Duvide: Hi Oktober,
Ich denke, du drückst dich sehr gut aus und ich verstehe was du meinst.
Sawaki Roshi ist wunderbar! Er sagte auch:
"Der Bodhisattva Avalakiteshvara läuft vor nichts davon und läuft auch nicht hinterher. Er läst sich nicht treiben von der vergänglichen Welt, weil er nicht von der Hypothese ausgeht, dass wir uns erst einmal aus unserem Leiden und unseren Illusionen befreien müsen. Er erkennt klar(durch Zazen), dass all das ursprünglich gar nicht existiert, deshalb gibt es für ihn nichts, wovor er davon- oder hinterherlaufen müsste. Und deshalb geniesst er die Freiheit, sich in jeder möglichen Situation und jeder denkbaren Form spielerisch selbst zu verwirklichen."
Was soll man dazu noch sagen?
LG D http://www.realhomepage.de/members/chan/

Sundro: Hallo WD,

ich verdiene Geld von 7:30 bis 16:30. Dann nutze ich meine Freizeit so gut es geht.
Das heißt 2 Tage TaiChi (einer davon als Lehrer), 2 Tage Schwimmtraining, 1 Tag Zazen in der Gruppe. Im Sommer verlagern sich meine Aktivitäten mehr ins Freie (Mountainbiken, Schwimmen im See)
Ich habe sehr unterschiedliche Freunde. Ich kann damit leben, das diese Freunde unterschiedliche Interessen haben.
Mit dem Einen treffe ich mich zum Biken, mit dem Anderen zu TaiChi oder zum Sitzen.
An Tagen ohne eine Aktivität, die mir gehört, geht es mir nicht so gut. Ich würde durchdrehen, wenn ich nur arbeiten würde.
Das Ganze passiert in und mit meiner Familie.( 3 Kinder)
Zum Sitzen komme ich meistens 1 mal am Tag (abends)
Das Einzige auf was ich locker verzichten könnte, ist die Arbeit. Da habe ich eigentlich gar keine Zeit dafür.
Ich würde mein Leben niemals auf eine "Richtung", auf eine Sache beschränken.
Leben ist so toll, so weit. Sport bis zum Umfallen - entspanntes TaiChi - tobende Kinder- Zazen - Bier und Wein !

Lieben Gruß
Sundro

oktober1962: Hallo WD,

ich glaube, da bist du nicht alleine.
Mal kurz mein Leben vor der Berührung des Buddhismus:
Ich bin seit über 20 Jahren Krankenschwester, war 10 Jahre verheiratet, bin jetzt seit 5 Jahren alleinerziehen mit 2 Kindern.
In all den Jahren ist so viel passiert, das Leben ist einfach vergangen, mit Arbeit, Freizeitbeschäftigungen, mit den Kindern, Freunde und Bekannte, man traf sich, redete über irgendetwas und ging wieder,alles ist irgendwie einfach so vorbeigegangen.
Und immer das Gefühl im Hintergrund, das kann es nicht sein, so soll das Leben aussehen?
Ich bin katholisch erzogen worden, aber ich hatte nie einen Zugang zu Gott, all die Gebote und wenn man sie verletzt, wird man bestraft (Hölle).
Meine Kinder wurden immer größer, habe ich das überhaupt richtig gemerkt?
Jeder Tag ging einfach vorbei und abends habe ich mich gefragt, was hast du heute gemacht, tausend Kleinigkeiten aber wo ist der Sinn?
Als Krankenschwester habe ich viel Leid und Tod erlebt, und mich immer gefragt, wozu das alles, was geschieht da mit uns, warum ist das so?

Als ich vor ca 1,5 jahren anfing, mich mit Buddhismus zu beschäftigen, hatte ich das Gefühl, die Antworten auf meine Fragen zu bekommen.

