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Imouto:
Umgekehrt wird ein Schuh draus: Oft sind für mich die Äußerungen von Kindern, emotionellen Menschen, "Legasthenikern", "Behinderten" (Behindert ist man nicht, man wird es!) oder anderen scheinbar "schwachen" Menschen, stärker und wahrer als die der Rationalen oder "Mündigen".
Ich empfehle Dir, mal ganz rational den Dokumenatarfilm "Kopfleuchten" ( http://www.tourette.de/kinofilme/kopfleuchten/kopfl2.htm) anzuschauen. Vielleicht bist Du davon ja genauso überrascht und beeindruckt wie ich es damals in all meiner Rationalität war, als ich ihn zum ersten Mal sah.
Man kann nicht mitten in der Nacht als Mülleimer mißbraucht werden, finanzielle Hilfeersuchen fallen in der Regel weg, Anfragen wie "gehstu mit mir ein Bier trinken (oder einkaufen)" sind nicht möglich.
Stimmt nicht ganz: Eine "virtuelle" Freundin schickte mir eines Nachts eine Mail, dass sie sich jetzt von mir verabschieden müsse, da sie aus dem Leben scheiden wolle. Zufall, dass ich nach einer Party nachts um 1/2 2 noch einmal E-Mails holte. Insofern ist der virtuelle Druck solch eines Hilferufs (was es letztendlich war) doch ziemlich hoch.
Und die Frage nach dem gemeinsamen Bier wird ja spätestens dann laut, wenn man sich längere Zeit ausgetauscht hat und der Mailpartner irgendwann mal zufällig in der Nähe zu tun hat.
Ich denke, der Übergang zwischen "virtueller" und "realer" Freundschaft ist ebenso fließend wie der zwischen Freundschaft und Liebe. Zum Problem wird das Ganze m. E. erst, wenn man anfängt, sich überhaupt die Frage zu stellen, wie sich das Verhältnis zu einzelnen Personen gestaltet. Solange ich das nicht hinterfrage und einfach freundschaftlich handle, komme ich klar.
Was hat das ganze mit Zen zu tun? Nur so viel, dass diese Geisteshaltung vielleicht irgendwann die Frage aufwirft, wie man in Freundschaft handelt. Die Antwort - wie immer: Ganz natürlich. Freundschaft ist wieder mal nur so ein Begriff, an dem wir uns jetzt in zahllosen Postings hochziehen können und jeder versteht etwas anderes darunter, hat andere "Kriterien" und andere Vorstellungen, die er mit Freunden, Freunschaft und freundschaftlichem Verhalten in Verbindung bringt.
"Anträge" nach dem Motto "Willst Du mein Freund sein?" erinnern mich an die Briefchen aus der Grunschulzeit ("Willst Du mit mir gehen?") und wirken auf mich eher lächerlich. Entweder ich bin jemandes Freund oder ich bin halt "nur" Bekannter, Gesprächs-/Diskussionspartner,...
Ich wusste irgend etwas ist nicht richtig, mir ging das Ding einfach nicht aus dem Kopf und dann fiel mir entlich die Schuppen aus den Augen.
Ich erzähle die Geschichte einfach noch einmal.
Ein alter Mann steigt mit einem schweren Sack auf dem Rücken, denn er ging lagsam und gebeugt, von einem Berg herunter. Er blieb stehen und stellte den Sack ab, richtete sich auf und holte einen Tiefen Atemzug. Ein Lächeln umspielte seine Lippen als er so dastand. Dann nahm er den Sack wieder auf seinen Rücken und ging seinen Weg.
