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Ralf54:
Hallo BS,
in Regensburg gibt es einen Meditationskreis der "Gemeinschaft für achtsames Leben", die von dem von mir sehr geschätzten Karl Schmied (Ehrenvorsitzender der DBU) in der Tradition von Thich Nhat Hanh geleitet wird. Ihre Webseite ist http://www.gal-bayern.de/gal.html, unter "Meditationskreise" findest Du u.a. die Adresse in Regensburg.
Ralf54:
Hallo Hanako,
Deine Unterscheidung von sozialem und von Informationsaustausch ist durchaus sinnvoll, auch wenn sich konkret natürlich beides gar nicht voneinander trennen lässt. Aber diese Unterscheidung erlaubt es uns, zwei Fragen, die im Zusammenhang mit diesem Forum von Belang sind, für sich zu untersuchen. Da wäre zum einen die Frage, ob dieses Forum 'Zen' (lassen wir erst einmal offen, was das sein soll) vermitteln kann und wenn ja, wie. Die zweite Frage wäre natürlich, warum der 'soziale Austausch' in diesem Forum so abläuft, wie er das tut.
Zur ersten (und mE wichtigeren) Frage Du stellst sie konkret in der Form {k}"Inwieweit ist Deiner Meinung nach ein Informationsaustausch über Zen in einem Forum überhaupt praktizierbar?"{/k} Wenn ich dies aus meiner Sicht beantworte, muss ich zunächst einmal klarstellen, dass Zen für mich eine Ausprägung des Dharma ist. Zen und die Lehre Shakyamuni Buddhas sind eins. Das mag manchen nicht gefallen, die Zen für etwas halten, das sich von Buddhas Lehre 'emanzipiert' hat, was sich dem Christentum aufpropfen lässt oder sich als Versatzstück in eine esoterische Weltsicht einbauen lässt, aber so sehe ich es nun einmal. Zen zu vermitteln, heisst für mich den Dharma zu vermitteln, zu 'übertragen' wie es auf 'Zensprech' heisst. Wie sind nun die Bedingungen dieser Übertragung? Im Lotos-Sutra heisst es, diese Übertragung findet statt "von Buddha zu Buddha", "yuibutsu yobutsu". Dogen kommentiert diese Aussage in einem für mich persönlich sehr zentralen Kapitel des Shobogenzo, das er mit folgender Aussage schließt:
{k}"Nur durch Klären der Zeichen, die von den Buddhas hinterlassen wurden, können wir Einblick in die Abdrücke unseres eigenen Weges gewinnen. Wenn wir sie erkannt und verstanden haben, sollten wir den Zeichen, die von den Buddhas hinterlassen wurden, mit unserem ganzen Körper und Geist folgen. Das ist das buddhistische Dharma."{/k}
Es geht also zunächst um das Klären hinterlassener Zeichen. Was dieses Forum hier in dieser Hinsicht leisten kann/könnte, ist nicht mehr, als dass wir uns gegenseitig auf solche Zeichen aufmerksam machen können. Wir müssen sie dann schon selbst erkennen und verstehen, sie mit den Abdrücken unseres eigenen Weges vergleichen. Dann erst können wir ihnen folgen, "mit unserem ganzen Körper und Geist". Dann erst üben wir Zazen und nicht etwas, das nur so aussieht.
Das 'aufmerksam machen' auf diese Zeichen, dass Du ganz richtig und prosaisch einfach 'Informationsaustausch' nennst, ist schwierig genug, da es hier auch Leute gibt, die das völlig anders sehen. Sie sehen die Zeichen nicht und wollen sie nicht sehen, sie studieren sie nicht, sie sind nur an den Abdrücken ihres eigenen Weges interessiert und halten diese für das Maß aller Dinge. Sie folgen nicht den Zeichen der Buddhas, sondern nur ihren eigenen vorgefassten Ansichten und geben dies lautstark für 'Zen' aus. Hinweise auf die "Zeichen, die von den Buddhas hinterlassen wurden", stören da nur.
Die 'Zeichen' sind uns in dreifacher Form überliefert, als dreifache Zuflucht (Sankie). Spezielle Hinweise kann man hier eigentlich nur auf den Dharma geben, wie er in schriftlich und mündlich überlieferter Form auf uns gekommen ist dies schließt auch 'technische' Fragen der Übung ein. Wenn das Studium allerdings sich nur darauf beschränken würde, wären wir in gleicher Weise dem Irrtum ausgesetzt wie jene, die nur an den Abdrücken ihres eigenen Weges interessiert sind. Wir brauchen ein Korrektiv für falsche Ansichten und für das falsche Zazen, das falsche 'folgen', das sich aus Irrtümern beim Studium ergibt. Dies ist allerdings nicht die Funktion dieses Forums, sondern die des Lehrers. Das ist Henzan, das Studium mit einem erwachten Meister. Das ist die Zuflucht zu Buddha, dem Erwachten. Selbst, wenn es hier im Forum den einen oder anderen Erwachten geben sollte Henzan ist in einem Forum nicht möglich, auch wenn sich manche hier zu gerne als großer Meister aufspielen und freigiebig Belehrungen verteilen möchten. Henzan bedarf einer persönlichen Verbindung, Schüler und Lehrer müssen verschmelzen, bis sie 'Augenbraue an Augenbraue' sind. Ein schriftlicher Austausch gar ein öffentlicher kann dies nicht leisten.
Ähnliches gilt für die dritte Zuflucht, die Gemeinschaft der Studierenden. Dieses Forum bzw. die Forumsteilnehmer sind 'Sangha' wirklich nur im allerweitesten Sinn. Sitze mit jemandem auch nur drei Tage auf einem Sesshin, und ohne ein Wort mit ihm zu wechseln kennst Du ihn besser, als wenn du drei Jahre täglich mit ihm hier im Forum debattierst. Nimm wahr, wie er sitzt, wie er geht, wie er isst, wie er arbeitet. Die so oft gescholtenen Rituale die Zeremonien, Niederwerfungen, Rezitationen das ist die Sprache der Sangha, das ist ihre Kommunikation. Sie ist um vieles tiefer als alles, was dieses Forum leisten kann. Tiefer ist nur das Schweigen im gemeinsamen Zazen.
