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Ralf54:
Hallo Markus, hallo Oma!
Rein historisch gesehen ist die Reihe der indischen Patriarchen (also von Mahakasyapa bis Bodhidharma) reine Fiktion. Wie weit die Reihe der ersten 6 chinesischen Patriarchen zeitgenössisch oder erst eine spätere Konstruktion ist, ist umstritten. Letzteres ist eher wahrscheinlich.
Im esoterischen Sinne ist ein 'Patriarch' jeder, der das 'wahre Dharma-Auge' (Shobogenzo), das Shakyamuni dem Mahakasyapa übertrug, in der Übertragungslinie empfangen hat und weitergibt. In diesem Sinne spricht Dogen von 'Buddhas und Patriarchen'.
In dem (von Ho-tse geführten) Streit um die Nachfolge des 5. Patriarchen ging es entsprechend darum, dass von Hung-jens Schülern nur Hui-neng (und nicht Shen-hsiu, das Oberhaupt der nördlichen Schule) diese Dharma-Übertragung korrekt und uneingeschränkt erhalten hatte und somit '6. Patriarch' genannt werden könne. Kern der Auseinandersetzung war die von Hui-neng und seinen Schülern gelehrte 'plötzliche Erleuchtung' im Gegensatz zu der von Shen-hsiu gelehrten 'allmählichen Erleuchtung'. Die Schüler Hui-nengs wiederum, die ihrerseits als Meister auftraten, sprachen sich gegenseitig nicht die korrekte Dharma - Übertragung ab und Hui-Neng scheint seinerseits niemanden speziell als 'Schuloberhaupt', als oberste Autorität, bestimmt zu haben. Welchen Sinn hätte es auch, einen vollständig erleuchteten Meister der spirituellen Autorität eines Anderen zu unterstellen? Bodhidharma hatte bei seinen 4 Schülern noch unterschieden - nur Hui-k'o hatte sein Mark, die anderen jeweils 'nur' Haut, Fleisch und Knochen. Solche Rangunterschiede gab es bei Hui-nengs Meisterschülern wohl nicht.
Also könnten Ho-tse, Yung-chia , Nan-yang, Ching-yuan und Nan-yueh alle als '7. Patriarch' bezeichnet werden. Tatsächlich habe ich diese Bezeichnung auch schon für Ho-tse gelesen; ebenso die Bezeichnung '8. Patriarch' für Ma-tsu - der aber nicht Schüler von Ho-tse, sondern von Nan-yueh war.
Es ist also nicht richtig, dass es seit Hui-neng keine Patriarchen mehr gibt - nur mit dem Zählen ist es etwas schwierig geworden ;-) ....
HelmutLange:
Hallo Ralf
>>Wenn die Katze Vögel frisst, sollte ihr irgend >>jemand eine Schelle umhängen.
Der Mensch der ihr eine Schelle umhängt sollte dann auch in Fesseln gelegt werden, damit er seine Dummheit besser in den Griff bekommt. Zum Beispiel durch genaue Beobachtung der natürlichen Vorgänge wenn die Katze von den Vermenschlichungen wieder befreit ist.
lebe Grüsse
Helmut
Ich nehme an das Dir aufgefallen ist das diese Katze nicht zu deiner Antwort passt.(Bevor Du meine Antwort gelesen hast.) :-))
Ralf54:
Hallo Michael,
bei Dark Zen geht es nicht nur um Kritik an der AZI; kritisiert wird das gesamte 'Zen-Establishment', vor allem im Westen. Und das durchaus nicht immer zu unrecht.
Solche Kritik - wenn sie denn gerechtfertigt ist - ist notwendig und nützlich, es laufen schon genug Scharlatane herum und das Etikett 'Zen' lässt sich in vieler Hinsicht missbrauchen. Wenn die Katze Vögel frisst, sollte ihr irgend jemand eine Schelle umhängen.
Ich finde solche Kritik und die Diskussionen darüber erfreulich, zeigen sie doch, dass Zen-Leute nicht einfach hirnlose Mitläufer sind (jedenfalls nicht alle :-) ). Dass da manchmal mit harten Bandagen geboxt wird, hat durchaus Tradition. Hakuin z.B. war in der Beziehung eine echte Dreckschleuder ....
