidmet (Yuibutsu Yobutsu / Nur von Buddha zu Buddha). Ich zitiere hier (wieder einmal ;-)) nach der Nishiyama/Stevens-Übersetzung eine Passage, die für mich den 'Kern' dieses Shobogenzo-Kapitels darstellt:
{k}"Weil sie keine Spur und kein Zeichen hinterlassen, sind Vögel im Flug nicht zu verfolgen.... Ein Wagen, der einen schlammigen Weg passiert, und ein Pferd auf dem Feld sind leicht zu verfolgen, weil sie klar unterscheidbare Spuren hinterlassen. Ein Vogel benötigt solche Spuren jedoch nicht, um den Vögeln zu folgen, die bereits davongezogen sind.
Das ist prinzipiell das gleiche wie dem buddhistischen Weg zu folgen. Die Buddhas sind sich all der Buddhas bewusst, die ihnen vorangingen, kleiner, großer und weniger bekannter Buddhas. {f}Nur Buddhas können Buddhas erkennen.{/f} Wer das in Frage stellte, würde zu hören bekommen: 'Nur die Buddhas allein besitzen das Buddha-Auge. Ohne dieses Auge kann der Weg weder gesehen noch erkannt werden.'....
Wenn wir diesen Weg gesehen haben, sollten wir ihn als Standard nehmen, um unseren eigenen Weg daran zu messen. Ein Vergleich dieser Art eröffnet tieferes Verständnis der Zeichen, die von den Buddhas hinterlassen wurden.... Nur durch Klären der Zeichen, die von den Buddhas hinterlassen wurden, können wir Einblick in die Abdrücke unseres eigenen Weges gewinnen. Wenn wir sie erkannt und verstanden haben, sollten wir den Zeichen, die von den Buddhas hinterlassen wurden, mit unserem ganzen Körper und Geist folgen. Das ist das buddhistische Dharma."{/k}
Dieses den "Zeichen" mit ganzem Körper und Geist folgen kann Erwachen oder Erleuchtung genannt werden. Es kann auch einfach 'Zazen' genannt werden oder 'Butsugyo', das 'Tun Buddhas'.
Nun, woran macht man fest, das jemand 'erleuchtet' ist? Man könnte die Aussage Dogens so interpretieren, dass wir die "Abdrücke" seines Weges erkennen und verstehen müssen - und diese mit dem Weg Buddhas vergleichen, den wir "als Standard" nehmen. Dazu müssen wir zunächst mit dem "Buddha-Auge" den Weg sehen und erkennen. Aber so kompliziert ist es gar nicht ... "Buddhas sind sich all der Buddhas bewusst, die ihnen vorangingen". Kläre die Zeichen, öffne Dein "Buddha-Auge" - alles andere ergibt sich von alleine. Im 'Erleuchteten' begegnest Du Dir selbst. Wie solltest Du ihn da nicht erkennen?
Ralf54:
Hi digne,
ich denke, schon, dass mir dieses Forum 'hilft'. Was mich angeht - nicht in Hinsicht auf {f}besondere{/f} Antworten oder {f}bestimmte{/f} Menschen. Dieses Forum ist ein Stück / ein Ausschnitt Sangha und ich lerne und übe hier Kommunikation mit der Sangha unter ganz spezifischen Bedingungen. Ein Feld der Übung ...
als ich das buch zum ersten mal las, bescherte es mir nicht nur einen kloß im hals, nein, es überfiel mich sogar panische angst.
es war der beginn, dass ich mich mit advaita auseinandersetzte und zum satsang ging.
heute habe ich andere bücher gelesen und gewisse erfahrungen selbst gemacht. nisargadatta oder poonja kann ich hier auch wärmstens empfehlen.
zumindest schockiert es mich nicht mehr, dass es so etwas wie einen persönlichen handelnden nicht geben soll, so etwas wie ein ICH nicht existiert.
dass eigentlich NICHTS existiert.
wobei ich nicht weiß, ob dieses Nichts letztendlich nicht auch "nur" ein konstrukt ist.
schade, dass sie so früh gestorben ist.
hätte gern noch mehr von ihr gelesen.