Hier zeichnet sich wohl auch schon eine Antwort auf die zweite Frage ab warum der soziale Austausch in diesem Forum eine solch eigentümliche Form hat. Sozialer Austausch an sich ist ja durchaus nichts Verkehrtes. Problematisch wird es, wenn unterschiedliche Erwartungshaltungen mit diesem Austausch verbunden werden dies führt zwangsläufig zu Frustrationen und entsprechenden Reaktionen. Jemand, der hier die Reife seiner Zenübung und die Tiefe seiner Erleuchtung einem ehrfüchtigen Publikum demonstrieren möchte, wird dies entweder irgendwann aufgeben oder aber angesichts der Ungläubigen zu Beschimpfungen und persönlichen Angriffen übergehen. Dies ist grundsätzlich in jedem Forum so, in dem sich tatsächliche und/oder eingebildete 'Experten' austauschen. 'Zen' ist allerdings ein Gebiet, auf dem sich Expertentum scheinbar leicht vortäuschen lässt da es so wenig echte Experten gibt, die sich in Internetforen tummeln. Dabei spielen natürlich auch gewisse populäre Missverständnisse eine Rolle etwa das, Zen werde ausschließlich mit den Arschbacken studiert und die Verachtung der Überlieferungen sei besonders 'zennig'. Von echten Meistern, die einen umfassenden literarischen Hintergrund hatten; wie z.B. Dogen oder Hakuin haben die das sicher nicht gelernt. Aber die lesen sie ja auch nicht. Wie schon gesagt, da werden nur die eigenen Fußspuren bewundert und von Anderen wird die gleiche Bewunderung eingefordert Oder das Missverständnis, Rüpelhaftigkeit sei besonders 'zennig'. Es ist ein Unterschied, ob ein Lehrer im Gespräch mit einem Schüler dies als Taktik anwendet oder ob sich jemand in einem Forum danebenbenimmt. Zu jemandem, der tatsächlich etwas zu sagen hat, macht einen das nicht. Ob es sich da um ein Zenforum handelt oder um eines für Aquarienliebhaber, macht dabei keinerlei Unterschied. Meine eigene Rüpelhaftigkeit, der ich gelegentlich Raum gebe, dient denn auch nicht der Belehrung Anderer. Das ist provozierte Reaktion. Das, was Dogen (in seiner Kommentierung des Koans von Nansens Katze) 'die Katze in eins schneiden' nennt, kann in einem Forum nicht gelingen darüber mache ich mir keine Illusionen.
Das, was Du ein 'gutes' Forum nennst, ist schlicht ein Forum, in dem die grundlegendsten Regeln des Umgangs miteinander respektiert werden. Höflichkeit, gegenseitige Achtung und Sachbezogenheit. Woraus folgt man hat es sicher schon erraten dass ich dieses Forum hier nicht für ein 'gutes' Forum halte.
was hier mit 'der höchste Weg' übersetzt wird, schreibt sich im Original mit den Schriftzeichen 'zhì' und 'dào'. 'Zhì' steht für 'erlangen, ankommen' oder aber als Ausdruck für ein Extrem oder Höchstmass. 'Zhìdào' könnte also auch mit 'das Erlangen des Weges' übersetzt werden. 'Dào' steht übrigens nicht nur für Pfad/Weg/Straße, sondern auch für Methode. Im klassischen chinesischen (durch den Daoismus geprägten) Verständnis ist 'dào' eben nicht nur eine Art 'Weltgesetz', sondern auch die richtige Methode, ein Leben entsprechend diesem Weltgesetz zu führen. Dies entspricht dem buddhistischen Verständnis von 'Dharma' als einer Lehre, die nicht nur das 'Funktionieren' des Seins erklärt , sondern eben auch eine praktische Methode lehrt, in diesem Sein in leidfreier Harmonie aufzugehen. In späteren chinesischen Übersetzungen buddhistischer Texte wird 'Dharma' auch bevorzugt mit 'fá' statt mit 'dào' übersetzt bei 'fá' ist die Bedeutung 'Methode' noch stärker im Vordergrund. Ansonsten wird 'Dharma' um sich gegen den Daoismus abzugrenzen statt nur mit 'dào' oder 'fá' häufig auch mit 'fódào' übersetzt, 'Buddhaweg'. 'Zhìdào' steht hier (in Sengcans Xìxinming) für 'ultimative, höchste Wahrheit' bzw. für das Erwachen zu ihr. Etwas unmissverständlicher könnte man übersetzen: "Das Erwachen zur höchsten Wahrheit ist nicht schwer" ;-)
Die zweite Zeile lasse ich mal aus, sie scheint ja ziemlich klar zu sein.
{k}Und was ist damit gemeint, das man nicht "LIEBEN" soll{/k}
Die dritte der (aus vier Schriftzeichen bestehenden) Zeilen dieses Gedichts liest sich 'dàn mò zêngài': nur/aber/doch nicht/tue nicht hassen/verabscheuen lieben/mögen. 'Zêngài', also die Kombination dieser beiden Schriftzeichen, ist wiederum eigentlich ein buddhistischer Fachbegriff, er steht für 'Hass und Gier' (sanskrit lobha und dosa), die aus Unwissenheit entstehenden Ursachen (samudaya) des Leidens (duhkha) die zweite edle Wahrheit der Lehre Buddhas. 'Liebe' ist in diesem Zusammenhang also eine unkorrekte Übersetzung, gemeint ist Gier im Sinne von mit Anhaftung verbundener, ich-bezogener (Vor-)Liebe. Liebende Güte und Mitgefühl (maitri und karuna) im buddhistischen Sinne schließt dies selbstverständlich nicht aus.
Richtig schwierig wird es mit der nächsten Zeile: 'dòng rán mínbái'. 'Dòng' bedeutet 'Höhle', aber auch durchschauen, wissen. 'Rán' bedeutet 'auf diese Art, mit Sicherheit', 'mínbái' wiederum (zusammengesetzt aus den Zeichen für hell/leuchtend/klar und für weiss/rein) bedeutet 'erleuchten, leuchten, hell sein'. Also: "auf diese Art wird unweigerlich die (dunkle) Höhle deines Wissens erleuchtet".