Ein jüngerer Mann, der schon lange Die Wahrheit suchte, den er trug die Dinge der Mönche mit sich,
stieg einen Bergweg hoch. Denn er glaubte das er in der Einsamkeit des Berges sein Ziel erreichen würde. Er blieb stehen und sah sich um. "Bitte, oh Herr", sagte er, "sag mir, was Erleuchtung bedeutet". Er lächelte nach kurzer Zeit auf und sagte:"Aha, ich verstehe!! Aber was kommt nach der Erleuchtung ?" Er richtete seinen Blick auf sein Ziel, die Spitze des Berges und machte sich weiter auf diesen Beschwerlichen Weg.
liebe Grüsse
Helmut
Imouto:
Das sage ich. Richtig. Danach hattest Du doch gefragt, oder? ;-)
Was nützt Dir Verzicht, wenn Du voller Gier bist und unter dem Verzicht leidest? Vielleicht schaffst Du es Deine Gier zu erkennen, wenn Du genug gelitten hast. Vielleicht fällt es Dir leichter, zu verzichten, wenn Du Deine Gier erkannt hast. Vielleicht hilft Dir aber auch der Überdruss, wenn Du alles bekommen hast, was Du wolltest, und Du irgendwann feststellst, dass Dich noch mehr davon auch nicht glücklicher macht.
Was Buddha gesagt hat, sind Empfehlungen, keine Verbote. (Zumindest verstehe ich das so.) Es kann Dir helfen, wenn Du diesen Empfehlungen folgst. Es genauso helfen, wenn Du diesen Empfehlungen nicht folgst, weil Du der Meinung bist, dass Dein eigener Weg ein anderer ist. Anders als in der euröpäischen Schulmathematik gibt es für die "Erleuchtung" nämlich keine "richtige" Musterlösung. ;-)
Buddha hat seine Schüler immer ermutigt, sich selbst Gedanken zu machen, ihren eigenen Weg zu finden. Es ist auch eine Form von Anhaftung, wenn man meint, bestimmte Verhaltensweisen seien so vorgeschireben und nur so gelinge etwas.
Falls Du Hermann Hesses "Siddharta" noch nicht gelesen haben solltest: Dort findest Du ein excellentes Beispiel für eine mögliche Antwort auf Deine Frage.
f6:
Ja, das sagst Du.
Das sagt aber nicht der Buddha.
Zumindestens habe ich noch keine Stelle in den Sutras gefunden wo er sinngemäss sagt: 'Wenn Du das Bedürfnis hast, Dich auszutoben, dann tu' das mit ganzem Herzen.'
Es gibt aber dutzende Stelle wo er sagt: 'Du sollst Deine Sinne bewachen und die Wünsche loslassen. Du sollst sinnliche Freuden meiden, z.B. Nahrung nicht zum Genuss, sondern aus Gründen des Erhalts des Körpers einnehmen.'
Es gibt schliesslich auch Gebote in denen Buddha das 'verbietet' oder zumindest davon abrät, was er selber früher praktiziert hat.
Imouto:
Weder noch. Es spricht dch nichts gegen Vergnügungen, wenn man sie mit Hingabe erlebt. Was bedenklicher ist, ist der bloße Konsum bis zum Überdruss, die Gier nach immer mehr davon.
Wenn Du das Bedürfnis hast, Dich auszutoben, dann tu' das mit ganzem Herzen. Und wenn Du davon genug hast, dann ist der Verzicht auch keiner mehr, weil Du nichts entbehrst. Selbstkasteiung ist kontraproduktiv, solange Du das Gefühl hast, etwas zu verpassen.
Imouto:
Wie leider allzu häufig, wurde auch bei dem zitierten Abschnitt "das große Ganze" aus den Augen verloren: Der Artikel ist nämlich noch länger! Und wie ich finde, im Grunde gar nicht mal schlecht.
Der Verfasser nimmt darin ganz explizit einen kritischen und distanzierten Standpunkt zu den hier bereits abgeurteilten "New Age"-Praktiken ein und geht im Kontext des Artikels eher marginal auf Zen ein. Warum die beschriebenen Zustände als "Zenkrankheit" bezeichnet werden, geht aus dem Text allerdings leider kaum hervor.
Aber spekulieren wir mal: Man könnte annehmen, daß die Kenntnis über diese "Fehlentwicklungen auf dem spirituellen Weg" einfach in der Zen-Praxis schon am längsten bekannt sind, da die meisten derart dokumentierten spirituellen Pfade (insbesondere die, die sich auf Meditation stützen) sich historisch erst viel später entwickelt haben und auch nicht mit dieser fast schon wissenschaftlichen Präzision gelehrt werden.