Ralf54:
Hallo unstet,
mit Vipassana-Meditation habe ich keine direkten Erfahrungen; es ist eine Übungsmethode aus dem Theravada, mit dem ich mich nur theoretisch beschäftigt habe. Ich habe den Eindruck, dass Vipassana grundsätzlich gezielt vorgeht, um eine Erfahrung von 'anatta' (Nicht-Ich) zu vermitteln. Dieses anatta / anatman wird im Mahayana (also auch im Zen) als 'leer von einem Eigensein' verstanden.
Nun wird Zazen zwar nicht mit einer Zielrichtung geübt (nicht 'um zu' ...), aber es ist durchaus nicht ausgeschlossen ;-), dass sich beim Zazen eben diese 'Leere' manifestiert und so das, was wir für unser Ich ausgeben, eine Einsicht in seine eigentliche Nicht-Natur erfährt.
Also eine gewisse Verwandschaft sehe ich da schon ... Es gibt außerdem als gemeinsame Grundlage die Übung der Achtsamkeit. Wobei man vielleicht sogar sagen kann, Vipassana ist nichts als Achtsamkeit. Was man auch von Zazen behaupten könnte ... Dazu (zur Achtsamkeit) gibt es im Palikanon zwei mE sehr lesenswerte Sutren - das Satipatthana Sutta ( http://www.palikanon.com/majjhima/m010n.htm ) und das Anapanasati Sutta ( http://www.palikanon.com/majjhima/m118n.htm). Von letzterem gibt es auch eine kommentierte Übersetzung von Thich Nhat Hanh, die ich persönlich sehr schätze. Meine eigene Zazen-Schulung begann mit einem Zitat aus diesem Sutta.
Es gibt übrigens - wie beim Zen auch - unterschiedliche Schulen und Stile des Vipassana. Einen Überblick gibt da:
Kostet so um die 10 Euro. Ich kenne es selbst nicht, also schlag mich nicht, wenn es nichts taugt. Wird aber immer wieder als Einstieg für Vipassana-Interessierte empfohlen.
newplayer:
()
Unzan,
Du erlaubst, daß ich es seltsam finde ...
Seltsam, dieses Gedicht zu zitieren und zu adressieren.
Kannst Du diese Wünsche auch loslassen ?
Ralf54:
Ich möchte mich dieser Bitte Santokus anschließen. Ein Spiel mit verschiedenen Masken ist nun einmal ein Spiel - aber bei einem Spiel müssen sich alle Teilnehmer über die Regeln einig sein. Ich denke, hier sind wir uns nicht einmal einig darüber, dass es sich bei diesem Forum überhaupt um ein Spiel handelt.
Für jemanden, der dies hier ernst nimmt, hat das Verwenden von Fakes sehr leicht einen Beigeschmack von Manipulation. Niemand mag das Gefühl, manipuliert zu werden oder geworden zu sein - die daraus entstehenden Verstimmungen sind für mich durchaus verständlich und sie sind diesem Forum nicht zuträglich.
digne:
Indertat;
die 'alten Schreiber' registrieren Bewegung.
Und keiner weiß, wo er hin ist; der unsui?
Schon Zeit für einen Nachruf?
Aber Ralph rechnet mit Rückkehr.
(Dazu fällt mir die entsprechende Szene bei Mark Twains "Tom Sawyer" ein- als der Totgeglaubte, seine eigene Trauerfeier belauschend,
sich gerührt die Reden anhörte)
Ralf54:
auf die Gefahr hin, das schlechte Gewissen beim Nagen zu stören - schon mal daran gedacht, dass Unsuis Account möglicherweise nicht von ihm selbst gelöscht wurde? Ich meine, nicht DIREKT von ihm selbst. Dieses Forum ist zwar nicht moderiert, aber es gibt hier Teilnahmebedingungen und eine Hausordnung. Nur mal so als Denkanstoß ...
"Wir erwarten vor allem, daß Sie sich gegenüber den anderen Mitgliedern unseres Angebotes stets rücksichtsvoll verhalten und das Forum nicht für strafbare ... oder beleidigende Äußerungen mißbrauchen. Die Teilnahmebedingungen bedeuten in dieser Hinsicht eine rechtliche Absicherung."