Ralf54:
Hallo Werner,
zunächst einmal eine Korrektur der Fakten. Die Gita stammt nicht "aus Zeiten lange vor dem Buddhismus". Laut Sarvapalli Radhakrishnan, langjährigem Professor für Ethik und für östliche Religionen in Oxford und Verfasser der wohl immer noch besten Übersetzung der Bhagavad-Gita, ist die Entstehung des Urtextes (der danach noch etliche Veränderungen erfuhr) anhand sprachlicher und stilistischer Merkmale frühestens in das 5. Jahrhundert v.u.Z. zu datieren. Die älteste bekannte Textgestalt ist uns zusammen mit Samkaras Kommentar überliefert - und Samkara lebte 788 bis 820 NACH der Zeitenwende. Die Gita entstand also in ihrer (nicht näher bekannten) Urform um die Lebenszeit Buddhas, wahrscheinlich etwas später. Wie so häufig halten auch hier die traditionellen, in sagenhafte Vorzeiten zurückgehenden Datierungen klassischer indischer oder chinesischer Texte modernen textkritischen Untersuchungen nicht stand.
Dazu - und auch zu Kodo Sawakis martialischer Rhetorik und der anderer japanischer oder meinetwegen auch indischer Schlagetots und Maulhelden fällt mir prompt WuMens 12. Präzedenzfall ein:
{k}Zuigan Gen Oshô rief sich jeden Tag selbst: "Meister!" und antwortete: "Ja, mein Herr!"
Dann sagte er: "Sei ganz wach!" und antwortete: "Ja, mein Herr!"
"Lass dich fortan von niemandem täuschen!" - "Von niemandem!"
Der Kommentar:
Der alte Zuigan kauft und verkauft sich selbst. Er kramt eine Menge Göttermasken und Teufelsmasken hervor, legt sie an und spielt damit. Wofür, hä? Einer ruft und der Andere antwortet; Einer ist hellwach und der Andere sagt, er wird sich nie täuschen lassen. Wenn du an einem davon festhältst, versagst du. Wenn du Zuigan nachahmst, spielst du den Fuchs.
Der Lobgesang:
Haftend am täuschenden Weg des Bewusstseins
Erkennen die, die den Weg studieren, nicht die Wahrheit
Der Same von Geburt und Tod durch endlose Äonen:
Der Narr nennt es das wahre, ursprüngliche Selbst.{/k}
Ralf54:
Hallo Unstet,
Unzan hat den entscheidenden Grund für Dein Problem schon genannt: Zazen kann 'dünnhäutig' machen. Psychologisch gesehen ist das eigentlich auch recht einleuchtend. Das Sitzen findet in der Regel in einer bewusst reizarm gestalteten Situation statt. Dieser Situation gegenüber öffnest Du Dich, Du nimmst sie mit großer Konzentration und Achtsamkeit wahr und in Dich auf - und das möglichst direkt, also ohne sie dabei verstandesmäßig zu interpretieren und zu filtern.
So etwas erhöht zwangsläufig die Sensibilität (Empfindlichkeit). Sowohl in Bezug auf Sinneswahrnehmung als auch in Bezug auf Eindrücke emotionaler Art. Um es mit dem buddhistischen Skandha-Modell auszudrücken: die Skandhas 'Wollen' und 'unterscheidendes Denken' werden in der Übung zurückgenommen, das Gewicht liegt auf den Skandhas 'Form' (eigentlich 'Körperlichkeit', Materie - dieser Übungsbestandteil bezieht sich vor allem auf die physische Form aufrechten Sitzens), 'Empfindung' und 'Wahrnehmung'. Es geht dabei um die Einsicht in die Leerheit / Bedingtheit aller fünf Skandhas (worauf das Herzsutra deutlich hinweist). In unserem 'Normalzustand' (der eben kein 'normaler', sondern ein leidhafter Zustand ist) sind die Skandhas 'Wollen' und 'unterscheidendes Denken' so dominant, dass eine solche Einsicht in der Regel nicht möglich ist.
Die genannte Sensibilisierung kann zeitweise zu den von Dir beschriebenen Problemen (Gereiztheit, Überempfindlichkeit) führen, wenn gleichzeitig ein gewisses Ungleichgewicht in der Entwicklung der Übung entsteht. Das oben genannte bezieht sich vorwiegend auf den Prajna- und den Dhyana-Aspekt (Weisheit und Versenkung) der Übung. Insgesamt sind nach dem klassischen Modell sechs Aspekte zu entwickeln. Von besonderer Wichtigkeit ist stets der Prajna-Aspekt; nach der Lehre des Astasahasrika-Sutra (des Kerntextes der Prajnaparamita-Sutren, deren konzentrierteste Zusammenfassung das Herzsutra ist) geht Prajnaparamita den anderen Paramitas voran, bedingt sie.
Trotzdem kann es, wie schon angedeutet, zu Ungleichgewichten kommen - in Deinem Fall im Bereich des Kshanti-Aspektes ('Duldsamkeit'). Um solche Unausgewogenheiten auszugleichen, ist das Studium und die Übung einer weiteren Paramita von besonderer Wichtigkeit - die von Shila (Sittlichkeit). Um nun auch die beiden noch fehlenden Paramitas / Übungsfelder zu nennen: es handelt sich dabei um Virya (Eifer, Hingabe) und Dana (Freigebigkeit).
Hier zeigt sich wieder einmal die Wichtigkeit der Begleitung des Übenden durch einen erfahrenen sprituellen Freund. Im Dokusan (persönlichen Gespräch) werden solche Unausgewogenheiten in der Übung aufgespürt und Hinweise / Ratschläge zu deren Ausgleich gegeben. Ich weiss nicht, ob Du schon einen Lehrer hast - ich vermute einmal, noch nicht. Wenn Du einen persönlichen Rat annehmen möchtest - Deine Übung scheint sich so weit entwickelt zu haben, dass es nun allmählich an der Zeit ist, sich um die Unterstützung eines Lehrers zu bemühen.