Bevor sich hier also alle zutiefst missverstanden fühlen, sollte der Einzelne doch mal versuchen, einen möglichst vollständigen Überblick über den (Kon-)Text zu bekommen. Es ist wohl ziemlich unnötig, sich ohne Kenntnis der Gesamtaussage des Textes über diesen (von anderen) selektierten Ausschnitt der Wirklichkeit ereifern. Trifft im übrigen auf das ganze Leben zu und ist eine schöne Zen-Übung. Daher vielen Dank über den letzten Satz in der Mail von oma_lacht. ;-)
HelmutLange:
Hallo Imouto
Ich beziehe das nicht nur auf den Tod.
Der Tod ist aber das Elementarste auf das sich ein Mensch hinbewegt. Dieses Hinbewegen soll in voller Hingabe an das Leben, ohne Zweifel, geschehen. Nur dann kann er den Tod als zum Leben gehörend, als Leben erleben. Der letzte Augenblick im vollen Leben ganz und gar im hier und jetzt absolut Frei. Das stralende Ende eines Lebens ohne je zu wissen wann, aber dann wirklich Jetzt Sein. Zufrieden nicht Bedauernd.
liebe Grüsse
Helmut
Bruder-Ho:
Nicht Erleuchtete schleppen aber nicht das Gebiß ihrer verstorbenen Großmutter mit sich herum, sie haben ihr Säckl bewußt gepackt für den vor ihnen liegenden Weg.
Andreas
Imouto:
Besser hätte ich es auch nicht erklären können. Meine kurze Antwort unter Re[1] zielte genau darauf ab, dass die Dinge im Sack im Grunde Nichts wert sind.
Dennoch würden sie den "Nicht-Erleuchteten" plagen und ihm Beschweden bereiten. Der Lernende GLAUBT daran, dass etwas Schweres im Sack ist, das unbedingt ins Tal gebracht werden muss, bevor der Träger Erleichterung erfahren kann. Der Erleuchtete weiß hingegen, dass er den Sack jederzeit abstellen und eine Pause machen kann. Er weiß das, weil er erfahren hat, dass alles, was ihn mit der schweren Last in seinem Sack verbindet sein eigener Glaube an die Schwere und die Verpflichtung ihn ins Tal bringen zu müssen ist. Und so stellt er ihn ab und nimmt ihn wieder auf.
Ich würde die Konsequenz aus dem Ablegen des Sacks übrigens nicht nur auf den Tod beziehen. Er ist genauso jederzeit bereit zu Leben und AUS FREIEM WILLEN die Dinge zu tun die getan werden müssen (nämlich den Sack wieder aufnehmen und weiter gehen).
PengLai:
Hallo Farbfleck,
Der alte Mann hat doch nur den Sack abgestellt, was ihm offenbar Erleichterung gebracht hat und ist anschließend weitergewandert.
Es ist vollkommen egal, was in dem Sack war.
Wenn Du, bei diesem warmen Sommerwetter einen schweren Koffer trägst und zwischendurch eine Pause machst und ihn absetzt, hat das dann eine tiefere Bedeutung? Und ist der Inhalt des Koffers so wichtig?
HelmutLange:
Hallo Farbfleck
Hier ist auch eine mögliche Antwort:
In dem Sack sind alle Vorstellungen, Meinungen, Weissheiten und Verwicklungen des alten Mannes.
Erleuchtung ist wenn er alles ausser sein Ich-Sein ablegt. Dann nimmt er den Sack wieder auf und geht seiner Wege, den auch wenn er Erleuchtet ist(Sack ablegen) lebt er weiter in der Welt der Menschen. Das er seine "Dinge" in einen Sack legt ist ein Zeichen dafür das er Erleuchtet ist, denn der junge Mann trägt diese Dinge in sich mit sich herum und er ist noch nicht bereit erleuchtet zu werden. Er muss sich einen Sack nehmen und nach und nach mit jeder Erkenntnis seine "Dinge" hineinlegen und sie Tragen. Das geht bis er alles ausser seinem reinem Sein in diesem Sack hat, Jetzt leben er und ist jeder Zeit breit zum Sterben.
