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Ralf54:
Hallo Ken,
ich mag mich nicht länger mit Dir über Masefield streiten, sonst müsste ich das Buch doch noch lesen :-). Im Ernst, was Du da schreibst, macht mehr Sinn, als das, was ich aus dem Interview herausgelesen habe - und es macht deutlich, warum Masefield bei den Theravadins so umstritten ist. Das ist in der Tat ein - nun ja, ich nenne es mal 'mahayanischer' Ansatz (auch wenn Masefield dies wohl bestreiten würde); jedenfalls eine sehr ungewöhnliche Interpretation, und womöglich ein Hinweis darauf, dass das Mahayana doch 'orthodoxer' war/ist, als gemeinhin angenommen - das hatte ich in meinem letzten Posting schon angedeutet.
'Parato ghoso' ist ein für mich neues Konzept, ich werde mich eingehend damit beschäftigen müssen. Generell habe ich mit einer solchen Sicht des Buddhismus ein Problem, das von meiner persönlichen 'Rezeptionsgeschichte', von meinem Zugang zum Dharma herrührt. Es ist die Gewichtsverschiebung von einer rationalen, philosophischen Lehre hin zu einer Religion, womöglich sogar einer Gnadenreligion. Andererseits, wo liegt der Unterschied zwischen Gnade und karmischem Zufall?
Nachdenklich,
Ralf
wohl wissend, dass wir wieder mal "heißes" Gebiet betreten, versuche ich mich knapp und deutlich zu halten... :-)
Rechte Sicht, auf die ich mich im folgenden beschränke, ist nach Masefields Lesung des Pali Kanon unter anderem mit folgenden Faktoren verbunden:
- sie ist überweltlich
- Einsicht in die Vier Wahrheiten
- mit rechter panna (Weisheit) das Entstehen und Vergehen der Welt zu sehen, so wie sie wirklich ist
- beim wahren Dhamma angekommen zu sein; das wahre Dhamma zu sehen
- Nibbana zu sehen
- an der Tür zum Todlosen angekommen zu sein
- das Dhamma-Auge erlangt zu haben, und damit Einsicht in den Dhamma
- das Dhamma-Ohr erlangt zu haben
- usw.
Hat man erstmal Rechte Sicht , benutzt man die übrigen Schritte des achtfachen Pfades, um die Einsicht zu vertiefen. Die Pali-Quellen verlieren jedoch laut Masefield kaum ein Wort darüber, wie man zu Rechter Sicht kommt. Das mag darin liegen, dass die Lehrreden des Buddha hauptsächlich an ariyasavakas ("den Dhamma Hörende") gerichtet waren, die bereits Rechte Sicht hatten. Sie mußten sie also nicht mehr bekommen. Es gibt jedoch eine Stelle, nach der zwei Bedingungen zu Rechter Sicht führen: parato ghoso und weise Aufmerksamkeit (M i 294; A i 87). Parato ghoso ist der Klang des Todlosen, der mit Hilfe des Dhamma-Ohr gehört wird. Im Kontext von Rechter Sicht bedeutet es: "das wohltuende Dhamma hörend" (MA ii 346). Worauf wird hier angespielt? Offenbar heißt es schon im Pali Kanon (wie auch später etwa im Lotus Sutra), der Buddha setzt das Rad des Dhamma in Bewegung, in dem er seinen Löwenschrei losläßt (M i 71 etc.). Und einmal sagt er:
"Ich gehe zur Stadt der Kasis, um das Rad des Dhamma in Bewegung zu setzen, indem ich die Trommel des Todlosen schlage, in einer Welt, die blind geworden ist." (M i 171 = Vin i 8).