Ralf54:
Hallo Anke,
ich war leider noch nie in Dinkelscherben; durfte allerdings Dorin Genpo Osho unter 'zivilen' Umständen kennenlernern. Er ist ein Mensch mit warmer und humorvoller Ausstrahlung, der auch durchaus einmal aufbrausend werden kann. Ich denke, du wirst bei ihm in sehr guten Händen sein.
Wenn ich mich dazu entschließe, einmal die Rinzai-Praxis bei einem Sesshin kennenzulernen, wird der Bodaisan Shoboji wohl erste Wahl für mich sein.
kailasa:
wenn der andere gegangen ist, nagt oft das schlechte gewissen... :-)
ich fand unsuis kommentare auch sehr inspirierend.
aber nun braucht er uns nicht mehr, vielleicht weil wir ihn nicht mehr brauchen ... ??
ich denke/hoffe auch, dass er wiederkommen wird. lieben gruß ()
Wanderer0:
Ich vermisse ihn auch. Ohne mich zu kennen, nahm er mich als Freund auf. Er fragte nicht woher oder warum. Er sagte nur, dass auch ich den Frieden finden könne.
Sein Bild im Profil strahlte soviel Gegenwärtigkeit auf mich aus.
Ja, Werner, so ist das. Solange wir in der Dualität sind, suchen wir das Du, um uns zu erkennen. Und gerade die, durch die wir uns stark herausgefordert fühlen, gerade die, fehlen, wenn sie gehen.
herzlichen Dank für diesen klaren und erhellenden Beitrag, der hoffentlich der unsäglichen und völlig überflüssigen Diskussion, die hier von einem Dummkopf vom Zaun gebrochen wurde, ein Ende bereitet.
Hier zeigt sich einmal wieder der alte Ralf54 in seiner ganzen Liebe und zugewandten Wärme...
Es wird an Deinem Beitrag auch deutlich, wie wichtig es ist, sich mit dem gesamten Kontext auseinanderzusetzen, um wirklich zu verstehen, was ja bekanntlich die Grundlage des Begreifens ist.
Ich wünsche Dir, lieber SoGen, alles Gute und verabschiede mich
Du bringst mich in erhebliche Verlegenheit. Soll ich Dich nun mit ein paar nichtssagenden Worten abspeisen oder soll ich mich ganz 'zenmäßig' mit einer Gegenfrage aus der Affäre ziehen - à la "wer ist es, der dies wissen will". Alternativ könnte ich auch den Hardcore-Sitzfleisch-Zenni geben und sagen "übe mehr Zazen und Dir werden solch dumme Fragen vergehen" ;-). Aber Du kennst mich gut genug um zu wissen, dass ich dann doch lieber an meinem Ruf arbeite, Zen mit Textstudium zu verwechseln ... Sei's drum. Lassen wir uns nach diesen vorsorglichen Beschwichtigungen mal tief ins Gras fallen ...
'Sravaka' (pali savaka) hat ein recht breites Spektrum an Bedeutungen - je nachdem, in welchem (historischen oder inhaltlichen) Zusammenhang es benutzt wird. Wörtlich bedeutet es 'Hörer' - sinngemäß ist es mit 'Schüler' (= Hörer der Lehre) allerdings besser übersetzt. Der Begriff bezeichnet im engeren Sinn jene, die eine der vier Früchte (phala) des achtfachen Pfades erlangt hatten, also den Sotopanna (in den Strom Eingetretenen), den Sakadagami (Einmal-Wiederkehrer), Anagami (Nicht-Wiederkehrer) und Arhat ('Heiligen', Erwachten). In diesem Sinne wird der Begriff häufig in Verbindung mit 'ariya' (edel) gebraucht - also 'ariya-sravaka', 'edler Schüler' und ist bedeutungsgleich mit dem Begriff 'ariya-pudgala, 'edle Person'.
Die genannten 'vier Früchte' geben natürlich den Stufenweg der historischen sog. Hinayana-Schulen wieder, von denen die Theravadin als einzige noch heute existieren. Dieser Stufenweg ist deren gemeinsames Merkmal, daher wird für sie von manchen der Begriff 'Sravakayana' anstelle (des etwas abschätzig klingenden) 'Hinayana' gebraucht.