Der Tod kann ihm nichts anhaben denn er bracht nur den Sack los zu lassen und er ist Frei. Für ihn gibt es kein Bedauern und keine Trauer.
liebe Grüsse
Helmut
Farbfleck:
Die Antwort ist, glaube ich, von einem auf rätselhafte Weise programmierten Intellekt
konstruiert worden.
Aber ZEN Geschichten sind in der Regel sehr
viel weltbezogener, zweitens sind sie
niemals leicht oder gar trivial zu nehmen.
Weltbezogen - d.h. die Geschichte könnte sich
so im realen Leben tatsächlich abgespielt haben.
Der Alte ist ein Weiser, der mit einem schwerem
Rucksack vom Gebirge zurück kommt. Von nichts
wird der Rucksack nicht so schwer, und daß der
Rucksack selbst so schwer ist, das vertrüge sich
wieder nicht mit Weisheit. Und was soll er enthalten ? Etwa Steine als Mitbringsel für die Oma ? Oder Gold und Edelsteine für die reichen Puppen ? Gewiß nicht. Der Alte hat in den Bergen Heilkräuter gesammelt. Er nützt damit konkret
dem Leben.
Und nun kommt die Nichttrivialität bei der
Geschichte, als der Bursche ihn fragte
was Erleuchtung ist. Der alte setzt den
Sack ab: "Sieh her - ich bin nicht
verpflichtet, dem Leben zu dienen !".
Wenn er also den Sack liegen lässt, dann
müssen vielleicht Menschen sterben !!
Aber es weiß ja niemand, was der alte
da oben gemacht hat, kein Arm des Gesetzes
hätte sein Gepäck kontrollieren und ihm
befehlen können: "Weitertragen !".
Weiterhin glaube ich daß hier Buddhistische
Elemente ins Spiel kommen, ZEN ist ja auf
diesem gar nicht zu verachtenden Mist
gewachsen. Der Buddhismus behauptet, alle
Welt ist vergänglich ! Da alles vergänglich
ist, ist das Leben im Makromaßstab das gleiche,
als wenn Kinder am Strand Sandburgen bauen,
die morgen wieder eingefallen sind. In dieser
Stimmung war der alte, denn das ist
Erleuchtung, wenn das ganze Leben als eine
Sandburg gesehen werden kann ! In dieser
Stimmung war er, als er da oben auf den
Bergen die Kräuter sammelte.
Nichtzuletzt sind ZEN-Geschichten dadurch
charakterisiert, daß sie ganz bestimmte Spuren
im Geist des sie Wahrnehmenden hinterlassen,
den ZEN ist ja nicht irgendeine flache Unterhaltung sondern Medizin für die Seele !
Wenn ich also das Bild von dem jugendlich fitten,
weisen, in freiheit handelnden Alten in meinem Geist verwurzele, dann habe ich nämlich ein
sehr viel wohleres Lebensgefühl !!
Ich persönlich habe da schon ganz ganz andere Dinge erlebt, die mit dem Alter zu tun haben !
Da war Trauer, Angst, Krankheit und senile Hilflosigkeit, die vollkommene Abwesenheit von Weisheit oder gar irgendeine Art von Erhabenheit
über das Leben ! Da wurden auch noch die ebenfalls nicht mit Weisheit beimpften
Verwandten psychisch mitgerissen, einer davon
hat anschließend den Freitod gewählt. Diese
Leben haben Krankheitsspuren in den Seelen hinterlassen und nicht zuletzt auch in meiner,
folglich suche ich nach der Medizin !
Der Alte, von dem in dieser Geschichte die
Rede ist hinterlässt keine Krankheitsspuren,
denn das Leben hat ihn und nicht das Alter.
schrieb Dante in der "göttlichen Komödie" über den Eingang der Hölle.
Er wußte wohl schon warum.