Über Ralf Halfmann hatten wir hier küzlich erst eine breite Diskussion. Hier die entsprechenden Threads:
Kritik an Zen (Artikel) (gestartet 27.11.2002)
Kritische Stellungnahme zu : Zen und Mind Control (gestartet 02.12.2002)
Kritik aus sich selbst heraus? (gestartet 10.12.2002)
Der Start des ersten Threads liegt ca. 440 Beiträge zurück.
Ralf54:
Na, ich würde jedenfalls beim Warten auf die kommenden galaktischen und intergalaktischen Veränderungen lieber nicht die Luft anhalten. Du könntest blau anlaufen dabei ...
allman:
Hallo Ralf,
Geschichtswissen war schon immer nur Halbwissen. Wer aus diesem Halbwissen wichtige Schluesse zieht und sie propagiert, kann schwer Frieden finden.
Alle Existenzlehrer besitzen mindestens ein besonders grosses Quant \"Sympathie\". Er sieht gut aus, ist gescheit, resolut und kann gut unterhalten. Das kann man sehr schnell unter der Lupe erkennen. Die Anhaengerschar, das sogenannte Fussvolk, ist nichts anderes als ein Parasit, dass er duldet, um ein paar Grundbeduerfnisse leichter befriedigt zu bekommen. Aber andererseits muss auch der Parasit seinen Zucker bekommen, damit er sich nicht einen anderen Wirt sucht. Und so geschehen wechselweise immer wieder neue fantastische Dinge, bis vor lauter Idiotie nichts mehr geht und der \"Verein\" auseinanderbricht.
Diese \"Kurze Geschichte der Zeit\" kennt bald jeder, Ralf. Und trotzdem verlieben sich immer wieder Menschen in eine Art existenziellen Fuehrer, und diese Menschen lassen bestimmt nicht die Finger von. Nicht mal du laesst die Finger von diesen Groessenwahngeschichten, weil jeder Hahn das Beduerfnis hat, ein paar Huehner anzufuehren. Natuerlich ich auch. Aber ich hab nicht mehr so viel Zucker in der Dose. Dadurch bleibe ich lieber nur Beobachter des irdischen Treibens und erlaube mir, mal alle paar Tage in der Beobachtung zu verschwinden.
Ralf54:
{f}„Die größten Kritiker der Elche
waren früher selber welche“
Robert Gernhardt{/f}
Es kommt immer wieder vor, dass Menschen über viele Jahre hinweg einen erheblichen Teil ihrer Lebensenergie spiritueller Suche, politischen Parteien, Sport- und Karnevalsvereinen o.ä. widmen. Setzt dann die Enttäuschung darüber ein, dass die eigenen Erwartungen und/oder Versprechungen der Organisation nicht erfüllt wurden, treten manche dieser Leute mit ihren ‚Insiderwissen’ als Aufklärer auf.
Sofern dies mit der Motivation geschieht, Andere vor gleichen ‚Fehlentscheidungen’ (so empfindet man es jetzt) auf dem Lebensweg zu bewahren, ist dies durchaus löblich. Oft genug allerdings steht der Wunsch im Vordergrund, sich für eine vermeintliche oder tatsächliche ungerechte Behandlung zu revanchieren, indem vor einer interessierten Öffentlichkeit schmutzige Wäsche gewaschen wird.
Wie ich bereits früher hier geschrieben habe, möchte und kann ich nicht über Dr. Halfmanns Motive spekulieren. Grundsätzlich sollte aber die Überlegung erlaubt sein, ob sein Engagement bei der AZI durch Versprechungen bestimmt war oder durch persönliche Erwartungen – ob also eine Täuschung oder eine Selbsttäuschung vorlag. Von der Beantwortung dieser Frage hängt die Berechtigung seiner Kritik ab. Dass ich persönlich diese Berechtigung, was die AZI angeht und erst recht, was Zen als spirituellen Weg angeht, in Frage stelle, habe ich wohl schon deutlich gemacht.
