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Ralf54:
Liebe Weggefährten,
ich habe eine Weile gesucht, konnte aber die Quelle der folgenden Geschichte nicht mehr finden. Auch der Name des Meisters ist mir entfallen, er ist aber auch nicht so wichtig ...
Dieser Meister hatte von Geburt an ein steifes Bein, was natürlich gewisse Schwierigkeiten beim Sitzen mit sich brachte. Als er zu der Ansicht gekommen war, er habe lange genug gelebt, versammelte er seine Schüler, um von ihnen Abschied zu nehmen. Er ermahnte sie, die große Chance einer Existenz in menschlicher Form nicht zu vergeuden und eifrig zu üben. Dann packte er mit beiden Händen sein steifes Bein, brach es mit einem Ruck und setze sich in den vollen Lotus. Er sprach: "Wenigstens werde ich im Lotussitz sterben. Schaut genau hin! Was ist das?" In Zazen ging er in die Verwandlung ein.
Die Anekdote ist in mehrerer Hinsicht bemerkenswert. In der Regel haben wir alle den Wunsch nach einem schmerzlosen Tod - doch diesem Mann war das Sitzen im Lotussitz scheinbar wichtiger als ein schmerzfreier Tod. Aber es ist auch nicht zu übersehen, dass er seinen Körper erst dann beschädigte, als er wusste, dass er ihn zu nichts Anderem mehr als zu diesem letzten Zazen brauchen würde.
Mehr noch als die Tatsache, dass er ein Lehrer mit vielen Schülern war, zeugt die Fähigkeit, trotz eines gebrochenen Beins ruhig in Zazen zu sitzen, von dem hohen Grad seiner Verwirklichung. Man darf diese Geschichte nicht für eine Übertreibung halten. Manche von Euch haben vielleicht das Photo des vietnamesischen Mönchs Thich Quang Duc im Gedächtnis, der sich aus Protest gegen die buddhismus-feindliche Politik der Regierung Diem 1963 auf offener Straße verbrannte. Ein Mensch, ruhig in Zazen sitzend, während er wie ein Strohhaufen brennt ... (Versucht nicht, das zu Hause nachzumachen!)
Warum war diesem Meister der Lotussitz so wichtig - hatte er doch die große Befreiung erfahren und war ein geschätzter und verehrter Lehrer geworden, ohne jemals vorher im Lotussitz gesessen zu haben? War ihm diese Sitzhaltung tatsächlich wichtig? Wollte er damit ein "mehr", ein "darüber hinaus" erlangen? Wohl kaum: es gibt nichts zu erlangen, sagt das Herzsutra.
Als er seinen Körper als etwas nutzlos Gewordenes zerbrach und wegwarf, zeigte dieser Meister seinen Schülern, dass für einen Erwachten das Sterben nichts Anderes ist als das endgültige Abwerfen der letzten Fessel - das letze shinjin datsuraku, Abwerfen von Körper und Geist. Er gab seinen Schülern als letzte Lehre ein Beispiel durch sein entschlossenes Sterben, sein bedenkenloses Loslassen - nicht durch sein Sitzen.
Ralf54:
Hallo Chrisi,
wärst Du so lieb, die Stelle rauszusuchen? Der Sekida gehört nicht zu meiner Bibliothek, aber ich hab's genau andersrum im Gedächtnis - dass nämlich gerade der Viertellotus zu einer schiefen Position führt. Da dies mit meinem eigenen Empfinden übereinstimmte, habe ich nach der Lektüre Sekidas das Sitzen im Viertellotus abgebrochen. Aber vielleicht habe ich ja nur zu hastig gelesen und das Wunschdenken hat mir einen Streich gespielt ...
Freundliche Grüße,
Ralf
ich befinde mich noch auf der Suche nach der richtigen Sitzweise. Überall wird geraten die Sitzweise möglichst nah an den vollen Lotussitz anzugleichen.
Mit einer Ausnahme: Katsuki Sekida rät in seinem Buch "Zen-Training" ausdrücklich vom halben Lotussitz - als Alternative zum vollen Lotussitz - ab und empfiehlt statt dessen den viertel Lotussitz, und zwar mit folgender Begründung: Der halbe Lotussitz ist eine asymmetrische Sitzhaltung und verleitetet dazu, die Wirbelsäule schief zu halten, weil man zum Ausgleich eine Schulter höher hält.