Zu Rechter Sicht kommt man demzufolge nur, wenn man Gelegenheit hat, den "Klang des Todlosen" zu hören. Zur Zeit jemandes wie des Buddha war das relativ einfach, aufgrund seiner Gegenwart, oder auch der der ariyasavakas - der Hörenden. Doch selbst dann war Rechte Sicht nicht gewährleistet. Da gibt es die Geschichte des Suppabuddha, des Leprakranken, der durch glückliches Hören einer Lehrrede des Buddha Rechte Sicht erfuhr. Was war mit all den anderen Zuhörenden? Warum erfuhren sie keine Rechte Sicht? Sie konnten zwar die Worte des Buddha hören, aber nicht das "parato ghoso". Sind die Vier Wahrheiten denn so schwer zu sehen? Offenbar schon. Bei all dem zweifle ich jedoch nicht daran, dass trotz des Lärms unserer Zeit der "Klang des Todlosen" immer noch leise, aber deutlich zu hören ist, für diejenigen, die in der Lage und willens sind, ihm zu lauschen. Sonst würde Religion in der Tat wenig Sinn machen. Nur: wir können es nicht erzwingen. Wir können nur unser Bestes geben - und auf günstige Umstände hoffen. Oder wie es im Christentum heißt: "dein (tja, wessen?) Wille geschehe."
Ralf54:
Hallo Markus,
ich bezweifle keineswegs die Vorteile des Lotossitzes, von "unnütz" habe ich nirgends gesprochen. Ich möchte nur diese unbestrittenen Vorteile etwas relativieren. Es soll ja Leute geben, die machen daraus einen Fetisch nach dem Motto: kein Lotossitz - keine Erleuchtung. Was die Vorteile angeht - das mit der grösseren Stabilität hatte ich ja ebenfalls angesprochen. Das mit den Meridianen - entschuldige - halte ich persönlich für einen Mythos. Das mit den Blockaden, von denen Du sprichst, kann ich mangels eigener Erfahrungen mit dem Lotossitz nicht beurteilen.
Du schreibst, "der Körper gewöhnt sich langsam daran wenn man geduldig ist". Fakt ist, dass es eine Menge Leute gibt, die einfach physisch nicht in der Lage sind und es nie sein werden, über einen längeren Zeitraum (sagen wir, länger als 5 Minuten) schmerzfrei in der Lotosposition zu sitzen. Davon dürften z. B. die meisten über 35 betrofffen sein, die nicht schon seit längerer Zeit die Beweglichkeit ihrer Gelenke trainiert haben. Zwar lassen sich Muskeln und bis zu einem gewissen Grade sogar Sehnen und Bänder durch wiederholte Reize (Training) in jedem Alter dauerhaft dehnen, aber bei Gelenken ist der Bewegungsspielraum ab einem gewissen Alter nicht mehr veränderbar, da knorpelige Substanz zunehmend durch Knochensubstanz ersetzt wird (Ossifikation). Es ist dieses "Knochenalter", das z.B. bei Skeletten eine Altersbestimmung ermöglicht. Ein längeres Belasten der Gelenke bis an ihre Grenze bewirkt dann keine Anpassung der Gelenkknochen mehr, sondern nur noch Schmerzen und schliesslich bleibende Schäden (Schädigung der Gelenkkapsel). Hier gilt also: was Hänschen nicht gelernt hat, lernt Hans nicht mehr....
Und wir haben bislang nur über eine normale Alterserscheinung gesprochen, nicht über physische Probleme, die durch Verschleiss oder durch pathologische Veränderungen (z.B. der Wirbelsäule) bewirkt werden.
Du sagst "ich denke die Haltung ist doch immer 'anzustreben' sofern es eben möglich ist". Das denke ich auch - die Unannehmlichkeiten, die man dafür in Kauf nehmen muss, sind eine gute Schulung in Geduld und Selbstdisziplin (ohne die man - nebenbei - auch Seiza nicht 'lernen' kann). Aber man muss sich einen realistischen Blick für das, was "eben möglich ist" bewahren. Zazen ist schliesslich kein Masochismus.