{f}„The voices in my head made me do it“{/f}
Gruppen – und dies gilt auch für Kirchen, Sanghas, Sekten usw. – haben eine Eigendynamik, sie üben auf ihre Mitglieder einen oft erheblichen Anpassungsdruck aus. Wenn es sich bei diesen Gruppen um Schulen mit dem erklärten Ziel der Transformation der Persönlichkeit handelt, ist ein solcher Anpassungsdruck durchaus erwünscht, er ist als Hilfe gedacht und gemeint. Kriterium für die Legitimität (in ethischer, nicht in juristischer Hinsicht) des ausgeübten Drucks ist die Möglichkeit, ihm durch Verlassen der Gruppe auszuweichen. Die Frage ist also nicht, ob Druck, sondern ob Zwang ausgeübt wird.
Nun ist es bei sog. Sektenaussteigern ein beliebtes Argument, auf subtile Zwänge zu verweisen – die berüchtigte ‚mind control’. Dr. Halfmann übernimmt diesen Begriff von dem amerikanischen ‚Sektenexperten’ und Aussteiger (Unification Church) Steve Hassan. Steve Hassan ist Buchautor und sog. ‚licensed mental health counselor’, was auch immer das heissen mag. Wissenschaftlich qualifiziert im Sinne einer Ausbildung als Psychologe oder Soziologe ist er so wenig wie der Jurist Dr. Halfmann. An sich ist das natürlich kein Argument, es soll nur deutlich machen, dass trotz des pseudopsychologischen Jargons hier nicht mit wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen gearbeitet wird.
Die sog. ‚mind control’ wird als eine abgeschwächte, subtile Form der Gehirnwäsche beschrieben. Bei näherer Betrachtung bleibt von diesem Vorwurf nicht viel mehr als eine unbewusste Entschuldungsstrategie übrig – die Verantwortung für persönliche Fehlentscheidungen und persönliches Fehlverhalten wird im Nachhinein mehr oder weniger dämonisierten Mächten zugeschrieben, die ihr Opfer auf (zunächst) undurchschaubare Weise manipuliert haben.
Diese Beeinflussung irgendwelchen ‚Psycho-Techniken’ zuzuschreiben, ist nichts als die moderne Auflage eines alten Mythos. Früher waren die Leute von Dämonen besessen oder vom Kräuterweiblein des Dorfes verhext. Hauptsache, die Schuld an ein paar vergeudeten Lebensjahren kann einer fremden Instanz zugewiesen werden.
{f}‚mind control’ und ‚freedom of mind’{/f}
Nun ist es unbestritten, dass Gehirnwäsche funktioniert. Diese psychologische Technik wurde in größerem Umfang erstmals im Koreakrieg an amerikanischen Kriegsgefangenen angewandt. Notwendige Mittel sind u.a. Isolationshaft, körperliche Misshandlung, Schlafentzug und Demütigung/Entwürdigung. Bezeichnend ist, dass solche Techniken in etwas abgeschwächter Form weniger von ‚Sekten’ sondern von selbsternannten Vertretern der ‚freedom of mind’ (deren oberster Guru besagter, von Halfmann so häufig zitierter Steve Hassan ist) angewandt wird – also von selbsternannten ‚Deprogrammern’, die im Auftrag besorgter Eltern oder sonstiger zahlungskräftiger Angehöriger ‚Sektenopfer’ entführen, vorübergehend einsperren und wieder ‚zur Vernunft bringen’. Da wird dann im Namen der Autonomie des Individuums der soziale Anpassungs{f}druck{/f} der Sekte durch einen eindeutigen {f}Zwang{/f} zur sozialen Anpassung ersetzt. Hauptsache, die Anpassung führt in die vom Kunden gewünschte Richtung.
{f}hypnotisiert durch Kusen? {/f}
Um nicht ganz auf eine konkrete Auseinandersezung mit Dr. Halfmanns Argumenten zu verzichten, will ich seinen vielleicht spektakulärsten Vorwurf herausgreifen: durch kurze ‚Vorträge’ während des Zazen (Kusen) würden die Adepten in einer Phase hoher Beeinflussbarkeit manipuliert. Da frage ich mich nun allerdings, was für eine Art Zazen Dr. Halfmann bei der AZI praktiziert hat. Der Geisteszustand während des Zazen ist per definitionem ein Zustand extremer Wachheit und Aufmerksamkeit. Gerade dies macht nach meinem Verständnis und auch nach meiner persönlichen Erfahrung einen unerwünschten manipulativen Eingriff in die Autonomie des Geistes nahezu unmöglich.