Ich will mich jetzt nicht in Einzelheiten verlieren, aber mein Bild hat sich völlig gewandelt.
Alleine durch das praktizieren der Achtsamkeit sind mir so viele Dinge bewußt geworden, wie wir mit unserer Umwelt umgehen, wieviel Schaden wir anrichten, wie oft ich meinen Kindern wehgetan habe durch achtloses Verhalten;wie die Menschen miteinander umgehen, Krieg überall; was Alkohol anrichtet; wie ich in meinem Beruf Patienten oberflächlich behandelt habe und noch vieles mehr.
Im Zusammensein mit anderen fehlten mir plötzlich die Gesprächsthemen, alles hörte sich so oberflächlich an.
Im TV fielen mir die Filme und Shows auf, die auf Leid, Zerstörung oder Schadenfreude basieren, ich konnte damit nichts mehr anfangen.
Am liebsten war ich in der Zeit einfach alleine; sitzen, nachdenken,lesen, das war mir wichtig.

Im Moment ändert sich das wieder.
Ich kann nicht genau sagen warum,aber ich habe Texte von Sawaki Kodo gelesen :

" Wir sind einfach nur geboren worden, und wir werden einfach nur sterben. Doch du fragst nach dem Sinn des Lebens. Du fragst, was dir Zazen bringt. Dabei hättest du kein Recht, dich zu beschweren, wenn du letztes Jahr gestorben wärst. Ist es nicht von vornherein klar, dass das Leben nichts bringt? Es ist nur ein Kommen und Gehen, und das ist alles. Dein Problem ist, dass du etwas in deiner Brust herumträgst, das du nicht akzeptieren willst."

Im Buddhismus geht es um das Leben selbst, und das findet überall statt. Der Trick ist vielleicht, das was um uns herum geschieht anzunehmen ohne zu bewerten und einfach mitzuleben.
Bei Charlotte Joko Beck las ich immer wieder: "Wir sollen dem Leben dienen".
Das kann ich aber nicht, wenn ich mich zu Hause vergrabe und nur noch sitze.
Das Sitzen gibt mir die Kraft rauszugehen,dann kann ich versuchen, die Lehre anzuwenden.

Ich kann mich um die Tiere und Pflanzen kümmern, Menschen helfen, einfach nur zuhören, dasein, mein Auto öfter stehenlassen, weniger Wasser verbrauchen, mich für etwas einsetzen,wenn ich mal ausgehe keinen Alkohol trinken, mit Bekannten über das Wetter reden, im TV sehen, was mir gefällt,gegen manche Sendungen protestieren, mir eine neue Gemeinschaft suchen, andere Menschen kennenlernen, einfach nur am Leben teilnehmen.

Ich denke, diese Zeit des Rückzuges ist wichtig, um sich neu zu orientieren, um den Dharma zu verstehen und im Leben anwenden zu können .

Ich kann mich nicht immer so gut ausdrücken, aber ich hoffe, du verstehst was ich sagen wollte.

Liebe Grüße
Oktober

oktober1962: Dazu ein kleines persönliches Erlebniss:

Gestern kam mein Sohn, er ist 15, aus der Schule und erzählte, das eine Klassenkameradin am Wochenende bei einem Autounfall gestorben ist.
Einen Tag zuvor hat er noch mit ihr für eine Karnevalsaufführung geprobt.
Er selber hat sich schon immer mit dem Tod auseinandergesetzt, da er Diabetiker ist und schon einige Male mit schweren Unterzuckerungen zu tun hatte.

Ich selber habe eigentlich immer Angst vor diesem Thema gehabt, bis ich zum Buddhismus gekommen bin .
Seit dem sehe ich den Tod als etwas an, was vom Leben nicht zu trennen ist, denn ohne Tod gibt es keine Veränderung und es kann nichts Neues entstehen.

Und diese Sicht verändert alles. Ich habe meinen Sohn gestern umarmt und war dankbar, das er noch da ist, und plötzlich waren alle Streitigkeiten (er ist in der Pubertät) weg, es war nur noch Liebe und Dankbarkeit da.
Und so geht es mir in vielen Dingen. Wenn ich mich ärgere , denke ich an die Vergänglichkeit und die Veränderung, dann legt sich mein Ärger.

Liebe oder Haß?
Das sind 2 Gefühle, die wir immer haben werden, je nach dem, wie wir eine Situation beurteilen, aber unter dem Aspekt der Vergänglichkeit ist es mir gelungen, meinen Haß auf einige Personen aus meiner Vergangenheit in Akzeptanz umzuwandeln.
Dazu gehört, glaube ich, auch die 1. edle Wahrheit; wenn man sich bewußt macht, das alle Wesen aufgrund ihrer Ichbezogenheit leiden, dann führt auch das zur Akzeptanz und der Haß legt sich.
Wobei Akzeptanz für mich nicht heißt, das ich das Verhalten des anderen gutheiße, aber ich kann es verstehen, das erleichtert mir den Umgang mit anderen.