Gruss,
Ralf
Markus--:
Hi Ralf,
ich bin zwar auch der Meinung das sich niemand in eine Stellung zwingen sollte aber die Vorteile der vollen Lotushaltung wenn man in dieser korrekt sitzt dürften wohl nicht gerade "unnütz" sein. Ich lerne derzeit langsam die volle Lotushaltung und Tag für Tag geht's eben eine Minute länger mit dem sitzen, sobald Schmerzen auftauchen bzw diese wirklich stark werden höre ich natürlich auf damit aber der Körper gewöhnt sich langsam daran wenn man geduldig ist.
Und ich finde das man in dieser Haltung die übrigen wichtigen Aspekte der Zazen-Haltung wesentlich leichter und vor allem viel stabiler einnehmen kann als in jeder anderen. Abgesehen davon habe ich das Gefühl das in dieser Haltung gewisse Blockaden, zumindest bei mir aufgehoben werden und mein Sitzen so merklich anders auch konzentrierter und "offener" ist wie in einer anderen Haltung. Das kann natürlich auch von Mensch zu Mensch variieren aber ich denke die Haltung ist doch immer "anzustreben" sofern es eben möglich ist...unter anderem ist ja auch bekannt das durch den Druck auf die Oberschenkel gewissen Meridiane gedrückt werden die sehr förderlich sind für längeres Sitzen.
Auch die Yogis haben diese Haltung immer allen anderen (wenn auch ohne Kissen) vorgezogen und das hat sicher seine Gründe.
Aber es muss natürlich ohne "zwang" geschehen, als ich das erste Mal in Zazen unterwiesen wurde in einem Soto-Dojo hatte ich leider nur die Wahl zwischen halbem und vollem Lotus und naja im halben zu sitzen war damals für mich wirklich qualvoll da ich nichtmal beide Knie auf den Boden brachte...das kann natürlich auch nicht Sinn der Sache sein ;)
Ralf54:
Hallo Ken,
danke für den Hinweis auf das Mahaparinibanna Sutta, das mE Masefields Thesen noch deutlicher widerspricht als das Kalama Sutta - mir war die Fundstelle nicht präsent. Vielleicht sollte ich auch nicht von Masefields Thesen sprechen bzw. "dass Masefield auf diese radikale Aussage hinauswollte", er selbst sagt ja nur, dass verschiedene Stellen im Pali-Kanon bei richtiger Übersetzung darauf hindeuten, dass die ursprüngliche Auffassung von Rechter Sicht (und einigen anderen Dingen) sich von späteren bzw. heutigen unterschied. Dass dies zu Widersprüchen im Sutta-Pitaka führt, wird von ihm nicht gesehen oder ist für ihn (zu Recht) kein Argument für eine verfälschende Übersetzung.
Nur spärlich belegt (zumindest in dem Interview) ist seine Auffassung vom achtfachen Pfad als einem Stufenmodell, einer 'Schritt-für-Schritt-Gebrauchsanweisung'. Er argumentiert lediglich damit, dass im gesamten Sutta-Pitaka die Reihenfolge stets die gleiche ist - für mich kein zwingendes Argument. Für mich (und das ist wohl auch die allgemein gängige Auffassung) ist der achtfache Pfad ein "ganzheitliches" Modell, dessen Aspekte einander ergänzen und bedingen. Seine ganze Argumentation von einer initiierenden Erleuchtungserfahrung als notwendige Vorraussetzung für den buddhistischen Heilsweg baut auf diesem schwachen Fundament auf - und (schon etwas einleuchtender) darauf, dass im Sutta-Pitaka keine unterschiedlichen Grade Rechter Sicht erwähnt werden.