Dr. Halfmann rückt das Kusen in die Nähe der Hypnose. Einmal ganz davon abgesehen, dass bei Laien idR vollständig überzogene Vorstellungen von den Möglichkeiten der Hypnose vorherrschen, so ist ein Kusen-Text völlig ungeeignet dazu, den erforderlichen sog. ‚hypnotischen Rapport’ herzustellen. Darüber hinaus wird Jeder, der ausser Zazen auch einmal autogenes Training (eine Form der Selbsthypnose) ausgeübt hat, den fundamentalen Unterschied in der geistigen Verfassung bestätigen. Mit hypnotischer Trance hat Zazen nun wirklich absolut nichts zu tun.
Ich will es bei diesem einen Beispiel belassen – es mag stellvertretend für die Argumentation Dr. Halfmanns stehen.
{/f}Wer täuscht wen? {/f}
Als Fazit möchte ich anmerken, dass man schon wissen sollte, worauf man sich einlässt, wenn man einen Weg einschlägt – sei es ein spiritueller, politischer oder sonstiger Weg. Jeder ist da für sich selbst verantwortlich und ohne Zwang braucht sich niemand Entscheidungen diktieren zu lassen. Wenn wir Täuschungen unterliegen, sollten wir uns zunächst einmal fragen, ob wir nicht uns selbst getäuscht haben, statt die Schuld woanders zu suchen. Im Übrigen ist es ratsam, wenn man sich einer Kirche/Sekte/Sangha oder sonstigen Gruppe anschließen will, nicht nur die Führer/Gurus/Meister genau unter die Lupe zu nehmen, sondern sich auch das gemeine Fußvolk anzusehen. In der Regel wird man nämlich eine ganze Weile zum Fußvolk gehören – vielleicht sogar für immer. Wäre das schlimm? Dann sollte man besser die Finger davon lassen.
Zennist:
Hmm, kann ich nachvollziehen, aber auch hier stellt sich die Frage, ob es denn einen Programmierer gibt, der des Hauptprogramm geschrieben hat. Was vielleicht von dir unbeabsichtigt zu einer Schöpfer-Analogie führen würde.
Oder wieder anders, es gibt ein Hauptprogramm und unzählige Programmierer, die per virtual reality mit dem Programm interagieren, und vergessen haben, wie man sich ausloggt...
allman:
Hallo Ken,
es gibt ein Hauptprogramm und unzaehlige Unterprogramme.
Nun gibt es Menschen, die Programme schreiben und meinen, das sind ihre eigenen Erfindungen und koennten dafuer Geld verlangen.
Trugschluss. Es gibt kein Programm, dass der Mensch erfinden kann. Die Natur benutzt einen x-beliebigen Menschengeist, um jenes Hauptprogramm oder Unterprogramm oeffentlich werden zu lassen.
Das ist das Schoene am Kommunismus, dass dieser Beschiss, Geld fuer etwas zu verlangen, das
allen gehoert, nicht stattfindet.
allman:
Hallo, lieber Ralf,
"meine" Software ist tatsaechlich die Einzige im All. Zwei Sorten Viren wirken in ihr:
1. Was war zuerst da? Daten.
2. Was war zuerst da? Programm.
Und genau diese staendige Ambivalenz brachte die ambivalente Hardware "Mensch" hervor. Er ist durch und durch ambivalent, schizophren und paranoid. Was aber eine ganz tolle Eigenschaft verursacht: Witzigsein und Lachen.
wer hat nur diesen perfiden Virus geschrieben? Diesen Programmierer würde ich nur zu gerne kennenlernen. Oder meinst du, das Programm hat sich gar selbst geschrieben? Wirklich zu perfide... ;-)
Ralf54:
Viruswarnung von Richard Hayes, Professor an der McGill University in Kanada:
{f}VIJNANAVADA VEXATION:{/f}
ist der einzige bekannte Computervirus, der keinerlei Effekt auf ihre Software ausübt. Er lässt jedoch die gesamte Hardware und Peripherie verschwinden und überzeugt die Software, dass es keinen tatsächlichen Unterschied zwischen einem Computerprogramm und den Daten, die es verarbeitet, gibt.
