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Ralf54:
Hallo Markus,
ich bezweifle keineswegs die Vorteile des Lotossitzes, von "unnütz" habe ich nirgends gesprochen. Ich möchte nur diese unbestrittenen Vorteile etwas relativieren. Es soll ja Leute geben, die machen daraus einen Fetisch nach dem Motto: kein Lotossitz - keine Erleuchtung. Was die Vorteile angeht - das mit der grösseren Stabilität hatte ich ja ebenfalls angesprochen. Das mit den Meridianen - entschuldige - halte ich persönlich für einen Mythos. Das mit den Blockaden, von denen Du sprichst, kann ich mangels eigener Erfahrungen mit dem Lotossitz nicht beurteilen.
Du schreibst, "der Körper gewöhnt sich langsam daran wenn man geduldig ist". Fakt ist, dass es eine Menge Leute gibt, die einfach physisch nicht in der Lage sind und es nie sein werden, über einen längeren Zeitraum (sagen wir, länger als 5 Minuten) schmerzfrei in der Lotosposition zu sitzen. Davon dürften z. B. die meisten über 35 betrofffen sein, die nicht schon seit längerer Zeit die Beweglichkeit ihrer Gelenke trainiert haben. Zwar lassen sich Muskeln und bis zu einem gewissen Grade sogar Sehnen und Bänder durch wiederholte Reize (Training) in jedem Alter dauerhaft dehnen, aber bei Gelenken ist der Bewegungsspielraum ab einem gewissen Alter nicht mehr veränderbar, da knorpelige Substanz zunehmend durch Knochensubstanz ersetzt wird (Ossifikation). Es ist dieses "Knochenalter", das z.B. bei Skeletten eine Altersbestimmung ermöglicht. Ein längeres Belasten der Gelenke bis an ihre Grenze bewirkt dann keine Anpassung der Gelenkknochen mehr, sondern nur noch Schmerzen und schliesslich bleibende Schäden (Schädigung der Gelenkkapsel). Hier gilt also: was Hänschen nicht gelernt hat, lernt Hans nicht mehr....
Und wir haben bislang nur über eine normale Alterserscheinung gesprochen, nicht über physische Probleme, die durch Verschleiss oder durch pathologische Veränderungen (z.B. der Wirbelsäule) bewirkt werden.
Du sagst "ich denke die Haltung ist doch immer 'anzustreben' sofern es eben möglich ist". Das denke ich auch - die Unannehmlichkeiten, die man dafür in Kauf nehmen muss, sind eine gute Schulung in Geduld und Selbstdisziplin (ohne die man - nebenbei - auch Seiza nicht 'lernen' kann). Aber man muss sich einen realistischen Blick für das, was "eben möglich ist" bewahren. Zazen ist schliesslich kein Masochismus.
Gruss,
Ralf
Markus--:
Hi Ralf,
ich bin zwar auch der Meinung das sich niemand in eine Stellung zwingen sollte aber die Vorteile der vollen Lotushaltung wenn man in dieser korrekt sitzt dürften wohl nicht gerade "unnütz" sein. Ich lerne derzeit langsam die volle Lotushaltung und Tag für Tag geht's eben eine Minute länger mit dem sitzen, sobald Schmerzen auftauchen bzw diese wirklich stark werden höre ich natürlich auf damit aber der Körper gewöhnt sich langsam daran wenn man geduldig ist.
Und ich finde das man in dieser Haltung die übrigen wichtigen Aspekte der Zazen-Haltung wesentlich leichter und vor allem viel stabiler einnehmen kann als in jeder anderen. Abgesehen davon habe ich das Gefühl das in dieser Haltung gewisse Blockaden, zumindest bei mir aufgehoben werden und mein Sitzen so merklich anders auch konzentrierter und "offener" ist wie in einer anderen Haltung. Das kann natürlich auch von Mensch zu Mensch variieren aber ich denke die Haltung ist doch immer "anzustreben" sofern es eben möglich ist...unter anderem ist ja auch bekannt das durch den Druck auf die Oberschenkel gewissen Meridiane gedrückt werden die sehr förderlich sind für längeres Sitzen.
Auch die Yogis haben diese Haltung immer allen anderen (wenn auch ohne Kissen) vorgezogen und das hat sicher seine Gründe.
Aber es muss natürlich ohne "zwang" geschehen, als ich das erste Mal in Zazen unterwiesen wurde in einem Soto-Dojo hatte ich leider nur die Wahl zwischen halbem und vollem Lotus und naja im halben zu sitzen war damals für mich wirklich qualvoll da ich nichtmal beide Knie auf den Boden brachte...das kann natürlich auch nicht Sinn der Sache sein ;)
Markus--:
Ich hatte auch starke Schmerzen am Anfang, irgendwie sind diese Schmerzen nicht nur negativ...wenn man nach 10 Minuten schon Schmerzen hat und dann aber noch weitere 20 durchhält kann das zu einer kleinen Einsicht führen und es diszipliniert ;)
Aber nunja es gibt da wohl einen Punkt den man nicht überschreiten sollte, und sich zu sehr selbst quälen ist sicherlich nicht Sinn der Sache sonst macht einem das Ego schnell einen Strich durch die jeden-tag-üben-Rechnung...