Deinem Hinweis auf den Dharmakaya als Quelle Rechter Sicht kann und will ich (natürlich) nicht widersprechen - das Mahayana hat mit Konzepten wie dem der 'ursprünglichen Erleuchtung' oder dem 'Tathagata-garbha' gerade für das Problem, wie Rechte Sicht möglich ist, plausible Erklärungsansätze gefunden. Masefield jedoch argumentiert im Hinayana-Kontext, wo es keine Trikaya-Lehre gibt. Vielleicht kann man Masefields 'Entdeckungen' so auffassen, dass es in der ursprünglichen Lehre logische Brüche gab, die von Sthaviras und Mahasanghikas (und ihren jeweiligen Nachfolgern) unterschiedlich 'geheilt' wurden.
Einleuchtender scheint zunächst seine Definition von 'ariyasavaka' und 'puthujjana'. Trotzdem möchte ich diese Unterscheidung (die Einen haben's, die Anderen eben nicht) nicht nachvollziehen - auch hier sehe ich nur graduelle Unterschiede. Nach meiner Auffassung von Dharma ist jedes fühlende Wesen auf seine Weise auf dem achtfachen Pfad unterwegs - wenn auch auf unterschiedlichen Wegabschnitten und in verschiedenen Richtungen. Intellektuelle Rechte Sicht ist für mich nicht mehr und nicht weniger als eine undeutliche sprituelle Rechte Sicht.
Gruss,
Ralf
Ralf54:
Hallo Daniel,
der Lotossitz und ähnliche Formen belasten die Kniegelenke quer zur natürlichen Bewegungsrichtung des Gelenks und sind daher gesundheitlich in jedem Fall problematisch. Die Frage ist, ob Deine Knieprobleme auch beim "normalen" knien auftauchen, also auch bei Belastung in der natürlichen Bewegungsrichtung. Ist dies nicht der Fall, wäre der Kniesitz (Seiza) mit oder ohne Bänkchen anzuraten. Im Zweifelsfall frag Deinen Orthopäden.
Ansonsten bleibt noch der Hocker oder Stuhl, wie von den Anderen hier schon vorgeschlagen. Achte dabei darauf, dass der Hocker oder Stuhl so hoch ist, dass die Oberschenkel beim Sitzen leicht (!) abfallen. Evt. mit Kissen oder Decke die Höhe des Sitzes variieren. Sitze nur auf dem Gesäss, nicht auf den Oberschenkeln. Die Unterschenkel gehen senkrecht nach unten, die Füsse werden mit der gesamten Fusssohle aufgesetzt. Beine und Füsse sind parallel, also die Knie leicht geöffnet. Die Haltung des Oberkörpers und der Hände ist wie bei den anderen Positionen; die Lehne wird nicht benutzt.
Der Unterschied zwischen Lotossitz, Seiza und "Thronsitz" liegt in der (subjektiv empfundenen) Stabilität der Position (von esoterischeren Erklärungen einmal abgesehen). Die Unterschiede sind mE gering genug, dass sich eine übertriebene Quälerei nicht lohnt - zumindest, wenn sie nicht dazu führt, die Position zu 'erlernen', so dass sie eines Tages mühelos eingenommen werden kann. Was nützt der schönste Lotossitz, wenn er nur auf Kosten der Konzentration durchgehalten werden kann ...
In diesem Zusammenhang eine kleine Geschichte (nicht zur Nachahmung empfohlen). Ein chinesischer C'han-Meister, dessen Name mir leider nicht mehr einfallen will, konnte wegen eines steifen Beines nicht im Lotossitz sitzen. Als er seinen Tod herannahen fühlte, brach er sich das Bein, um wenigstens im Lotossitz sterben zu können ....
Auffällig sind zwei Dinge: der Mann wurde Meister, ohne je im Lotossitz gesessen zu haben, und er ruinierte sich sein Bein für den Lotossitz erst dann, als er es nicht mehr brauchte.
Gruss,
Ralf
Ralf54:
Hallo Gernot,
gut beobachtet. Je weniger es zu sagen gibt, um so mehr Worte werden gemacht (und hier die meisten von mir:-)). Die "Überlieferung ausserhalb der Schriften" hat nicht umsonst unter allen buddhistischen Schulen wohl das meiste Papier verschwendet ...
