Thorre: Hallo Gernot, nun ist die Frage nach der Uhrzeit (und auch ihre Beantwortung) aber ganz bestimmt Teil der relativen, auf begrifflichem Denken gegründeten Wirklichkeit. Wie kann also jemand, dessen Bewußtsein im nicht-begrifflichen Raum weilt, jemand, der keine Subjekt-Objekt-Trennung vornimmt bzw. zuläßt, wie kann dieser Mensch dann die Frage nach der Uhrzeit beantworten?
Gruß Thorre

Thorre: Hallo Mipooh, ich erinnerte mich an eine Bemerkung, die wohl von Deiner Frau stammt, daß man nicht bei jedem bißchen gleich mit Nachdenken anfangen müßte. Aus dem Grunde hat mich interessiert, wie weit Du das Nicht-Nachdenken eigentlich faßt...

Meine Fragen basieren auf der Erfahrung, daß man sich manchmal erstaunlich lange über einen Begriff unterhalten kann, bevor man überrascht feststellt, daß jeder darunter eigentlich etwas anderes versteht.

Um meine Neugier zu befriedigen, gib mir bitte noch auf folgende Frage Antwort: Angenommen, jemand würde Dich nach einer Übung oder Technik oder Methode fragen, um mit Sunyata in Kontakt zu kommen, was würdest Du ihm raten – oder würdest Du Dich in weises Schweigen hüllen?

Gruß Thorre

Thorre: Hallo Freunde, natürlich ist es quasi eine Sicht von außen, wenn ich die zwei Bewußtseinsschichten ins Spiel bringe. Aber, Gernot, auch wenn die Subjekt-Objekt-Trennung für denjenigen der Sunyata erfährt aufgehoben wird, so kann man doch versuchen, diesen Vorgang von außen beobachten.

Die Frage ist, ob wir mit dem was wir dann sehen etwas anfangen können oder nicht. Ich kann mit der Vorstellung etwas anfangen, daß jemand, der die Leerheit voll erfaßt, jedes Ding und jedes Ereignis in zwei Dimensionen gleichzeitig wahrnimmt – der Ebene seiner relativen Wirklichkeit und der Ebene seiner absoluten Wirklichkeit.

Wäre es anders, könnte jemand der an einer Bushaltestelle steht und gerade Sunyata erfährt nicht antworten, wenn ihn jemand nach der Uhrzeit fragt, oder was denkt Ihr?

Mipooh, ist das Nicht-Denken, welches Du meinst ein Zustand, in dem man die meisten alltäglichen Tätigkeiten ausführen könnte oder bedarf es dazu einer Ungestörtheit wie beim Zazen?

Gruß Thorre

Gelöschter Benutzer: Hallo Mipooh,

danke, genau diesen Widerspruch meine ich, dass wir hier - meiner Meinung nach - zwei Phänomene nicht logisch auseinanderhalten bzw. zusammenbringen können. Auch die zeitliche Abfolge "erst und dann..." wird schwierig bzw. ist unmöglich.

Und virtuell küssen könnte ich Dich für die konsequente Frage "Was bin denn dann ich?"

Herzliche Grüße,
Gernot

Gelöschter Benutzer: sorry, "transpersonal" meinte ich

Gelöschter Benutzer: Hallo Thorre,

wieder eingemischt fällt mir folgendes zu Deiner wirklich interessanten Frage ein.

Im Modus des Nicht-Denkens - wie Du schreibst - ist die Subjekt-Objekt-Trennung aufgehoben. Streng genommen gibt es dann aber auch niemanden, der "diese" Erfahrung macht. Auch "diese Erfahrung" ist bei aufgehobenem Subjekt-Objekt nicht mehr. Also auch kein Verweilen, kein Modus und kein Erleuchteter. Weit und breit nicht Heiliges. Ebenso kann diesem transperonalen "Nicht-Zustand" kein gegenteiliger Zustand gegenübergestellt werden, wenn Subjekt-Objekt in Wahrheit zusammenfallen, also kein Diesseits oder Jenseits der "Nicht-Erfahrung" existiert. "Das" was Du als zwei Modi bezeichnest, müßte prinzipiell identisch sein. Dann sind auch Berge wieder Berge. EINFACH so (hallo, Matthias :-)).

Herzliche Grüße,
Gernot

digne: Wenn ich diesen Fred so locker überlese, dann begreife ich auf einmal unsui.
Der hier immer einforderte,
doch in die Zitrone zu beißen statt über den Geschmack zu reden.

Ich versteh dich gut, Thorre, aber zZt möchte i c h persönlich gar nicht denken und nichts begreifen müssen:
Einfach nur auf dem Boden und zuhause ankommen; rund fühlen. Endlich mal.