Markus--:
Hab das Buch heute erhalten und auch schon ein wenig darin gestöbert. Sehr interessant unter anderem das in der Einführung endlich zugegeben wird das Deshimaru damals das "shiho" bei seiner Ankunft tatsächlich nicht hatte, wobei ich das für wenig bedeutend halte aber da viel darüber diskutiert wurde etc...
Nunja die Texte im Buch haben natürlich Ähnlichkeit zu denen von "die stimme des tales" wobei andere Themen behandelt werden, vor allem viel über die unterschiede zwischen soto-/rinzai, und einige auch sonst interessante punkte zur praxis. ebenfalls enthalten sind viele mondo...
Markus--:
Hi Maura,
ich vermute mal die Definition die du suchst ist das was z.B. mit "die 10.000 dinge erheben sich wenn sich die gedanken erheben" etc. gemeint ist.
Ein Ding steht in dem Fall sozusagen für einen Begriff für etwas...für eine Idee, eine Vorstellung..
Markus--:
Hi Ken,
sehe ich genauso, die Parallelen sind auch im Taoistischen sehr ähnlich und die "3" hängen voneinander ab, nichts funktioniert ohne die anderen.
Markus--:
Ich denke das Zusammenspiel von Konzentration auf Atmung und Haltung sowie gleichzeitige Beobachtung führen zur "Gedankenlosigkeit".
Unter anderem ist dieses "Zusammenspiel" sehr gut in "Konzentration - Die Praxis des Zen" beschrieben wobei das Büchlein welches ich sehr schätze derzeit leider nichtmehr verfügbar ist.
Ich halte dagegen nichts von einem gewollten Atem-Langziehen wie das z.B. Sekita als Bambus-Technik beschrieben hat. Es stimmt schon das wenn die Haltung korrekt ist und die Gedanken einmal zur Ruhe kommen sich gewissermassen eine solche Atmung automatisch einstellt, aber diesen Prozess UMZUKEHREN kann so nicht richtig sein finde ich.
Mir sehr geholfen hat die aktive Beobachtung, das schauen in den Geist, aber da hab ich oft den Fehler gemacht den Geist mit dem Geist beruhigen zu wollen was nicht wirklich funktioniert. Einfach "zuschauen", sich mit jedem Ausatmen "hineinentspannen und loslassen" das hat mir zumindest geholfen beim Üben.
Zazen ist wirklich eine ganz komische Sache, im Grunde ist es das einfachste auf der Welt weil man tatsächlich garnichts tun muss aber das fällt uns doch unheimlich schwer ;)
Markus--:
Schöner Text der es ziemlich gut auf den Punkt bringt, nur ist dieses "Erkennen" nicht gerade einfach.
Ich denke das die Sache mit dem Nicht-Denken der Angelpunkt beim Zen überhaupt ist. Denn erst wer dieses Nicht-Denken verstanden hat und auch umsetzt kann Dogen's "Zeit" verstehen und wirklich "Hier und Jetzt" -sein-. Erst dann macht das "Zen ist der alltägliche Weg" von Nansen wirklich Sinn, vorher ist es mehr ein Anstoss zur Achtsamkeit aber ohne Nicht-Denken keine Achtsamkeit, kein Wu-Wei, denn gewollte Achtsamkeit...Achtsamkeit die gedanklich forciert wird ist nicht die Zen-Achtsamkeit denke ich.
Und wer dieses Nicht-Denken einmal mehr und mehr auf in Situationen umsetzt wo es wirklich schwierig ist, in aller Hektik der scheint mir kann langsam wirklich frei von dem ganzen Drama werden. Daraus wiederum kann dann wohl Gleichmut gegenüber den Dingen enstehen und dem Ego wird dadruch immer mehr Entfaltungsraum genommen...
Vielleicht ist das aber auch alles wieder nichts als Sperrmüll und schon bald sehe ich die Essenz des Zen wieder ganz woanders! (lacht)
Markus--:
Hi Daniel,
es kommt ganz darauf an "was" du willst.
Wenn du eine "Technik" zum entspannen suchst, oder eine um deinen alltag besser bewältigen zu können oder eine Meditation um schöne Lichter und Gestalten etc zu sehen dann bist du bei Zen meiner Meinung nach falsch.