Liebe Grüße
Oktober

Gelöschter Benutzer: Hallo Joshin
mir hat Nisargadatta Maharaj sehr geholfen diesen Widerspruch zu lösen.

Frage: Was ist Liebe?
Maharaj: Wenn das Gefühl von Trennung und Unterscheidung nicht vohanden ist, dann können sie es Liebe nennen.(aus "Ich bin")

Somit ist es keine Frage mehr von Begehren oder Ablehnung sondern einfach nur die Abwesenheit dieser beiden.
Versuche diese Liebe zu leben.
liebe Grüsse
Helmut

Ralf54: Also Leute, jetzt hört doch mal auf , über das Shinjinmei und den Begriff 'Liebe' zu schwadronieren. Das ist nur eine bescheuerte Übersetzung, sonst nichts.

Die erste Hälfte des zweiten Doppelverses des Shinjinmei lautet:
但莫憎愛
(dan mo zeng ai)
但 dan bedeutet 'nur, lediglich' und 莫 mo 'nein, nicht, gibt nicht'. Beides gemeinsam in diesem Zusammenhang (auf den vorangehenden Vers bezogen) 'nur nicht'. Danach kommt 憎 zeng, was im normalen Sprachgebrauch 'hassen, verabscheuen, ablehnen' bedeutet. 愛 ai wiederum heisst nicht 'lieben' sondern 'begehren, verlangen, ersehnen'. Beides zusammen - 憎愛 zeng ai – steht in buddhistischem Kontext für die aus Unwissen (avidya) entstehenden Antriebe, die wiederum zum Anhaften (upadana) führen. Anders ausgedrückt für die ursprünglichen 'Befleckungen' (skrt. klesha, chin. fannao, jap. bonnô). In westlichen Sprachen werden diese Antriebe gewöhnlich mit 'Gier' und 'Hass' übersetzt. Die ursprünglichen Sanskritausdrücke sind 'trsna' und 'lobha'. Nun ist 'Gier' zwar keine besonders gute Übersetzung von 'trsna'; 'Begehren' (und damit auch das chinesische 愛 ai) trifft es besser. Aber es ist immer noch zutreffender als 'Liebe'.

Also: 'nur nicht ablehnen oder begehren'. Hat mit Liebe nur sehr entfernt etwas zu tun.

Gasshô,
SoGen

newplayer: ()
"Wie ist das nun mit Lieben und Hassen? Soll man nicht, darf man nicht."

Hassen ? - mein lieber Joshin, der uns einen friedvollen Tag wünscht ?
Nein !

newplayer
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elco: Erstmal Danke an alle für Eure ermutigenden Antworten.

Unstet, auf Deine Frage "Was wirst Du tun?" kann ich nur spontan antworten: Ich glaube, ich habe mich bereits vor sehr langer Zeit entschieden, schon als Kind, lange bevor ich etwas von Zen gehört hatte.

Viele Grüße,
elco

elco: "Dir für Deine Zeilen zu danken, wäre Blasphemie."

Ich verstehe Deine Bemerkung nicht. Es gibt nichts wirklich heiliges, also gibt es auch nicht wirklich Blasphemie.

Gruß,
elco

QuigonJinn: sinneswelt nicht befriedigend sei.

wer erwartet nicht befriedigung von sinneswelt, auch leiden nicht wird


loslassen du musst sinneswelt, nehmen sie wie ist sie, dann fragen hören auf.

elco: Am Anfang hatte ich den Eindruck, dass da eine Lehre ist, die zu meiner bereits vorhandenen Überzeugung passt. So eine Art gutmütiger Nihilismus war das.

Später habe ich gemerkt, dass man beim Zen nicht das bekommt, was man sich vorher darunter vorgestellt hat.

Dabei geblieben bin ich, weil ich die erstaunliche Wirkung von Zazen erlebt habe. Mal sehen, was noch kommt...