Ralf54:
Hallo Ji'un Ken,
Dir ist doch bewusst, dass Anita nach den Verhältnissen in Japan gefragt hat, oder? {f}Japanische{/f} Rinzai-Nonnen sind also nicht zölibatär? (Ich weiss es nicht, ich frag nur nach ...) Oder bezog sich sich Deine Antwort auf Rinzai-Nonnen im Westen? Da sieht es nämlich auch im Soto anders aus als in Japan ...
Zu Anitas 'olala' noch eine Hintergrundinformation. Der Zölibat für buddhistische Mönche wurde in der Meiji-Ära (Ende des 19. Jahrhunderts) nicht durch den Sangha, sondern durch die Regierung per Gesetz aufgehoben - nur verheiratete Mönche durften die Leitung eines Tempels übernehmen. Frauen (Nonnen) waren davon nicht betroffen. Es war eine {f}Zwangs{/f}maßnahme der Regierung, die damit den Einfluss des buddhistischen Klerus bei der Bevölkerung schwächen wollte; das Gesetz war Teil einer antibuddhistischen Kampagne, der sog. haibutsu kishaku ("Buddha vertreiben, Shakyamuni unterwerfen").
Ralf54:
JôShû kam als 17-jähriger noch vor seiner Ordination zu NanSen und erwachte mit seiner Hilfe nach wenigen Tagen - dies wird im 19. Präzedenzfall des Mumonkan geschildert. Er diente NanSen und studierte bei ihm etwa vierzig Jahre lang bis zu dessen Tod und ging dann als fast sechzigjähriger auf 'Fortbildungsreise'. Da legte er das Gelübde ab: "Wenn mich jemand belehren kann, so will ich von ihm lernen, und sei er ein kleines Kind. Wenn ich jemanden belehren kann, so will ich es tun, und sei er ein hundertjähriger Greis." 20 Jahre später fühlte sich JôShu dann reif genug, an einem Ort zu bleiben und Schüler anzunehmen.
Mit 60 Jahren Studium kann man sicherlich ein einigermaßen brauchbarer Lehrer werden. Was den "höchsten Lehrmeister" angeht, so sagte Shakyamuni im Paranibbana-Sutta:
{k}"Wahrt euch selber als Leuchte, selber als Zuflucht, ohne andere Zuflucht,
die Lehre als Leuchte, die Lehre als Zuflucht, ohne andere Zuflucht.
Wie aber wahrt der Mönch sich selber als Leuchte, selber als Zuflucht, ohne andere Zuflucht, die Lehre als Leuchte, die Lehre als Zuflucht, ohne andere Zuflucht?
Da wacht der Mönch beim Körper über den Körper, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns;
wacht bei den Gefühlen über die Gefühle, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns;
wacht beim Bewusstsein über das Bewusstsein, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Regehrens und Bekümmerns;
wacht bei den Geistobjekten über die Geistobjekte, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns.
Also wahrt der Mönch sich selber als Leuchte, selber als Zuflucht, ohne andere Zuflucht, die Lehre als Leuchte, die Lehre als Zuflucht, ohne andere Zuflucht. {/k}
Ralf54:
Hallo Werner,
wenn man die "Eitelkeiten von Macht und Einfluss" deutlich ausspricht, hat das noch lange nichts mit "Huldigung" zu tun.
Der Geist, der im Zazen alles eint, kann nicht erkannt werden, weil es weder Erkennenden noch Erkanntes gibt. Aber so oder so - überlassen wir den Geist des Zazen dem Zazen. Du kannst ihn nicht mit Worten in einem Forum hervorkitzeln.
Ralf54:
Hi Anita,
in dem von mir empfohlenen Artikel steht, dass Zen-Nonnen in der Regel unverheiratet bleiben. Wobei heute das Eintrittsalter in ein Kloster häufig über 40 Jahre liegt und die Nonnen oft schon ein Familienleben hatten - also geschieden oder verwitwet sind.
Ralf54:
Hallo Anita,
traditionell dienen Räucherstäbchen dazu, beim Zazen die Zeit zu messen. Wenn man allein sitzt, halte ich das allerdings nicht für so günstig, man starrt sonst dauernd das Stäbchen an ...
Ansonsten werden Stäbchen auf dem Butsudan (dem'Altar') dargebracht. Sie können hilfreich dabei sein, Ablenkungen durch Gerüche zu vermeiden - sie sorgen für einen einheitlichen und anhaltenden 'Hintergrund'. Ähnlich wie das Sitzen vor der Wand optische Ablenkungen vermindert.
Wenn man beim Sitzen Räucherwerk verwendet, sollte man auf gute Qualität achten (die leider auch teuer ist). Das Geld, das man mehr ausgibt, spart man dann dafür bei den Kopfschmerztabletten ... ;-). Von Räucherstäbchen mit Holzkern rate ich generell ab.
Die spezielle Duftnote ist natürlich dem persönlichen Geschmack überlassen. Aber auch ist es ähnlich wie beim Parfüm - die billigen Sorten riechen zwar meist kräftiger, aber nicht unbedingt besser ...
P.S.: Ich persönlich verwende bevorzugt Shirayuki Byakudan, raucharme Sandelholzstäbchen und Juzan Taikunkou, eine Mischung verschiedener Hölzer und Harze. Beides sind lange 'Tempelstäbchen' mit ca. 2 Stunden Brenndauer. Außerdem bei besonderen Gelegenheiten En-mei von Shoyeido, eine Jinkoh(Adlerholz)-Mischung.
Ralf54:
Hallo Anita,
in Japan gibt es für Frauen und Männer getrennte Klöster. Das älteste japanische Zen-Kloster für Frauen ist das Ho'o-Ji, das von Keizan Zenji um 1300 gegründet wurde.
Ralf54:
Hallo kina,
nicht jeder Zen-Übende hält das, was Seung Sahn alles geredet oder geschrieben hat, für das Evangelium. Trotzdem versuche ich mal, auf Deine Fragen einzugehen.