Wann du beim Zen richtig bist kann ich dir auch nicht so genau sagen, aber wenn du irgendwelche Fragen hast helfe ich dir natürlich soweit ich kann gerne weiter, per email oder hier oder im chat.
Bücher...ist eine schwierige Sache, ich würde dir "Zazen - Die Praxis des Zen von T.Deshimaru" empfehlen als Einsteiger-Buch.
Markus--:
Master Dogen said, Cease from the practice of intellectual understanding, pursuing words and following after speech, and learn the backwards step that turns your light inward to illuminate yourself. Body and mind of themselves will drop away and your original face will be manifested. If you want to attain suchness, you should practice suchness without delay. Cease all movements of the conscious mind, the gauging of all thoughts and views. Have no design on becoming a buddha. Zazen has nothing whatsoever to do with sitting or lying down. The zazen that I speak of is not learning meditation. It is simply the Dharma gate of repose and bliss the practice-realization of total accumulated enlightenment. It is the manifestation of ultimate reality.
Nachdem das Buch "Auge des Geistes" nun mehrmals empfohlen wurde hab ich mir das nun natürlich auch anschaffen müssen und es ist wirklich gut :)
Auf Seite 129, Textmarke 14-15 steht das im Shobogenzo das Thema "Umstellen des Lichtes und Zurückblicken" genauer behandelt wird.
Der Author verweisst dabei auf seine Übersetzung "Shobogenzo: Zen Essays by Dogen (University of Hawaii Press, 1986, Seite 9-13).
Das Werk ist allerdings nicht gerade günstig und ich wollte mich mit dem Shobogenzo dann ausseinandersetzen wenn die komplette Übersetzung im Kristkeitz-Verlag vollendet ist.
Gibt es zufällig diesen Teil irgendwo online oder weiss jemand um welches Kapitel des Shobogenzo es sich hier handelt? Ich habe mir mal einiges durchgesehen konnte aber nichts dergleichen finden. Oder hat vielleicht jemand das erwähnte Buch und kann mir so die Seiten eventuell kopieren oder einscannen?
ich bezweifle keineswegs die Vorteile des Lotossitzes, von "unnütz" habe ich nirgends gesprochen. Ich möchte nur diese unbestrittenen Vorteile etwas relativieren. Es soll ja Leute geben, die machen daraus einen Fetisch nach dem Motto: kein Lotossitz - keine Erleuchtung. Was die Vorteile angeht - das mit der grösseren Stabilität hatte ich ja ebenfalls angesprochen. Das mit den Meridianen - entschuldige - halte ich persönlich für einen Mythos. Das mit den Blockaden, von denen Du sprichst, kann ich mangels eigener Erfahrungen mit dem Lotossitz nicht beurteilen.
Du schreibst, "der Körper gewöhnt sich langsam daran wenn man geduldig ist". Fakt ist, dass es eine Menge Leute gibt, die einfach physisch nicht in der Lage sind und es nie sein werden, über einen längeren Zeitraum (sagen wir, länger als 5 Minuten) schmerzfrei in der Lotosposition zu sitzen. Davon dürften z. B. die meisten über 35 betrofffen sein, die nicht schon seit längerer Zeit die Beweglichkeit ihrer Gelenke trainiert haben. Zwar lassen sich Muskeln und bis zu einem gewissen Grade sogar Sehnen und Bänder durch wiederholte Reize (Training) in jedem Alter dauerhaft dehnen, aber bei Gelenken ist der Bewegungsspielraum ab einem gewissen Alter nicht mehr veränderbar, da knorpelige Substanz zunehmend durch Knochensubstanz ersetzt wird (Ossifikation). Es ist dieses "Knochenalter", das z.B. bei Skeletten eine Altersbestimmung ermöglicht. Ein längeres Belasten der Gelenke bis an ihre Grenze bewirkt dann keine Anpassung der Gelenkknochen mehr, sondern nur noch Schmerzen und schliesslich bleibende Schäden (Schädigung der Gelenkkapsel). Hier gilt also: was Hänschen nicht gelernt hat, lernt Hans nicht mehr....
Und wir haben bislang nur über eine normale Alterserscheinung gesprochen, nicht über physische Probleme, die durch Verschleiss oder durch pathologische Veränderungen (z.B. der Wirbelsäule) bewirkt werden.
Du sagst "ich denke die Haltung ist doch immer 'anzustreben' sofern es eben möglich ist". Das denke ich auch - die Unannehmlichkeiten, die man dafür in Kauf nehmen muss, sind eine gute Schulung in Geduld und Selbstdisziplin (ohne die man - nebenbei - auch Seiza nicht 'lernen' kann). Aber man muss sich einen realistischen Blick für das, was "eben möglich ist" bewahren. Zazen ist schliesslich kein Masochismus.
Gruss,
Ralf