Nun gab es bekanntlich in der Schülergemeinschaft Buddhas schon früh einander widerstreitende Tendenzen in der Lehrauslegung, die zu einer Aufspaltung in zwei Hauptgruppen führte - die Sthavira ('Älteren') und die Mahasanghika ('Große Gemeinschaft'). Man könnte die erste Gruppe als konservativ und elitär charakterisieren, mit starkem Gewicht auf der Praxis als Hauslose(r) (Bhikshu bzw. Bhikshuni). Die Rolle, die hier den männlichen und weiblichen Laien (Upasaka und Upasika) zugestanden wurde, beschränkte sich weitgehend darauf, die Ordinierten mit Almosen zu unterstützen. Bei der zweiten Gruppe hatten die Laien (und ihre Praxis) hingegen ein deutlich stärkeres Gewicht.
Diese zweite Gruppe war eine der Wurzeln des Mahayana, das sich kurz nach der Zeitenwende formierte. Anlass war möglicherweise die schriftliche Fixierung der bislang mündlich weitergegebenen Überlieferung duch die Schulen, die aus den Sthavira entstanden waren. So entstanden der Palikanon und ein nördlicher (nur bruchstückhaft überlieferter) Sanskrit-Kanon. Nur wenig später wurden auch die ersten Mahayana-Sutren schriftlich niedergelegt. Auch diese erhoben den Anspruch, seit den Zeiten des historischen Buddha mündlich überliefert worden zu sein. Auf die Form, die 'Gestalt' dieser Texte trifft dies mit Sicherheit nicht zu. Für ihren Gehalt, ihre Aussage jedoch kann dies nicht ohne weiteres bestritten werden.
Jedenfalls zeichnete sich nun ein Gegensatz ab - zwischen einer 'konservativen' Überlieferung einerseits, die den (wissenschaftlich nicht 100%ig haltbaren) Anspruch erhob, die Lehre Buddhas wörtlich zu überliefern und einer Überlieferung, die versuchte, den letzlich nicht in Worte fassbaren Gehalt von Buddhas Lehre in einer den Umständen angepassten, anschaulichen Form zu übermitteln. Das Stichwort hier ist Prajnaparamita - der nicht in Worte zu fassende, ledglich zu umschreibende Kern von Buddhas Lehre.
In den frühen Prajnaparamita-Sutren und in der Lehre Nagarjunas (der als 17. Patriarch der indischen Linie des Zen gilt) ist der Gegensatz noch wenig spürbar. Zwar wird deutlich das 'Modell' des Bodhisattva formuliert, doch steht dieses hier noch nicht im Gegensatz zum Arhat - es stellt gegenüber den Sravakayana-Schulen lediglich eine Erweiterung der Sicht dar, die jedoch seitens der 'Konservativen' auf wenig Gegenliebe stieß. Auch in Nagarjunas vielleicht wichtigstem Werk, den Lehrstrophen über die Grundlagen des Mittleren Weges (Mulamadhyamaka-karikas), findet sich zwar eine tiefgehende Erläuterung des Konzeptes der Leere (sunyata, jap. ku), die eine ganz andere Sprache spricht als die philosphische Literatur (Abhidharma) des Sravakayana, doch kann man auch hier noch nicht von verschiedenen 'Fahrzeugen' sprechen. Es gibt (in Mulamadhyamaka-karikas XVIII.12) allerdings eine merkwürdige und sehr kontrovers ausgelegte Passage:
Wenn keine vollendeten Buddhas (samyak-sambuddhas) entstehen
und auch die Hörer (sravakas) verschwunden sind,
dann stellt sich bei den für sich lebenden Buddhas (pratyeka-buddhas)
auf der Grundlage absoluter Beziehungslosigkeit das Wissen ein.
Nach meinem Verständnis wird hier deutlich, dass Nagarjuna dem Erwachen eine Unvermeidbarkeit / Notwendigkeit und zugleich Freiheit von kausalen Bedingungen zuspricht - was der Sravaka-Auffassung vom Erwachen als einer karmisch erzeugten 'Frucht' widerspricht.
Erwachen manifestiert sich im dualistischen Spannungsfeld Buddha / Sravaka oder aber es tritt in Menschen zutage, die nicht lehren - Erwachen wird dann nicht vermittelt, es ist 'beziehungslos' und isoliert.