{k}Aber ist es nicht das Universum das diese Polarität hat oder provoziert?{/k}
Hier machst Du zwei Schritte auf einmal. 'Hat' das Universum Polarität oder 'provoziert' es bei Dir eine polare Wahrnehmung? Bei einigem Nachdenken sollte auffallen, dass sich über die Natur des Universums nicht das geringste aussagen lässt - ob es nun 'polar' oder nicht-polar oder sonst irgend etwas ist. Du kannst lediglich etwas über Deine Wahrnehmung aussagen. Du kannst nicht einmal zweifelsfrei eine Aussage darüber treffen, ob diese, Deine spezielle Wahrnehmung so wie sie ist durch etwas 'provoziert' ist. Das ist lediglich eine (allerdings naheliegende) Annahme.
{k}Namen geben Menschen, die Form ist durch die Eigenschaft gegeben.{/k}
Inwiefern ist Form durch Eigenschaft gegeben? Ist nicht Form selbst auch eine Eigenschaft? Dann wäre weiter zu fragen: was ist eine Eigenschaft? Ist 'Eigenschaft' etwas, das einem bestimmten beobachteten Ding zukommt, oder der Beobachtung zukommt oder ist 'Eigenschaft' lediglich etwas, mit dem wir eine Beobachtung mit anderen Beobachtungen in Beziehung setzen?
Nehmen wir z.B. die Eigenschaft 'grün'. Wenn wir von etwas sagen, es sei grün, dann bedeutet dies etwas ausführlicher formuliert, dass dieses Etwas bei uns eine bestimmte Empfindung auslöst. Naturwissenschaftlich gibt es da ein Modell - dieses Etwas erzeugt oder reflektiert Energie einer bestimmten Wellenlänge, die unsere optischen Sinnesorgane so stimuliert, dass sie in unserem Gehirn einen definierten Reiz erzeugen. Dieser Reiz lässt sich so oder ähnlich auch erzeugen, wenn wir das Etwas durch ein anderes Etwas austauschen. Da, wo die erzeugten Reize ausreichend ähnlich sind, fassen wir diese verschiedenen 'Etwas' zu einer Gruppe zusammen, der wir die Eigenschaft 'grün' zuschreiben. Eigenschaften sind nur Namen, mit dem wir bestimmte Beobachtungen, die wir machen, zueinander in Beziehung setzen.
Das oben genannte 'naturwissenschaftliche Modell' ist auch nichts andres, als dass wir bestimmte Beobachtungen mit Namen bezeichnen und gemäß unserer Erfahrung zueinander in Beziehung setzen. Wir treffen damit Aussagen über unsere subjektiven Beobachtungen - wir interpretieren sie und können sie mit Hilfe solcher Modelle bis zu einem gewissen Grad sogar vorhersagen. Aber das sind eben nur Aussagen über unsere subjektiven Beobachtungen, unsere Empfindungen dabei. Wir wissen daher vielleicht, {f}wie{/f} wir empfinden - aber nie, {f}was{/f} wir empfinden.
{k}Deine Defintion von Beschaffenheit, ist undurchsichtig und sagt nichts aus{/k}
Eben weil über 'Beschaffenheit' letztendlich keine gültige Aussage getroffen werden kann. Wenn Seung Sahn allerdings sagt, Alles habe dieselbe Beschaffenheit, dann stellt sich die Frage, woher er das wissen will. Die Kategorie 'Beschaffenheit' ist auf 'Alles', auf das Ungetrennte, Nicht-Geschiedene, gar nicht anwendbar, weil 'Beschaffenheit' nur Sinn macht in Bezug auf Anderes, gleich oder anders beschaffenes. Da flunkert der ehrwürdige Meister ganz gewaltig ...
{k}Son-Sa sagt: (Wenn man sich selbst nicht versteht, dann versteht man die Wahrheit nicht)
Das setzt vorraus das eine Wahrheit gibt, aber irgendwie gibt es die nicht.
Mal davon abgesehen was Wahrheit ist.{/k}
'Wahrheit' ist eine Übereinkunft - ist das, über dessen Gültigkeit möglichst umfassende Einigkeit besteht. Im Buddhismus nennt man dies 'konventionelle Wahrheit'. Es gibt allerdings auch eine 'absolute Wahrheit' - die jedoch den Nachteil hat, dass sie nicht formuliert, nicht ausgesprochen, ja nicht einmal gedacht werden kann. Auch nicht 'verstanden', davon abgesehen - auch hier würde ich Seung Sahn bei allem Respekt nicht zustimmen. Man kann sie allerdings erfahren, und der Weg zu dieser Erfahrung führt über die Erfahrung des Selbst und dessen, was dieses Selbst eigentlich ist.
Das wiederum lässt sich nicht mit Worten übermitteln und nicht diskutieren. Da bietet Zen nur eines an: Hinsetzen und erfahren, {f}was ist{/f} - nicht, was Du wahrnimmst, empfindest, erwartest, glaubst und denkst. Genauer: das, was Du wahrnimmst, empfindest, erwartest, glaubst und denkst so zu erfahren, wie es tatsächlich ist. Bedingt und ohne Substanz. Leer.
Ralf54:
Hallo,
hmm ... was verstehst Du denn unter "Spiritualität" in diesem Zusammenhang? Inwiefern ist tibetischer Buddhismus "spiritueller" als z.B. Zen oder Theravada oder was macht seine besondere Spiritualität Deiner ansicht nach aus? Ich verstehe nicht so ganz, was Du damit sagen willst.
Davon abgesehen - {f}den{/f} tibetischen Buddhismus gibt es ja genau so wenig wie {f}den{/f} japanischen Buddhismus. Da hat Zen vielleicht mehr mit der Nyingmapa-Schule (bzw. Dzogchen-Praxis) zu tun als diese mit den Gelugpa und die wiederum weniger mit den Kagyue als die Kagyue mit Shingon ...
Also anders herum gefragt, um von den Allgemeinplätzen etwas weg zu kommen: was siehst Du für eine Gemeinsamkeit bei den verschiedenen tibetischen Schulen, was also ist für Dich "tibetischer Buddhismus" im Unterschied zu den Traditionen anderer Kulturen. Und was empfindest Du da als besonders "spirituell"?