Nun ja, was tun? Das Einfachste. Das Offensichtliche nicht übersehen. Dann ist es überflüssig, sich um Erlangen und Verlieren zu kümmern.
Gruss,
Ralf
danke für Deine Antwort. Dafür, dass die Dinge der Wahrnehmung und das Denken sowie der Denker und das Bedachte leer bzw. substanzlos und eins sind, ist hier allerdings eine Menge los :-)
Was mich aufmerken liess, ist der Grundgedanke, dass man sich zu etwas hinwenden oder einen anderen Blick gewinnen muss, um zu erkennen. Wenn obiges stimmen sollte, - was willst Du tun um Buddhaschaft zu erlangen und wie willst Du Buddhaschaft verlieren.? Grüsse, Gernot
Ralf54:
P.S.: habe gerade erfahren, dass es seit 1999 auch eine deutsche Ausgabe von What is Enlightenment gibt. Auch das Interview mit Masefield ist auf deutsch zu haben: http://www.wie.org/deutsch/J3/mase.html
Gruss,
Ralf
Ralf54:
Hallo Gernot,
keine "andere Erfahrungsqualität" - nicht andere Erfahrung, sondern anderes Denken. Nicht andere Qualität, sondern Nicht-Qualität. Natürlich "liegt hinter den Dingen der Wahrnehmung oder dem Denken" keine besondere Ebene, kein "Ding an sich" hinter den Dingen. Nur - die Dinge der Wahrnehmung und das Denken sind leer und sie sind eins.
Gruss,
Ralf
Ralf54:
Hallo Daniel,
Wu-nien ist ein Begriff, der vermutlich auf Hui-Neng zurückgeht. Wu-hsin hingegen ist ein Ausdruck, der in älteren (Bodhidharma zugeschriebenen) Schriften auftaucht. Ein Unterschied besteht da wohl nicht, allenfalls eine unterschiedliche Herangehensweise an das, was Wu-nien und Wu-hsin bezeichnen.
Gruss,
Ralf
Ralf54:
Hallo Ken,
Du schreibst: "dass Prajna eine Art Potential ist; man kann es nicht erlangen, man kann nur mit ihm in Einklang kommen und mit ihm eins werden." So formuliert, bin ich durchaus damit einverstanden. Dabei verstehe ich dies "in Einklang kommen" - wie gesagt - als einen allmählichen Prozess, der in Kombination mit speziellen Techniken geistiger Übung in ein plötzliches Erwachen/Einswerden umschlagen kann. Das "in Einklang kommen" mit Prajna ist der gemeinsame Faktor von "plötzlicher" und "allmählicher" Erleuchtung - die Crux des buddhistischen Weges (nicht nur des Zen-Wegs).
Peter Masefields Auffassung von Samma Ditthi ist - nun ja, originell. Ich kenne sein Buch nicht, habe jedoch das Interview mit ihm in "What is Enlightenment?" aufmerksam und interessiert gelesen. Wer's nachlesen mag und sich durch Englisch nicht abschrecken lässt, findet das Interview hier: http://www.wie.org/j14/mase.asp
Ob seine Interpretation philologisch gerechtfertigt ist, kann ich nicht beurteilen. Die ganze Argumentation erscheint mir allerdings doch recht merkwürdig. Wenn ich sie einmal polemisch verkürzt zusammenfasse (so wie ich sie verstanden habe):
1. Rechte Sicht ist die erste Stufe auf dem achtfachen Pfad, die Stufen bauen auf einander auf
2. Rechte Sicht ist "die Dinge sehen wie sie sind" (also eine -zumindest seichte- Erleuchtungserfahrung)
3. Nur der historische Buddha konnte zu rechter Sicht führen, nicht einmal seine erleuchteten Schüler waren dazu in der Lage
4. Folglich gibt es seit dem Aussterben der direkten Schüler Shakyamunis niemanden mehr, der rechte Sicht hatte oder hat und auch niemand, der den achtfachen Pfad "richtig" geht, weil ihn ohne rechte Sicht keiner richtig verstehen kann. Niemanden, der Erleuchtung erfahren hat, nur puthujjanas ....