Im Lotossutra wird nun diese Thematik Buddha-Sravaka-Pratyekabuddha in anderer Weise aufgegriffen, und zwar im kürzlich schon einmal von mir angesprochenen zweiten, dem Upaya-Kapitel. Hier nimmt das Mahayana nun schon deutlichere Formen an - auch wenn dieser Name (genau wie sein Gegenstück 'Hinayana') hier noch nicht existiert. Es wird allerdings explizit von verschiedenen 'Fahrzeugen' (yana) gesprochen - dem der Sravakas, der Pratyekabuddhas und dem Bodhisattva-Fahrzeug. Trotzdem sind alle diese Formen nur ein einziges Fahrzeug (ekayana). Die Fahrzeuge der Sravakas und der Pratyekabuddhas sind allerdings nicht 'vollendet'. Das Erwachen, dass durch sie erlangt wird, ist nicht 'anuttara samyak sambodhi' (das 'a noku tara sam yaku sam bodai' des Herzsutra), 'unübertroffenes, vollständiges Erwachen'. Quasi eine Erleuchtung zweiter Klasse.
Das Erwachen, das auf dem Weg des Sravaka erfahren wird, also das Erwachen als Arhat, ist ein 'persönliches Erwachen' - ebenso das Erwachen des Pratyeka-Buddha, der Erwachen 'aus sich selbst heraus', ohne Kenntnis des Dharma erfährt und der nicht fähig oder willens ist, dieses Erwachen zu vermitteln / übertragen. Die 'Unvollkommenheit' dieses Erwachens ist eine logische Konsequenz aus der Nicht-Ich-Lehre (anatman) - wie könnte eine Person vollständiges Erwachen erfahren, da dieses Erwachen eben die Realisierung bedeutet, dass eine Person gar nicht existiert. Weitere logische Folgerungen (die uns allerdings von unserem Thema wegführen) sind die, dass der vollständig Erwachte (samyak sambuddha) eben keine Person ist - diese Thematik wird im 'Lebensspanne des Tathagatha' - Kapitel behandelt. Umgekehrt bedeutet dies, dass eine Person gar nicht vollständig erwacht sein kann - sie kann allerdings im Prozess des Erwachens begriffen sein, ein Bodhisattva. Das Erwachen des Arhat oder des Pratyekabuddha ist ein persönliches Ziel - und damit ein 'Upaya', ein 'geschicktes Mittel', das zum vollständigen Erwachen führen kann. Vorausgesetzt, das Ziel persönlichen Erwachens wird losgelassen. Dieses 'Ziel' ist nur ein Köder - was allerdings nicht notwendig auch erkannt wird, wenn der Köder erst einmal geschluckt ist. Dann kann man es sich auch in der Falle bequem machen ...
Im Lotossutra setzt daher nun auch die Polemik gegen das 'Sravakayana' ein - die Sravakas und Pratyekabuddhas entfernen sich aus der Versammlung am Geierberg; sie verweigern sich aus Hochmut (Restanhaftung am Ich) dem Loslassen ihres Erwachens.
Hier kommen wir nun auch zu der inhaltlichen Bedeutung, die der Begriff 'Sravaka' im entwickelten Mahayana, z.B. bei Dogen hat. Wesentlich sind hier zwei Aspekte: das Streben nach persönlicher Erleuchtung / Erwachen sowie ggf. das Festhalten / Anhaften an einem solchen Erwachen (die berühmten 'Erleuchtungserfahrungen'!). Dogen benutzt hier allerdings vorwiegend den Begriff 'Hinayana'. Dogen greift mE hier individuelle Fehlrezeptionen des Dharma an - er betreibt keine Polemik gegen bestimmte Schulen. Allerdings hat 'Sravaka' (wohl auch bei Dogen) durchaus auch den Beiklang von 'Dogmatiker' - also von jemandem, der an der 'konservativen', engen, wörtlichen Lehrauslegung des Dharma haftet. Jemand, der den Finger studiert und gar nicht erst auf den Gedanken kommt, dieser könne irgendwohin zeigen.
Nun, möglicherweise kommt eine solche Haltung in manchen buddhistischen Traditionen häufiger vor als in anderen. Aber das ist rein spekulativ - grundsätzlich gebe ich bel recht, dass es 'Mahayanin' und 'Hinayanin' in allen buddhistischen Traditionen gibt. Ich denke, auch Dogen hat das so gesehen.
Gasshô,
SoGen