Ralf54:
Hallo Sundro,
Du hast natürlich recht, die Knie sollten aufliegen. Wenn dies durch die Höhe des Zafu nicht zu regulieren geht, sollte man irgend etwas unter das (oder die) Knie legen.
Ralf54:
Letztes Jahr war ich in Mostar, um mir die gerade wiedereröffnete Brücke über die Neretva anzusehen. Sie war 1993 gesprengt worden. Die umgebende Altstadt hatte etwas von Disneyland - alles sauber und frisch gestrichen, ein wenig unwirklich. In den Gassen immer wieder bewaffnete Patroullien von UN-Soldaten. Franzosen, Spanie, Amis. In den neueren Vierteln der Stadt die Spuren des Krieges immer noch unübersehbar - fast alle größeren öffentlichen Gebäuder leerstehende Ruinen, die Fassaden mit Schußlöchern übersät. Etliche Neubauten, aber bei vielen Privathäusern sind die Fenster immer noch zu drei Vierteln zugemauert - als Schutz vor Heckenschützen, außerdem sind kleine Fenster billiger.
Ein junger Mann, 18 oder 19, zeigt mir die Karadjoz-Beg-Moschee. Besonders stolz ist er auf die Koranschule, die eine der ältesten gedruckten Koranausgaben besitzt. Einige Räume sind abgeteilt, da gibt es eine kleine Polyklinik, in der ein Arzt die Armen des Viertels kostenlos versorgt. Er zeigt mir, wie man sich am Brunnen wäscht, bevor wir die Moscheee betreten. Auch sie wirkt neu, obwohl sie im 16. Jahrhundert erbaut wurde. Die Beseitigung der Kriegsschäden wurde durch Spenden aus Saudi-Arabien ermöglicht. Mein Führer erklärt mir alles genau und dann steigen wir die enge Treppe des Minaretts hoch. Er zeigt mir, wo mitten durch die Stadt die Front verlief und er zeigt mir, wo an den Berghängen die Artilleriestellungen waren, von denen aus in die Stadt gefeuert wurde. Er zeigt mir die Ruine seines Elternhauses. Die Familie brachte sich rechtzeitig in Sicherheit, doch seit über 10 Jahren wohnt die Familie nun bei verschiedenen Verwandten. Es fehlt das Geld zum Wiederaufbau. Keine Familie hier hat nicht wenigstens einen Angehörigen durch den Krieg verloren. Er spricht ohne Hass. Die Leute hier haben ihre Lektion gelernt - Hass kann man sich nicht leisten, das ist nichts für kleine Leute. Auch bei Anderen, mit denen ich in diesen Tagen über den Krieg spreche, spüre ich keinen Hass. Eher Verlegenheit, vielleicht sogar Scham.
Am Abend sitzen wir im Garten eines alten türkischen Hauses. Das Besitzerehepaar hat ein kleines Museum daraus gemacht. Wir trinken Mokka und bewundern einen herrlich blühenden Busch. Zum Abschied schenkt uns der Besitzer eine Handvoll Samen. Dieses Frühjahr sind sie in meinem Garten aufgegangen, nächstes Jahr werden sie blühen - wenn Allah es will.
Ralf54:
Lieber Ji'un Ken,
das ist eine schöne, interessante und nützliche Arbeit, die Ihr da macht.
Meine erste nähere Bekanntschaft mit Muslimen ist schon eine Weile her. Zwei Türken, Brüder, hatten das Haus gekauft, in dem mein mittlerweile verstorbener, schwerbehinderter Schwiegervater wohnte. Natürlich kam dann prompt die Kündigung wegen Eigenbedarf ...
Wir suchten also nach einer neuen Wohnung für meinen Schwiegervater - und beiden Brüder hatten schneller eine gefunden, als ich. Sie ließen es sich nicht nehmen, beim Besichtigungstermin dabei zu sein (schließlich hatten sie den Kontakt ja vermittelt). Die Wohnung war preisgünstig, aber stark renovierungsbedürftig. Spontan boten die beiden an, bei der Renovierung zu helfen. Am festgesetzten Termin brachten sie noch einen Vetter mit - außerdem zwei Flaschen Cognac, um die Cola ein wenig anzureichern. Nun ja, ich habe nicht gefragt, wie sie das mit dem Koran vereinbaren und ich selbst hatte damals die Kai noch nicht abgelegt ... Derweil sorgten die Frauen für Verpflegung, tauschten Rezepte aus und kritisierten unsere Arbeit. Es war eigentlich mehr Party als Arbeit - aber die Wohnung war an einem Wochenende fertig. Tja, das war mein erster 'interreligiöser Arbeitskreis' ... ;-)
Ralf54:
Hallo,
Shakyamuni lehrte den mittleren Weg. Mal von allen philosophischen Spekulationen abgesehen bedeutet 'mittlerer Weg' zunächst einmal ganz einfach eine Mitte zu finden zwischen Askese und Genußsucht. Zazen als zentrale Praxis des mittleren Weges ist also keine Selbstkasteiung und Quälerei, aber eben auch kein gemütliches Genießen.
Zur korrekten Übung gehört die Entfaltung von 'virya' (oder japanisch 'shojin'). Es bedeutet in etwa Eifer, Energie, Hingabe. Dogen sagt sehr drastisch, man müsse Zazen üben wie jemand, dessen Kopf in Flammen steht, dieses Feuer zu löschen wünscht. Aber es gibt auch das Prinzip des Nicht-Verletzens und das gilt für Dich (bzw. Deine Kniegelenke) genauso wie für alle Wesen ...
Es gilt also, die Mitte zu finden. Diese Mitte ist für jeden (auf Grund unterschiedlicher körperlicher Voraussetzungen) zunächst einmal irgendwo anders, daher gibt es da keine allgemeingültigen Ratschläge. Bei anhaltenden(!) Schmerzen in den Kniegelenken jedenfalls hat man offensichtlich die Mitte überschritten. Wenn man sich damit zufrieden gibt, den Rest seines Lebens im Burmesensitz Zazen zu machen, dann macht man (vorausgesetzt, es liegt keine körperliche Behinderung vor) aus Bequemlichkeit nicht ausreichend Gebrauch von den Fähigkeiten seines Körpers, entwickelt sie nicht. Auf neudeutsch heisst das 'suboptimale Performanz' ... ;-).