Sein Argument finde ich einleuchtend. Was haltet Ihr davon?
Ralf54:
Hallo,
auf Bequemlichkeit kommt es sicher nicht an - aber Atem, körperliche Form und das, was ich vereinfachend 'geistige Haltung' nennen möchte, stehen in engem Zusammenhang. Im Idealfall unterstützen und fördern sich diese drei Faktoren gegenseitig. Eine physische Position dagegen, die nur unter Schmerzen eingenommen und/oder durchgehalten werden kann, stört die anderen Faktoren. Sie kann z.B. einen gepressten Atem verursachen und ein geistiges 'Loslassen' verhindern. In Konsequenz heißt das, entweder zunächst ein rein physisches Training zu absolvieren, bis man den Lotussitz beherrscht, oder zumindest vorerst eine geeignetere Sitzposition zu wählen. Unter Schmerzen zu Sitzen, ist kein Zazen. Sitzen in Versenkung ist keine Selbstkasteiung - "Sitzen in Versenkung ist das Wahrheitstor zu grosser Ruhe und Freude."
Das Problem ist durchaus nicht neu und natürlich auch kein rein westliches Problem. Auch der durchschnittliche Chinese oder Japaner hat natürlich mit dem Lotussitz seine Probleme. Der in Zazen-Handbüchern wie Tsung-tses Tso-ch’an I, Dogens Fukan Zazen Gi oder Keizans Zazenyojinki als gleichwertig empfohlene 'halbe Lotussitz' (ardha padmasana, Jap. hanka-fuza) ist wohl selbst schon ein Kompromiss. Gleiches gilt wohl auch für Hilfsmittel wie z.B. das Zafu. Zu Shakyamunis Zeiten dürfte ein Zafu-Kissen wohl ähnliches Befremden hervorgerufen haben, wie heute in manchen Dojos ein Sitzbänkchen - auch wenn Keizan behauptet, schon Shakyamuni habe ein Zafu benutzt. In Japan ist Zazen im Knie- oder Fersensitz (vajrasana, Jap. Seiza) für Laien und insbesondere Frauen durchaus nichts Ungewöhnliches. Früher empfand man in Japan den Lotussitz für Frauen sogar als ausgesprochen unschicklich.
Alternativen zum Lotussitz (padmasana, kekka-fuza) sind neben dem Halblotus und dem bereits erwähnten Seiza der sog. Burmesensitz mit nicht gekreuzten Beinen (paryanka). Der auch im Westen weit verbreitete Knie- oder Fersensitz Seiza (ob mit oder ohne Sitzhilfe) gewährleistet bei richtiger Ausführung eine aufgerichtete Wirbelsäule und einen ungehinderten Atemfluss und steht dabei dem Voll- oder Halblotus in nichts nach. Vergleichsweile nachteilig ist allerdings eine etwas geringere Stabilität des Sitzes und das subjektive Gefühl einer geringeren 'Erdung'. Insofern möchte ich der These, dass der Lotussitz für Zazen optimal ist, nicht widersprechen.
Ich selbst sitze seit Jahren im Seiza und übe noch nebenbei den 'Burmesensitz'. Beschwerdefrei sitzen kann ich im paryanka immer noch lediglich ca. 20 Minuten; zu wenig für meine gewohnte Zazen-Periode. (Halber) Lotussitz führt bei mir unweigerlich zu massiven Problemen mit den Lendenwirbeln. Das ist eher ein persönliches Problem, in der Regel treten dafür häufig eher Probleme mit den Kniegelenken auf (kaum verwunderlich bei der Querbelastung des Gelenks).
Jede Sitzposition und insbesondere der potentiell schädliche Lotussitz sollte mit Vorsicht, Achtsamkeit und Liebe zum eigen Körper eingeübt werden. Das Gebot des 'ahimsa' (Nicht-Verletzen) gilt auch für den eigenen Körper. Selbst Seiza ist nicht jedem problemlos möglich, und dann tut es zur Not auch ein Stuhl. Der Stuhl sollte so hoch sein, dass die Oberschenkel parallel zum Boden sind; ein Sitzkeil, um das Becken leicht nach vorne zu kippen, ist hilfreich. Der Sitz auf dem Stuhl hat die selben Vorteile wie Fuza oder Seiza und die selben Nachteile (in vielleicht etwas stärkerem Maße) wie Seiza.