Eine Extremversion dieser Virusgeissel (auch bekannt als {f}SOFTWARE ONLY{/f} hat den Effekt, ihre Software davon zu überzeugen, sie sei die einzige Software im Universum.
Ralf54:
Nicht locker ....
Hmmm - woher willst ausgerechnet Du das wissen? Wenn ich lese, was Du da von einem 'Schema' zusammenphantasierst, ist es ganz offensichtlich, dass Du absolut keine Ahnung davon hast, wie die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler im Zen aussieht und funktioniert.
Worüber man nicht reden kann, davon muß man schweigen - oder man stellt sich in peinlicher Weise bloß.
Ich weiss ja nicht, was Du so alles 'wirklich freies Meditieren' nennst, aber wenn es so etwas ist wie wirklich freies Traktorbauen, dann ist mir da wohl auch nicht viel entgangen. Vielleicht ist es ja möglich, einen Traktor zu bauen, ohne das Handwerk von einem Meister gelernt oder auch nur die Bauanleitung gelesen zu haben - aber fahren möchte ich so Ding dann doch lieber nicht ...
Freundliche Grüße,
Ralf
Ralf54:
Liebe Nina,
nicht mehr hinter dem Phantom eines Sinns herzulaufen, muss nicht Ziellosigkeit bedeuten. Die Freiheit von Illusionen, Ängsten, Zwängen sollte sich zu einer Freiheit, zu handeln entwickeln. Beides muss zusammen wirken.
Dem Handeln geht immer eine Zielsetzung voraus. Das Ziel, von dem ich rede, ist kein zu erreichender Endzustand, kein 'Sinn'. Es dient einfach der Ausrichtung Deines Daseins. Dieses Ausrichten, das 'Zielen', erzeugt einen Weg; einen Weg ohne Anfang und ohne Ende (daher die so oft angeführte Platitüde, der Weg sei das Ziel). Der Weg, den man im Zen beschreitet, ist der Bodhisattva-Weg. Die Zielsetzung ist eine vierfache Verpflichtung:
Die Lebewesen sind ohne Zahl - ich verpflichte mich, sie alle zu retten.
Illusionen sind ohne Grenzen - ich verpflichte mich, sie alle loszulassen.
Die Tore der Lehre sind nicht zu zählen - ich verpflichte mich, zu ihnen allen zu erwachen.
Der Weg des Erwachten ist unübertroffen - ich verpflichte mich, ihn zu verkörpern.
Diese Gelöbnisse, die Shikusei Ganmon, sind der eigentliche Kern des Zen. Sie sind der Grund, warum man übt und studiert - ohne Fragen nach einem Sinn zu stellen. Wenn Du ernsthaft diesen Weg gehst, wirst Du keine Ziellosigkeit mehr empfinden und Du wirst die wahre Einsamkeit kennen lernen. Ein-Samkeit. Du fühlst Dich nicht nur verbunden mit uns - Du bist mit uns und mit allem Sein verbunden.
Nina256:
Es ist wohl eine Befreiung, nichts tun zu MÜSSEN, da sinnlos.
Die Freiheit ist allerdings eine neue Last. Leben ohne Ziel.
Es ist doch mehr die Einsamkeit, die mir zu schaffen macht. Ich weiß, daß nur ich mein Inneres so sehen kann, wie es ist, und möchte immer noch gesehen werden, möchte auch den anderen sehen, wie er ist.
Das Aufwachen am Morgen: Ziellos, ohne Lebensaufgabe.
Laufen, wenn meine Beine Laufen wollen? Essen, wenn ich Hunger habe. Zu Menschen gehen, wenn mir danach ist? Weinen, wenn ich traurig bin.
Was tun! Das Nichts-Tun ist für mich eine Last. Etwas tun muß der Mensch, leichte einfache Dinge, und nicht allein, mit anderen Menschen, die man beobachten kann, deren Wesen man erforschen kann.
Und auf die das Unbewußte reagiert. Immer noch mit Ängsten! Aber freier denn je zuvor.
Euer Weg, mein Weg, unser Weg. Mit Euch fühl ich mich verbunden.