Gruß,
elco

QuigonJinn: viel zeit ihr verschwendet

Ralf54: Hallo elco,
offensichtlich verwechselst Du Dharma-Übertragung und die (zeremonielle) Bestätigung der Übertragung (inka). Mit der Bestätigung ist gelegentlich durchaus Schindluder getrieben worden.

Mit der Nachfolgeregelung für 'Äbte' hat inka nur indirekt etwas zu tun. Zwar muss ein Abt inka haben(aber nicht notwendig von seinem Vorgänger), aber man wird durch inka nicht automatisch zum Abt.

Gasshô,
SoGen

elco: Ich glaube da ehrlich gesagt nicht dran.

Die unscheinbarsten Menschen, denen du auf der Strasse begegnest, können erleuchtet sein, ohne dass sie jemals etwas von Zen gehört haben.

Was ist Dharma-Übertragung eigentlich? Ganz einfach: Das ist eine Klostertradition, geboren aus der Notwendigkeit, einen Nachfolger für den alten Abt zu finden.
Wer etwas anderes behauptet, ist einfach naiv!

orwellg: Ich würde Zen mit anderen Religionen nicht vergleichen wollen, obwohl sich Zen der Tendenz zur Verkirchlichung auch nicht immer entziehen konnte. Aber die "Selbstreinigungskraft" war im Zen von jeher beachtlich: Es gab in jeder Epoche Meister, die die ursprüngliche Lehre erfolgreich wiederbeleben und darüberhinaus neue Impulse setzen konnten - aber ohne neue Glaubenssätze/Dogmen einzuführen. Eigentlich wurde Zen im Laufe der Zeit sogar immer "weniger", d.h. es konnte sich von immer mehr Ballast befreien.
Ausgewählte Kurzbiographien solcher Meister sind zB im Buch "Verrückte Wolken / Zen-Meister / Zen-Rebellen" von Besserman/Steger nachzulesen.

Die Frage, ob ein konzeptloses Zen weitergegeben werden kann, ist zu bejahen: Voraussetzung für die Übertragung von Meister zu Schüler war und ist ja gerade jenes Verständnis, das über das verstandesmäßige, konzeptionelle Denken hinauszugehen hat - der Wirklichkeit ist nichts hinzuzufügen.

elco: Ich bin froh, dass Du diesen Aspekt ansprichst.

Wenn es dieses konzeptlose Zen gibt, dann stellt sich die Frage, ob es sich mit anderen Religionen vergleichen lässt. Dieses Zen wäre von innen betrachtet gar keine Religion und kein Glaubenssystem. Aber dann kann man sich (vorausgesetzt, man hat genügend Phantasie) immer noch vorstellen, dass dieses Zen von aussen betrachtet trotzdem die gleichen stabilisierenden Wirkungen hat, die Wilson bei den "echten" Religionen untersucht hat.

Eine ganz andere Frage ist, ob es dieses konzeptlose, nicht-kirchliche und nicht-volksnahe Zen überhaupt gibt. Ob es das überhaupt geben kann! Kann ein völlig konzeptloses Zen überhaupt von Meister zu Schüler weitergegeben werden?

Gruß,
elco

orwellg: Hier besteht mE ein grundsätzliches Problem, nämlich die Einordnung von Zen in die Reihe der 35 Glaubenssysteme und Religionen, die Wilson im Rahmen seiner Studie untersucht hat.
Viele klassiche Merkmale anderer Religionen fehlen ganz einfach: Im Zen gibt es keine "vorverdaute" Sicht von der Welt, die derjenige, der den Weg beschreitet, übernehmen kann/soll, und die ihm und seiner Gemeinschaft dann aufgrund einer verbesserten Sozialordnung einen evolutionären Vorteil verschaffen würde, was ja die Kernaussage von Wilsons Thesen ist. Ganz im Gegenteil fordert Zen von seinen Wegbeschreitern, daß zunächst jegliche Konzepte von sich und der Welt abzulegen sind (was allerdings für den Volksbuddhismus und Kirchen-Zen nicht unbedingt ebenfalls zutreffend ist).
Diese Studie wirft für Zen daher nicht zwangsläufig die von Dir genannten Fragen auf; vielmehr würde man Äpfel mit Birnen vergleichen.
lg