Dass in eine solche Auffassung z.B. das Kalama-Sutta nicht passt, ist klar. Unklar bleibt auch, wie Shakyamuni (der ja von sich selbst behauptete, ein gewöhnlicher Mensch zu sein) selbst zu rechter Sicht gelangte, warum nur er Anderen rechte Sicht vermitteln konnte und wie er das angestellt hat. Ob das wirklich so im Pali-Kanon steht? Na, da kommen wir wohl zu spät und müssen eben noch ein paar tausend Jahre auf Maitreya warten ....
Gruss,
Ralf
wenn dieser Geisteszustand im Nicht-Gedanken sich durch eine andere Erfahrungsqualität im Vergleich zum "normalen" Denken auszeichnet, ist das nicht sehr dualistisch oder habe ich das falsch bzw. unvollständig verstanden? Liegt hinter den Dingen der Wahrnehmung oder dem Denken wirklich eine besondere bzw. gesonderte Ebene? Vielleicht ist das gerade so schwierig, die Dinge so zu sehen, d.h. SEIN zu lassen, wie sie sind. Der Himmel ist blau - einfach so. Denken ist Denken. Wenn ich traurig bin, weine ich. Herzliche Grüße, Gernot.
harrymcmartin:
Genau das. Das ist das, was das Handeln (und Denken) im Buddhageist als nicht unterscheidendes Denken vom profanen Denken - so will ich es einmal nennen - unterscheidet.
Grüße Heinz
grundsätzlich bin ich mit dir einer Meinung. Ich glaube jedoch, dass Prajna eine Art Potential ist; man kann es nicht erlangen, man kann nur mit ihm in Einklang kommen und mit ihm eins werden.
Im esoterischen Buddhismus (ähnlich wie im Taoismus) ist die Rede von der Kultivierung der Chakren, die drei "Reichen" zugeordnet sind: Begierde, Form und Nicht-Form. Die entsprechenden Chakren sind: Wurzel-Chakra, Nabel-Chakra / Herz-Chakra, Hals-Chakra und Brauen-Chakra / Kronen-Chakra, Brahma-Chakra.
Die spirituelle Praxis findet wie gesagt statt in den Bereichen Sila (<=>Begierde), Dhyana (<=>Form) und Prajna (<=>Nicht-Form), die voneinander abhängen. Je mehr wir in der Praxis fortschreiten, desto mehr öffnen sich die betreffenden Chakren. Dann kommen wir etwa auch mit Prajna in Einklang.
Der Zusammenhang zwischen tatsächlicher Praxis, den Chakren und spiritueller Entwicklung war mir bis vor kurzem auch noch nicht recht klar, ich glaube aber, dass es relevant ist. Man wird geradezu zwangsläufig in der Praxis damit konfrontiert.
Du sprichst den achtfachen Pfad an; Peter Masefields "Divine Revelation in Pali Buddhism" ist gerade diesbezüglich sehr empfehlenswert. Ich habe es erst vor kurzem gelesen - sich auf Pali-Quellen berufend, macht er klar, dass "Rechte Sicht" überweltlich ist - und nicht das bloße intellektuelle Verständnis der Vier Wahrheiten (die Rechte Sicht des puthujjana). In der Tat macht es nur so als Bestandteil von Prajna Sinn. Das Buch haut einen ganz schön um, was die Interpretation grundsätzlichster buddhistischer Lehren betrifft.