QBrick: Hallo Thorre

Danke für die Erläuterungen, mir ist jetzt klar, wie du den einer etwas martialischen Begriffverwendung unterliegenden Aspekt der Aufhebung der Dualität in deinem Ansatz gerecht wirst.

Zum Profitstreben in der Zen-Praxis: Natürlich haben Zen Praktizierende das Ziel der Erleuchtungserfahrung (oder mehrerer). Nur ist der Gedanke daran ausdrücklich nicht Bestandteil der Praxis - und Praxis ist gerade auch beim Zen alltäglich. Kein Wunder also, wenn du in diesem Forum auf Menschen triffst, die diesen Aspekt strikt verneinen, denn dieses Forum zählt auch zu ihrer Praxis. Darin stimmen wir also überein, denn auch du bezeichnest die Absichtlosigkeit als Methode und damit der Praxis zugehörig. Und ich habe aus meiner eigenen Zazen-Praxis heraus mittlerweile den Eindruck gewonnen, daß es keiner weiterreichenden Begründung für Absichtlosigkeit bedarf als die, daß sich Zielvorstellungen genau wie andere gedankliche Abschweifungen während der praktizierten Achtsamkeit in Versenkung vor dem Nicht-Denken aufbauen.
Zielvorstellungen erzeugen viele kleine oder auch größere Wellen im Geiste. Das ist nach meiner Erfahrung auch schon alles.

Diese Wirklichkeit bedeutet beispielsweise nämlich manchmal, daß wir nur behalten dürfen, was aufzugeben wir bereit sind. <

Klingt sehr protestantisch. ;)
Nein, ich glaube ich verstehe das schon richtig. Aber im Zustand der Versenkung in Zazen hast du bereits alles aufgegeben. Und diese äußerlich unspektakulär anmutende Tätigkeit zwischen der blauen Stunde und dem Morgengrauen hat Auswirkungen auf den übrigen Tag. Unterschätze also die Sitzkissenkrieger nicht allzu sehr. :)

Viele Grüße

PS: Die Sache mit den buddhistischen Kriegern interessiert mich. Wenn du ein paar aufschlußreiche URLs auf Lager hast, würde ich mich sehr freuen, wenn du sie posten könntest. Danke.

Thorre: Hannes, keineswegs - hast Du den Dalai Lama schon mal vom "Feindzerstörer" reden gehört? Man kann das kritisieren, wenn man will, aber die Idee des buddhistischen Krieger ist so alt wie der Buddhismus selbst... Gruß Thorre

Thorre: Hallo QBrick,

ich verstehe Deine Einwände, glaube ich jedenfalls. Aber im Gegensatz zum westlichen Verständnis des Kampfes und des Gegners sieht die buddhistische Kampfkunst im Gegner eben gerade nicht ein vom Kämpfer getrenntes Etwas, das es lediglich zu vernichten gilt.

Die Art, wie der buddhistische Kämpfer den Gegner berührt, also das Verschmelzen mit diesem Gegner entspricht der Vereinigung der Gegensätze, so wie Du es wahrscheinlich meinst. Ich habe auf unserer Schul-Website ( www.damo-chuan.de) geschrieben: “Es gibt in der wahren Kampfkunst keinen Gegner. Der Gegner ist eine Illusion.“

Auf den Kampf gegen den Nikotin-Dämon bezogen bedeutet dies, daß der eigentliche Sieg in der Überwindung der Fiktionen besteht, die dem Dämonen Kraft verleihen. Auch hier ist der Gegner letztlich eine Fiktion. Indem man mit dem Gegner verschmilzt, und das heißt hier, erkennt, wieviel des Eigenen im vermeintlich Anderen steckt und umgekehrt, wird die Trennung überwunden.

Ich beschreibe außerdem, daß die Überwindung der Sucht nicht den eigentlichen Punkt des Konzepts darstellt, indem ich darüber aufkläre, wie bedeutsam der Prozeß an sich, also der Kampf um die Überwindung der Fiktionen ist. Einen „Rückfall“ kann es nicht geben, denn es ist aufgrund der Auseinandersetzung (bzw. Vereinigung) unmöglich „zurückzufallen“.

Etwas zu tun, weil man dieses Tun an sich schätzt und sich außerdem an dessen positiven Wirkungen erfreut, kann wohl nicht als ein Profitstreben bezeichnet werden. Auch Zen-Buddhisten haben eine Motivation für ihr Tun. Ich finde dieses Pochen auf der angeblichen Absichtslosigkeit immer höchst zweifelhaft.

Wenn es keine Gründe, das heißt also absichtsvolle Motivationen für das Zazen gäbe, dann ist nicht zu erklären, warum soviele es tun. Sind diese Menschen einfach nur Konformisten, fällt ihnen nichts Kreativeres ein? Wenn sie wirklich absolut keine Absicht mit ihrem Tun verbinden würden, warum tun sie dann so ganz und gar absichtslos alle das Gleiche?