Ich habe tatsächlich von einem Dojo gehört, der Leute, die auf einem Stuhl sitzen, zwar nicht vom Zazen ausschließt - aber sie vor der Tür des Zendo sitzen lässt. Für mich persönlich wäre - falls es denn stimmt - so etwas kein akzeptabler Ort der Übung. Weder im Zendo noch vor dessen Tür.
HelmutLange:
Ungefragt
Die Leerheit findet im von allem berührt werden aber durch nichts gebunden, alles berühren aber nicht verbinden statt. Das kann man nur erleben. Der Buddhismus nennt das \"das grossse Mitgefühl\".
liebe Grüsse
Helmut
Fehler auf keinen Fall. Wir haben halt alle unsere Vorstellungen und Begrifflichkeiten für unser gemeinsames Thema hier. Endlich, weil der Begriff \"ICH\", auch wenn Du gut erläutert hast, wie Du ihn meinst, für mich persönlich eher anders besetzt ist. Was noch kommt? Keine Ahnung.
Auf die Frage: \"Sage mir, wie kann man die Buddhanatur schauen\", antwortete Ta-chu: \"Das Schauen selbst die die Buddhanatur\"
digne:
du
unsui,
vielleicht hilfst du mir doch noch was zu lernen, bitte.
Ich habe verstanden dass besagte Schwester bewundernswerterweise sich dem Leben zugewandt hält und trotz ihrer schweren Erfahrungen nicht im Selbstmitleid hängengeblieben ist.
Wo findet jetzt die Leere statt?
Worin drückt sie sich aus? In dem Ungebundensein an Vergangenheit und leid? In dem unverzagten Einsatz für die Linderung des Leidens in der Welt?
Ralf54:
Hallo Andreas,
vielleicht kennst Du ja die Geschichte von Fa-tsang, dem dritten Patriarchen der Hua-Yen-Schule. Er baute für die Kaiserin Wu Tse-tien einen ganzen Saal mit Wänden, Decke und Boden aus Spiegeln, um ihr die Lehre des Hua-Yen-Sutra zu demonstrieren. Ganz so drastisch brauchen wir es nicht, Deine \"kleine Hilfestellung\" reicht schon ;-).
Bevor jetzt jemand auf die Idee kommt, Hui-neng zu zitieren, zitiere ich mal schnell aus Tung-shans Lied vom Juwelenspiegel-Samadhi (Pao ching sanmei / Hokyo sanmai):
weise worte nicht zurück, doch hafte nicht an ihnen
beides ist falsch; wie ein feuerball:
nützlich, doch gefährlich - nur ausgedrückt
in edlen worten, wird der spiegel blind
am hellsten scheint es zur mitternacht
im tageslicht ist es nicht mehr zu sehen
es ist das prinzip, das alles regelt
alle leiden lindernd
handelt es auch nicht,
so ist es doch nicht ohne worte
im kostbaren spiegel trifft form auf bild
du bist nicht es, doch es ist gänzlich du
HelmutLange:
Hallo Ralf
Mit meinem \"ich\" war ich auch nicht glücklich.:-))
Jetzt haben wir ja eine Leere, vieleicht geht es dann einfacher.
Überigens das zähe Diskutieren mache mir nichts aus. Ich muss etwas wirklich verstehen. Was sind da schon ein paar ausgerissene Haare.
Bruder-Ho:
Wie wäre es mit der kleinen Hilfestellung: Ein Spiegel ist theoretisch leer, aber praktisch nie. Das macht ihn aus, genau wie Leere, die alles Dinglich insich birgt.
Ralf54:
Hallo Helmut,
was sind wir beide uns schon in die Haare geraten wegen Deines \'Ich\' ;-). Das ist schon eine Weile her - war ein zähes Diskutieren, bis mir einigermaßen klar war, wie Du es meintest und so richtig glücklich wurde ich mit Deinem \'Ich\' nie. Ist vielleicht noch leichter misszuverstehen als Leere ...
Dein Artikel hat es mir entlich ermöglicht \"ICH\" im Gold Löwe3 durch den Begriff Leere zu erstetzen. Der \"Begriff\" ICH wurde von mir verwendet damit das was da ist da ist, nicht als überhötes ICH mit personaler Bindung. Ich musste das so machen weil mir der Begriff Leere nicht vollständig einsichtig war.