Meine Empfehlung ist es also, ständig am Lotossitz zu arbeiten - und dabei achtsam und geduldig mit dem eigenen Körper umzugehen. Ich selbst sitze derzeit maximal eine halbe Stunde am Tag im halben Lotos und ich werde eines Tages im vollen Lotos sitzen - vorausgesetzt, ich lebe lange genug ;-). Da mir eine halbe Stunde zu wenig ist, übe ich den Halblotos beim Lesen oder Fernsehen und sitze ansonsten im sog. Burmesensitz. Als ich mit Zazen angefangen habe, konnte ich noch nicht einmal das ... Also - Geduld und Hartnäckigkeit gehören dazu und wenn es ein bißchen kneift auch. Die Bemühung ist wichtig, nicht das Ergebnis ;-).
Ralf54:
Lieber Joshin,
man kann sich schon die Frage stellen, was der Sinn eines solchen Forums sein soll. Ich bin der Ansicht, dass auch ein Zen-Forum eben nur Leute zusammenbringt, die ein partielles gemeinsames Interesse haben. In dieser Hinsicht (also in Hinsicht auf das Forum) ist für mich 'Zen üben' grundsätzlich nichts anderes als einen bestimmten Motorroller einer bestimmten Marke fahren - ich nehme auch an einem solchen Forum teil. Es ist eine Möglichkeit, mich mit Leuten auszutauschen, die dasselbe tun wie ich. Ganz prosaisch. Soziale Kontaktpflege, wie sich Affen gegenseitig lausen.
Interessant für mich ist dabei vor allem zu erfahren, wie andere Menschen ihre Zen-Übung im Alltag umsetzen, auf welche Schwierigkeiten sie stoßen, welche Sichten Sie entwickeln, wie sie konkret handeln. Da ist es für mich persönlich z.B. interessanter, etwas darüber zu erfahren, wie andere Zen-Praktizierende mit Muslimen in unserer Gesellschaft und mit dem Phänomen des religiös inspirierten Terrorismus umgehen, als über den spirituellen Wert oder Unwert des Koran zu reden. Wobei letzteres durchaus etwas über ersteres aussagen kann ...
Ein anderer Punkt ist Hilfe bei praktischen Fragen. So wie ich in meinem Rollerforum fragen kann, welche Rollengewichte am geeignetsten für eine Pollini-Variomatik sind, kann man hier fragen, warum einem beim Sitzen die linke Arschbacke juckt oder was zum Teufel man mit der ganzen Spucke anfängt, die sich beim Zazen im Mund sammelt. Ich muss sagen, dass ich gerade solche Fragen seit geraumer Zeit sehr vermisse. Ich habe den leisen Verdacht, dass das Forum für Menschen, die solche 'Anfängerfragen' haben (und die sind die wichtigsten überhaupt) derzeit etwas abschreckend wirkt.
Ein weiterer Punkt sind die - ich nenne es einmal so - philologischen, die wissenschaftlichen oder pseudo-wissenschaftlichen Fragen. Hier geht es um geschichtliche Aspekte, die schriftliche Überlieferung, ihre Auslegung und Interpretation usw. Ein Bereich, der hier auf kein allzu großes Interesse stößt. Ich kann das verstehen - wenn in meinem Rollerforum die Spezialisten in technische Details z.B. der elektronisch geregelten Kraftstoffeinspritzung einsteigen, verstehe ich nur noch Bahnhof. So sehr, dass ich nicht einmal mehr sinnvolle Fragen stellen kann. Ist auch nicht weiter schlimm - ich muss das ja nicht wissen, um meinen Roller fahren zu können. Aber ich unterstelle den Jungs meinerseits auch nicht, dass sie ihrerseits gar nicht fahren können, weil sie nur Theorie im Kopf haben .... ahem ... musste mal gesagt werden ...
Ein vierter Aspekt, den ich nun überhaupt nicht schätze, ist der Versuch, in diesem Forum öffentlich Dokusan zu geben. Das kann nicht funktionieren. Gleiches gilt für den Versuch, {k}hossen{/k} über das Medium eines solchen Forums auszutragen.
Das Problem vor allem bei dem vierten Aspekt (wenn auch nicht nur da) sehe ich in dem Bild von uns selbst, was wir dabei übermitteln. Zur Teilnahme an einem Forum gehört notwendig auch ein Stück Selbstdarstellung, das ist unausweichlich. Daran ist zunächst einmal noch nichts Nachteiliges - so lange eine solche Darstellung authentisch und vertrauenswürdig ist. Allerdings - wer will oder kann das beurteilen, wie authentisch eine Selbstdarstellung hier ist? Sicher, wir können unsere persönlichen Urteile treffen - aber können wir auch kontrollieren, wie sich diese Urteile auf unsere Teilnahme am Forum auswirken?
Wie weit täuscht der Selbstdarsteller nicht nur Andere, wie weit täuscht er sich selbst? Ersteres kann vielleicht noch (bis zu einer gewissen Ebene) nützlich sein, letzteres ist es mit Sicherheit nicht mehr. Das reine Spiel mit der Selbstdarstellung (oder den Selbstdarstellungen), den Masken, empfinde ich als problematisch und auch etwas frivol. Du siehst, in dieser Hinsicht zähle ich mich selbst auch zu den "Ernsthaften" ;-) ...
Besonders problematisch ist es, wenn es sich um die Maske des 'Erleuchtetn' handelt. Selbst wenn eine solche Selbstdarstellung tatsächlich authentisch ist - liegt nicht eine gewisse Problematik schon darin, dass sie Anderen eine Wettbewerbssituation suggeriert? Es kommt dann zu diesen höchst albernen Auseinandersetzungen, wo im Hintergrund stets unüberhöbar 'ich bin erleuchter als du' die Begleitmusik abgibt. Oh - ich selbst mische da durchaus gerne mit, wenn mir eine Selbstdarstellung einmal besonders misslungen erscheint. Ich packe die Giftspritze aus und rede mir ein, dass es heilsam ist, wenn ich bei der Kneipenschlägerei mitmache. Ja - so habe ich Ho-Kais bitteres Wort von der 'Stammtischmentalität' verstanden - und ich empfinde es teilweise als durchaus berechtigt.