Absichtslosigkeit ist eine Methode, das denke ich jedenfalls. Dafür gibt es einige gute Gründe, die mit der Wirklichkeit der Dinge in diesem Universum zusammenhängen. Diese Wirklichkeit bedeutet beispielsweise nämlich manchmal, daß wir nur behalten dürfen, was aufzugeben wir bereit sind. Ein Kämpfer durchschaut diese Herangehensweise instinktiv, aber die Nur-Sitzer scheinen sich der eigentlichen Logik, die hinter dem Loslassen steht oft nicht bewußt zu sein, jedenfalls ist das meine Empfindung.

Beste Grüße
Thorre

QBrick: Hallo Thorre

Zum Vertiefen fehlen mir sicherlich die medizinischen und psychologischen Kenntnisse. Ich kann hier aus meiner eigenen "Entwöhnungserfahrung" vom Nikotin sprechen, bzw. meine gerade einmal halbjährige Meditationspraxis und meine ebenso kurze Beschäftigung mit dem Buddhismus überhaupt heranziehen.

Mir fällt auf, daß dein Ansatz (ob bewußt oder unbewußt weiß ich nicht) sehr stark Dinge außerhalb des Individuums projeziert. Gegner, Probleme, Dämonen und Widerspenstigkeiten werden, wie du sagst, nach allen Regeln der "buddhistischen Kriegskunst" angegangen. Meine erster Gedanke einer von Zen inspirierten Suchttherapie war jedoch, den Zustand der Dualität des Indiviuums mit dem Problem aufzuheben. Alles, was ich bisher an Zen-Büchern gelesen habe (DT Suzuki, Dogens Shobogenzo Bd.1, der kleine Suzuki, TN Hanh) sprach unablässig zu mir von der Aufhebung der Dualität (ich habe übrigens bei Carr den leisen Verdacht, daß er etwas in der Art tut). Wie hast du diesen Aspekt in deine Strategie einfließen lassen?
Dein Ansatz erscheint mir vielmehr physisch ausgelegt und eher von asiatischer Kampfkunst, die sich ihrereits bestimmter geistiger Methoden des Zen bedient, inspiriert zu sein, als von der Zen-Praxis, wie oben genannte Autoren sie beschreiben. Daher steht bei deinem Ansatz auch der Überwindungsgedanke so sehr im Vordergrund.
Ich glaube, jemand in diesem Thread hat es bereits geschrieben: Wer das regelmäßige Sitzen ohne Profit betreibt, dem erscheint diese Herangehensweise im Widerspruch zum Kern des Zen stehen.

Grüße

Thorre: Hallo QBrick,

ich glaube, der wesentliche Unterschied zwischen „meiner“ Strategie und anderen Konzepten ist der, daß die Mittel, die ich zur Bewältigung der Sucht vorschlage, auf eine radikal neue Lebensperspektive abzielen. Ich erkläre einige fundamentale spirituelle Grundlagen des Kampfes, wie z.B. den „Kampf ohne Krafteinsatz“ und auch, weshalb die buddhistische Kampfkunst in der Übung des Kampfes eine Übung des Lebens sieht.

Man könnte also sagen, daß am Beispiel des Kampfes gegen die Nikotinsucht durchexerziert und gleichsam erprobt wird, was für grundsätzlich alle Kämpfe gelten kann. Das stellt dem Betroffenen in Aussicht, zu erlernen, wie man Gegner, Probleme, Dämonen, Widerspenstigkeiten etc. gemäß buddhistischer Kampfkunst auf eine Weise berührt, die dem scheinbaren Hindernis eine völlig neue, positive Qualität geben kann.

Die Quellen dieser Strategie gehen u.a. auf Äußerungen von SunTsu, Dogen, Takuan, Suzuki, LaoTse und Yagyu Munenori zurück. Eine besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang für mich, wie ich ja schon andeutete, die Hinwendung zum absoluten Augenblick, so wie sie besonders in den Zen-Künsten geübt und praktiziert wird, denn hier widerspiegelt sich meiner Meinung nach, eine wesentliche Qualität, um mit Monstren und Widrigkeiten aller Art umgehen zu lernen... Aber das ist eine lange Geschichte.

Falls Du aber an mehr Infos interessiert bist, können wir das gern vertiefen.