Ich Danke Dir Herzlich für diese Arbeit !!
>>diese besagte Leere entstammt sicherlich einem Uebersetzungsfehler<<
hatte Allman behauptet und damit klargestellt, dass er von Buddhas Lehre nicht den blassesten Schimmer hat. Dass ich dies als ‚haltlosen Blödsinn’ bezeichnet habe, hat er der Chuzpe zuzuschreiben, mit der er Kenntnisse ("sicherlich") vortäuscht, die er offensichtlich gar nicht hat. Man kann so etwas auch Scharlatanerie nennen.
>>Kann es sein das diese Leere nur ein Übersetzungsfehler ist ...<<
Nein, kann es nicht. Es ehrt Dich, dass Du dies als Frage in den Raum stellst und nicht einfach als vorgeblicher 'Experte' verkündest. Das verdient eine Antwort.
Da Sigrid offenbar Allmans Behauptung, bei dem Begriff ‚Leere’ handle es sich um einen Übersetzungsfehler, glaubhaft findet (nichts ist ansteckender als der Irrtum), hier eine kleine Begriffsklärung.
ich habe eine Weile gesucht, konnte aber die Quelle der folgenden Geschichte nicht mehr finden. Auch der Name des Meisters ist mir entfallen, er ist aber auch nicht so wichtig ...
Dieser Meister hatte von Geburt an ein steifes Bein, was natürlich gewisse Schwierigkeiten beim Sitzen mit sich brachte. Als er zu der Ansicht gekommen war, er habe lange genug gelebt, versammelte er seine Schüler, um von ihnen Abschied zu nehmen. Er ermahnte sie, die große Chance einer Existenz in menschlicher Form nicht zu vergeuden und eifrig zu üben. Dann packte er mit beiden Händen sein steifes Bein, brach es mit einem Ruck und setze sich in den vollen Lotus. Er sprach: "Wenigstens werde ich im Lotussitz sterben. Schaut genau hin! Was ist das?" In Zazen ging er in die Verwandlung ein.
Die Anekdote ist in mehrerer Hinsicht bemerkenswert. In der Regel haben wir alle den Wunsch nach einem schmerzlosen Tod - doch diesem Mann war das Sitzen im Lotussitz scheinbar wichtiger als ein schmerzfreier Tod. Aber es ist auch nicht zu übersehen, dass er seinen Körper erst dann beschädigte, als er wusste, dass er ihn zu nichts Anderem mehr als zu diesem letzten Zazen brauchen würde.
Mehr noch als die Tatsache, dass er ein Lehrer mit vielen Schülern war, zeugt die Fähigkeit, trotz eines gebrochenen Beins ruhig in Zazen zu sitzen, von dem hohen Grad seiner Verwirklichung. Man darf diese Geschichte nicht für eine Übertreibung halten. Manche von Euch haben vielleicht das Photo des vietnamesischen Mönchs Thich Quang Duc im Gedächtnis, der sich aus Protest gegen die buddhismus-feindliche Politik der Regierung Diem 1963 auf offener Straße verbrannte. Ein Mensch, ruhig in Zazen sitzend, während er wie ein Strohhaufen brennt ... (Versucht nicht, das zu Hause nachzumachen!)
Warum war diesem Meister der Lotussitz so wichtig - hatte er doch die große Befreiung erfahren und war ein geschätzter und verehrter Lehrer geworden, ohne jemals vorher im Lotussitz gesessen zu haben? War ihm diese Sitzhaltung tatsächlich wichtig? Wollte er damit ein "mehr", ein "darüber hinaus" erlangen? Wohl kaum: es gibt nichts zu erlangen, sagt das Herzsutra.
Als er seinen Körper als etwas nutzlos Gewordenes zerbrach und wegwarf, zeigte dieser Meister seinen Schülern, dass für einen Erwachten das Sterben nichts Anderes ist als das endgültige Abwerfen der letzten Fessel - das letze shinjin datsuraku, Abwerfen von Körper und Geist. Er gab seinen Schülern als letzte Lehre ein Beispiel durch sein entschlossenes Sterben, sein bedenkenloses Loslassen - nicht durch sein Sitzen.
Gassho,
() Ralf