In diesem Sinne wünsche ich mir weniger Niveau. Mehr Bildzeitung und weniger große Oper ;-).
Ralf54:
Lieber Werner,
zu Deinen Anmerkungen:
1. {k}Wer oder was verursachte den (hitzigen)Dialogverlauf?{/k}
Ich möchte das nicht diskutieren - aber es ist immer nützlich, die eigenen Postings mit einem gewissen zeitlichen Abstand nochmals selbstkritisch zu lesen. Vielleicht können Andere aus dem Inhalt dessen, was wir schreiben etwas lernen (schön, wenn es so ist ;-)) - aber aus der Form, wie wir schreiben, können wir selbst etwas lernen, wenn wir uns bemühen.
Ja, Unzan und auch ich haben polarisiert - einen einseitigen Gegenpol zu Deiner Aussage hergestellt. Das impliziert natürlich eine Spannung zwischen Polen - aber wenn wir diese Spannung annehmen, ohne mit Agressivität darauf zu reagieren, dann kann gerade diese Spannung einen Ausgleich herstellen. Wir können dann die Gegensätze integrieren, beide Pole annehmen und kommen damit vielleicht zu einer umfassenderen Sicht.
2. {k}Wer oder was verursacht die Gewaltbereitschaft im Islam?{/k}
Die Ursachen und Bedingungen sind - wie immer - sehr vielschichtig. Form und Inhalt des Koran - die ja selbst in hohem Maße durch geschichtliche und kulturelle Bedingungen bestimmt sind - spielen dabei womöglich noch die geringste Rolle. Die Bereitschaft zu Gewalt liegt in jedem Menschen, der die tiefsten Ursachen leidhafter Existenz durch Wissen und Weisheit noch nicht aufgelöst hat - dessen Handeln und Denken durch Gier und Hass bestimmt ist, durch Anhaftung an den daraus entstehenden Gefühlen und ihren Objekten. Diese Gewaltbereitschaft manifestiert sich in tatsächlicher Gewalt, wenn die entsprechenden Bedingungen gegeben sind. Wenn also die entsprechende ökonomische, soziale und politische Situation geschaffen ist.
Religiöse Texte sind immer {f}auch{/f} Ausdruck einer spezifischen historischen Situation, einer Konstellation von Bedingungen - mal mehr, mal weniger. Auch wenn ihr wesentlicher Gehalt über diese Begrenzungen hinaus geht, 'direkt auf das Herz des Menschen zielt', so kann je nach Verfasser des Textes (Prophet, Religionsstifter usw. ...) das Verhältnis von Weltlichem, von Bedingtem, zur Kernbotschaft sehr unterschiedlich sein. Im Koran haben wir nun einen Text, der sehr stark dadurch bestimmt ist, dass Mohammed nicht nur ein religiöser Denker, sondern auch Staats- und Kriegsmann war. Mohammed hat eine Trennung von staatlichem und religiösem Leben nie in Betracht gezogen, seine religiöse Vision war zugleich auch eine politische.
Dies ist es, was den Islam heute für gewaltbereite Gruppen zu einer Ideologie des Kampfes macht. Er liefert ihnen eine soziale, politische und kulturelle Utopie und gleichzeitig auch eine transzendente Rechtfertigung für deren Durchsetzung. Diese Durchsetzung kann nur gewaltsam sein, weil die Utopie (der islamische Staat) Andersdenkende allenfalls duldet, aber ihnen keine Gleichberechtigung zugestehen kann.
Der Islam ist in eine pluralistische Gesellschaft nur integrierbar, wenn er darauf verzichtet, auch ein politisches Projekt zu sein - darauf, Gesellschaft und Staat zu erobern, um sie im Namen Allahs und seines Propheten zu beherrschen. Wenn er sich also darauf beschränkt, eine Religion wie andere auch zu sein. Aufgrund seiner Geschichte tut sich der Islam schwer damit und die Fundamentalisten sagen nicht ganz zu Unrecht, dass ein solcher 'modernisierter' und modifizierter Islam gar keiner mehr sei - kein 'richtiger' jedenfalls. Glücklicherweise stellen die Fundamentalisten eine Minderheit dar und sie scheinen allmählich an Boden zu verlieren - wenn man etwa die Entwicklung im Iran beobachtet.
3. {k}Wie heißt der Feind gegen den es sich zu verteidigen gilt? Welche Identität hat er?{/k}
Der "Feind" heisst Gier, Hass und Verblendung. Er hat keine Identität - wir können nichts und niemanden damit identifizieren oder jeden und alles. Deswegen gibt es keine Verteidigung und kein Bekämpfen.
Ein Mönch fragte Meister Tozan: "Wie entkommen wir der Hitze, wenn der Sommer kommt und wie der Kälte, wenn der Winter da ist?" Der Meister sprach: "Warum gehst du nicht an den Ort, wo es weder Sommer noch Winter gibt?" Der Mönch fragte: "Wo ist solch ein Ort?" Der Meister antwortete: "Wenn die kalte Jahreszeit kommt, ist man gründlich abgekühlt; wenn der heiße Sommer da ist, vergeht man vor Hitze."
Gasshô,
SoGen
P.S.: 'Gasshô' ist eine unter manchen Zennis übliche (japanische) Grußformel. Bedeutet dasselbe wie Hezhang (chin.), Hapchang (kor.) oder Namasté (sanskr.) - 'zusammengelegte Handflächen'. Mein Name ist Ralf (bürgerlicher Name) oder SoGen (Dharma-Name) ... ;-)
in Regensburg gibt es einen Meditationskreis der "Gemeinschaft für achtsames Leben", die von dem von mir sehr geschätzten Karl Schmied (Ehrenvorsitzender der DBU) in der Tradition von Thich Nhat Hanh geleitet wird. Ihre Webseite ist http://www.gal-bayern.de/gal.html, unter "Meditationskreise" findest Du u.a. die Adresse in Regensburg.
Gasshô,
SoGen