Gruß Thorre

QBrick: Hallo Thorre, ich habe mir deine Seite angesehen und bin ob des Buchtitels ein wenig verwundert; zumindest in den zwei von dir freigeschalteten Kapiteln findet sich nichts, das mehr mit Zen zu tun hätte, als eine "Brigitte"-Diät oder eine Anleitung zur erfüllteren Partnerschaft in der "Freundin".
Es findet die obligate Konfrontation des Lesers mit der leidvollen Realität des Rauchens statt, verbunden mit der Aufforderung der Selbstreflektion.
Wo liegt bei deinem Ansatz also der Unterschied im Vergleich zu Nichtraucherbüchern von der Stange?
Würdest du deine Zen-Strategie zu Beendigung des Rauchens bitte genauer umreißen?

Grüße.

QBrick: Und du?

digne: =Ton allman:
"Was soll schon aus mir geworden sein;
mit Sicherheit war und bin ich immer auch ein Xiong Shui. Ich bin ja eigentlich von Zen.de weg, weil meine Anwesenheit dort vollkommen ueberfluessig war. Und sehe deshalb auch keinen Grund, wieder hinzugehen. Och, und wenn er von mir gegrueßt werden will, dann grueß ihn."

Und zum Zweiten:

Ach XiongShui, auch bei dir driften Anspruch und Wirklichkeit auseinander.
Und ich frage lieber nach, als dass ich fehlinterpretiere.

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Mir fällt dazu folgende Geschichte ein:

Zwei Mönche

Zwei Mönche waren auf der Wanderschaft. Eines Tages kamen sie an einen Fluss.
Dort stand eine junge Frau mit wunderschönen Kleidern. Offenbar wollte sie über den Fluss, doch da das Wasser sehr tief war, konnte sie den Fluss nicht durchqueren, ohne ihre Kleider zu beschädigen.
Ohne zu zögern ging einer der Mönche auf die Frau zu, hob sie auf seine Schultern und watete mit ihr durch das Wasser. Auf der anderen Flussseite setzte er sie trocken ab.
Nachdem der andere Mönch auch durch den Fluss gewatet war, setzten die beiden ihre Wanderung fort.
Nach etwa einer Stunde fing der eine Mönch an, den anderen zu kritisieren: " Du weißt schon, dass das, was Du getan hast, nicht richtig war, nicht wahr? Du weißt, wir dürfen keinen nahen Kontakt mit Frauen haben. Wie konntest Du nur gegen diese Regel verstoßen?"
Der Mönch, der die Frau durch den Fluss getragen hatte, hörte sich die Vorwürfe des anderen ruhig an. Dann antwortete er: "Ich habe die Frau vor einer Stunde am Fluss abgesetzt - warum trägst Du sie immer noch mit Dir herum?"

(frei nacherzählt, The Wisdom of Zen Masters)

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Jamady: ist doch schon was das du gehoert hast er habe Problem mit dem herzen ( gehabt ). Von anderen wuerdest du nie was hoeren. z.B mipooh, wenn er von einer Palme faellt wuerden wir das je erfahren?? So sind eben die Tastatur Freundschaften, kommen und gehen.< anonym.>
und was bleibt zurueck ausser der erinerung?
lieben gruss
jamady

QBrick: Hallo Thorre,
entschuldige, ich habe vorausgesetzt, daß du das Carr-Buch kennst. Der Kernsatz der Lektüre ist: Sobald du die letzte Zigarette ausgemacht hast, bist du ein Nichtraucher. Es gibt nichts worauf du warten müßtest, nichts, was nun passieren wird; du hast das Ziel bereits erreicht. Damit wischt Carr auch jegliche ausgefeilten Entwöhnungsstrategien vom Tisch. Über Nikotinpflaster sagte er sinngemäß: "Warum soll man sich den Stoff, von dem man loskommen will, auch noch in Form kleiner Pflästerchen verabreichen?"

Trotzdem würde ich nicht leugnen wollen, daß der gehirnwäscheartige Charakter des Buches ein wenig Mut gemacht hat. :)

>Ich finde es ziemlich verwunderlich, daß Du ein Buch wie das von A.Carr ganz selbstverständlich als Unterstützung akzeptieren kannst, das Buch eines Buddhisten, der buddhistische Denkweisen auf das Suchtproblem anwendet jedoch nicht.<

Ich weiß nicht, was an deinen Ausarbeitungen buddhistisch ist; ich habe sie allerdings auch nicht gelesen. Daß du dich als Buddhist siehst, garantiert ja noch nicht, daß deine Ausführungen zur Suchtbewältigung einen buddhistsichen Kern hätten. Und da weiß ich sowieso nicht, was damit gemeint sein und wie so etwas aussehen soll.
Aber um deiner Antwort endgültig den Wind aus den Segeln zu nehmen: Ich habe doch gar nicht behauptet, daß "das Buch eines Buddhisten etc. etc."
Nach einem kurzen Besuch deiner Website muß ich allerdings zugeben, daß mir dein Text für einen Zen-Standpunkt jedoch ein wenig zu lang erscheint. ;)