Ralf54:
Hallo Nina,
nimmt denn das Wissen um die Sinnlosigkeit nicht im Gegenteil eine große Last von unseren Schultern, ist es nicht eigentlich eine Befreiung?
Wenn Du Dich nicht mehr um Sinn und Widersinn, um Gut und Schlecht kümmern musst, erst dann kannst Du die Dinge und vor allem Dich selbst so an- und aufnehmen, wie sie sind - dann kannst Du so sein, wie Du bist, ohne darüber zu urteilen, ohne Dir selbst und Anderen weh zu tun.
Lebensunmut ist ein Anzeichen für eine gescheiterte Sinnsuche - dafür, dass man nach wie vor an einen Sinn glaubt, doch daran verzweifelt, ihn zu finden. Hör auf, Dich zu quälen und hab Mut zur Freiheit. Es gibt nichts zu finden, nichts zu erreichen, nichts zu überwinden. Schau, was vor Deiner Nase liegt - der Sonnenstrahl, der sich gerade durch die Wolken zwängt, der Geruch frisch gefallenen Regens, der durchs offene Fenster zieht, das Flimmern des Bildschirms, der Dir Botschaften übermittelt - wo ist da Raum für Lebensunmut?
Liebe Grüße,
Ralf
Ralf54:
Das erinnert mich an meinen alten Kumpel Karlheinz, genannt Knox. Wir hatten reichlich gebechert (guten Pfälzer Riesling), und dann setzte er Omas elektrisch beheizbaren Fußsack auf den Kopf, erklärte sich zum Groß-Hugo und gab profunde Weisheiten von sich. Wir lagen auf dem Boden vor Lachen ...
Freundliche Grüße,
Ralf
Rein historisch gesehen ist die Reihe der indischen Patriarchen (also von Mahakasyapa bis Bodhidharma) reine Fiktion. Wie weit die Reihe der ersten 6 chinesischen Patriarchen zeitgenössisch oder erst eine spätere Konstruktion ist, ist umstritten. Letzteres ist eher wahrscheinlich.
Im esoterischen Sinne ist ein 'Patriarch' jeder, der das 'wahre Dharma-Auge' (Shobogenzo), das Shakyamuni dem Mahakasyapa übertrug, in der Übertragungslinie empfangen hat und weitergibt. In diesem Sinne spricht Dogen von 'Buddhas und Patriarchen'.
In dem (von Ho-tse geführten) Streit um die Nachfolge des 5. Patriarchen ging es entsprechend darum, dass von Hung-jens Schülern nur Hui-neng (und nicht Shen-hsiu, das Oberhaupt der nördlichen Schule) diese Dharma-Übertragung korrekt und uneingeschränkt erhalten hatte und somit '6. Patriarch' genannt werden könne. Kern der Auseinandersetzung war die von Hui-neng und seinen Schülern gelehrte 'plötzliche Erleuchtung' im Gegensatz zu der von Shen-hsiu gelehrten 'allmählichen Erleuchtung'. Die Schüler Hui-nengs wiederum, die ihrerseits als Meister auftraten, sprachen sich gegenseitig nicht die korrekte Dharma - Übertragung ab und Hui-Neng scheint seinerseits niemanden speziell als 'Schuloberhaupt', als oberste Autorität, bestimmt zu haben. Welchen Sinn hätte es auch, einen vollständig erleuchteten Meister der spirituellen Autorität eines Anderen zu unterstellen? Bodhidharma hatte bei seinen 4 Schülern noch unterschieden - nur Hui-k'o hatte sein Mark, die anderen jeweils 'nur' Haut, Fleisch und Knochen. Solche Rangunterschiede gab es bei Hui-nengs Meisterschülern wohl nicht.
Also könnten Ho-tse, Yung-chia , Nan-yang, Ching-yuan und Nan-yueh alle als '7. Patriarch' bezeichnet werden. Tatsächlich habe ich diese Bezeichnung auch schon für Ho-tse gelesen; ebenso die Bezeichnung '8. Patriarch' für Ma-tsu - der aber nicht Schüler von Ho-tse, sondern von Nan-yueh war.
Es ist also nicht richtig, dass es seit Hui-neng keine Patriarchen mehr gibt - nur mit dem Zählen ist es etwas schwierig geworden ;-) ....
Freundliche Grüße,
Ralf