Ralf54:
Hallo Daniel,
ein kleiner Hinweis, um ein mögliches Missverständnis aufzuklären. Du fragst zu Recht, wohin das "darüber nachzudenken, nicht zu denken" führen soll. Aber "Nicht-Gedanke" ist nicht gleich "nicht denken" (gerade darum geht es ja). Es handelt sich eher um eine andere Qualität (bzw. Nicht-Qualität) des Denkens, die im "normalen" Leben nicht erfahren wird - daher gibt es keinen allgemein akzeptierten Begriff dafür; schon gar keinen, unter dem jeder sich etwas vorstellen kann.
Da diesem Geisteszustand wesentliche Merkmale (Qualitäten) "normalen" Denkens fehlen, etwa der Dualismus zwischen denkendem Subjekt und gedachtem Objekt oder das in-Beziehung-setzen der gedachten Objekte zu einem Ego (werten), ist die Bezeichnung Nicht-Gedanke (wu-nien) oder auch Nicht-Bewusstsein (wu-hsin) schon berechtigt - wenn auch missverständlich.
Gruss,
Ralf
Ralf54:
Hi Ken,
Du sagtest: "ich glaube, im Nicht-Gedanken zu verweilen, ist identisch mit der Überwindung von avidya". Geschenkt. Was prajna angeht, bin ich doch etwas anderer Ansicht. Wie du im Thread "Spirituelle Praxis" schreibst, kann Praxis unter drei Aspekten betrachtet werden: Prajna, Shila und Dhyana (Samadhi). Diese drei Aspekte korrespondieren mit dem edlen achtfachen Pfad; speziell Prajna umfasst die ersten beiden Aspekte des Pfades: Rechte Sicht und Rechtes Denken/Gesinnung (Samma Ditthi und Samma Sankappo).
Hier kann man mE nicht wie beim Erwachen (bodhi) von einem plötzlichen "Umschlag" reden; Samma Ditthi und Samma Sankappo entfalten sich - wie der gesamte achtfache Pfad - durch die Praxis, die sprituelle Selbstkultivierung. Dies ist das Reifen des Tathagata-garbha, das den "Durchbruch" vorbereitet. Sicher gibt es einen ganz erheblichen Unterschied zwischen der Prajna, die durch Samyak-Sambodhi erfahren wird und avidya für immer beseitigt und jenem Samenkorn an rechter Sicht, das zum Beschreiten des achtfachen Pfades führt. Der Unterschied scheint mir jedoch lediglich im Grad der Realisierung dieses Wissens zu liegen - ähnlich wie man bei Kensho von "seichten" und "tiefen" Erfahrungen spricht, obwohl beiden (und auch Bonpu-no-Joshiki, dem "gewöhnlichen" Bewusstsein) die eine, ursprüngliche Erleuchtung zu Grunde liegt.
Gruss,
Ralf
ich mag mich nicht länger mit Dir über Masefield streiten, sonst müsste ich das Buch doch noch lesen :-). Im Ernst, was Du da schreibst, macht mehr Sinn, als das, was ich aus dem Interview herausgelesen habe - und es macht deutlich, warum Masefield bei den Theravadins so umstritten ist. Das ist in der Tat ein - nun ja, ich nenne es mal 'mahayanischer' Ansatz (auch wenn Masefield dies wohl bestreiten würde); jedenfalls eine sehr ungewöhnliche Interpretation, und womöglich ein Hinweis darauf, dass das Mahayana doch 'orthodoxer' war/ist, als gemeinhin angenommen - das hatte ich in meinem letzten Posting schon angedeutet.
'Parato ghoso' ist ein für mich neues Konzept, ich werde mich eingehend damit beschäftigen müssen. Generell habe ich mit einer solchen Sicht des Buddhismus ein Problem, das von meiner persönlichen 'Rezeptionsgeschichte', von meinem Zugang zum Dharma herrührt. Es ist die Gewichtsverschiebung von einer rationalen, philosophischen Lehre hin zu einer Religion, womöglich sogar einer Gnadenreligion. Andererseits, wo liegt der Unterschied zwischen Gnade und karmischem Zufall?
Nachdenklich,
Ralf