http://antaiji.dogen-zen.de/dogen/gak0.html
Das ist ein link, der zum antaiji-Kloster von Muho führt und hier einen Text enthält, der sicherlich für alle die ernsthaft praktizieren interessant ist.
GAKUDÔYÔJINSHÛ
Sammlung von Punkten, auf die bei der Übung des Weges zu achten ist
1. Entfache den Geist des Erwachens (Bodhi-Geist)
Der Geist des Erwachens hat viele Namen, doch es ist nur ein einziger Geist.
Patriarch Nagarjuna sagt: "Der Geist, der die Vergänglichkeit allen Entstehens und Vergehens in der Welt erkennt, wird auch Geist des Erwachens genannt." Lass uns deshalb für den Augenblick diesen Geist als den Geist des Erwachens ansehen. Wenn du die Vergänglichkeit wirklich erkennst, dann wird kein egoistischer Geist wachgerufen, es entsteht keine Ruhmsucht, und du erschrickst über die Schnelle des Zeitlaufs. Darum übe den Weg, so als wolltest du ein Feuer auf deinem Haupt auslöschen. Bedenke, wie unsicher dein Leib und Leben sind. Deshalb sollte deine Übung dem Beispiel Shakyamuni Buddhas folgen, der seinen Fuß einmal für sieben Tage anhob. Selbst wenn du denn Lobgesang eines Kinnara Gottes oder eines Kalavinka Vogels vernimmst, lass es dir das Heulen des Abendwindes in den Ohren sein. Selbst wenn du der Antlitze von Schönheiten wie Maoqiang oder Xishi gewahr wirst, lass es dir das Rinnen des Morgentaus in den Augen sein. Sobald du dich erst einmal aus den Fesseln deiner Sinne befreit hast, wirst du von allein dem Prinzip des erwachten Geistes entsprechen.
Heute wie in vergangenen Tagen hören wir von denen, die nur wenig von der Lehre vernommen haben, und sehen jene, die wenig verstehen. Viele sind in die Fallgrube der Ruhmsucht gestürzt, für immer haben sie das Leben des Buddhaweges eingebüßt. Wie bedauernswert! Gehe nicht daran vorüber, ohne es verstanden zu haben.
Selbst wenn du die provisorischen und die wahren Sutren liest, und die exoterischen und esoterischen Lehren weitergibst, kann dennoch keine Rede vom Geist des Erwachens sein, solange du nicht Ruhm und Ehre von dir wirfst.
Einer sagt, erwachter Geist sei der unübertroffene, wahre und absolute Geist, und mit Ruhm und Verdiensten habe er nichts zu tun. Ein anderer sagt, es sei der eine Gedanke der Dreitausend, und wieder ein anderer, das Dharmator bei dem kein einziger Gedanke hervorgerufen wird. Noch einer nennt den erwachten Geist den Geist, der in das Buddhameer eintaucht.
All diese Kerle wissen nichts vom Geist des Erwachens, gewissenlos ziehen sie ihn in den Schmutz. Ferner als fern sind sie vom Buddhaweg. Sieh dir doch einmal den Geist an, dem es um Ruhm und eigene Interessen geht: Berührt dieser Geist den einen Gedanken der dreitausend Wesensgestalten? Bezeugt er das Dharmator bei dem nicht ein einziger Gedanke hervorgerufen wird? Nein, da ist bloß wahnhaftes Streben nach Ruhm und Verdiensten, und nichts, was wir als erwachten Geist begreifen könnten. Seit alters her teilen die Heiligen, die zu Weg und Lehre gelangt sind, diese Staubwelt mit uns, um uns dadurch zu retten, doch keiner von ihnen vergeudet jemals auch nur einen Gedanken an Ruhm oder Verdienste. Selbst an der Lehre haften sie nicht, wie könnten sie je an der Welt haften? Was "Geist des Erwachens" genannt wird bedeutet an erster Stelle den Geist, der die Vergänglichkeit erkennt, von dem wir oben gesprochen haben. Er hat nichts zu tun mit dem, worauf die Tollköpfe zeigen. Deren ungeborene Gedanken und dreitausend Gestalten ge hören der wunderbaren Übung an, die nach dem Entfachen des Geistes kommt. Bringe das nicht durcheinander. Für den Augenblick solltest du einfach in Ruhe üben, indem du dich selbst ganz vergisst. Auf diese Weise wirst du vertraut mit dem Geist des Erwachens werden.
Die 62 Standpunkte beruhen alle auf einem "Selbst". Falls du dir einen Begriff von einem "Selbst" machst, setze dich in Ruhe hin und beobachte: Was ist die Wurzel alles dessen, was zu deinem Leib, innen und außen, gehört? Der Leib, mit Haut und Haaren, ist etwas, was du von Vater und Mutter erhalten hast. Deren zwei weiße und rote Tropfen sind von Anfang bis Ende substanzlos. Deshalb kann das nicht dein "Selbst" sein. Unser Leben wird zusammengehalten vom Wirken unseres Geistes als Wille, Bewusstsein und Wissen. Doch was ist das letztendlich, in diesem einen Atemzug? Auch dies ist kein "Selbst". Hänge deshalb weder am Körper noch am Geist. Wer daran hängt, geht in die Irre, wer loslässt, erwacht.
Und dennoch rechnest du auf ein "Selbst", wo kein "Selbst" ist, du hängst an deinem Leben, obwohl es nicht "dein" Leben ist. Du übst nicht, was du auf dem Buddhaweg üben solltest, und du trennst dich nicht von den weltlichen Gefühlen, von denen du dich trennen solltest. Dich widert vor der wahren Lehre, während du falschen Lehren hinterherläufst. Wie könntest du dabei nicht in die Irre gehen?
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Folge bei der Übung der Buddhalehre den Anweisungen eines Lehrers, nicht deinen persönlichen Ideen und Urteilen. Die Buddhalehre lässt sich weder mit Geist finden, noch lässt sie sich ohne Geist finden. Solange der Geist, mit dem du dich der Übung widmest, nicht eins mit dem Weg ist, werden dein Körper und Geist keine Ruhe haben. Solange dein Körper und Geist keine Ruhe haben, solange werden sie auch kein Glück und Frieden finden. Wenn Körper und Geist kein Glück und Frieden finden, wird dein Weg zum Erweis mit Dornen gespickt sein.
Was müssen wir nun tun, um unsere Übung in Einklang mit dem Weg zu bringen? Unser Geist darf nach nichts greifen und nichts von sich weisen, weder Name noch Gewinn dürfen dem Geist zu schaffen machen.
Wir üben die Buddhalehre nicht für die Menschen. Wer die Buddhalehre so übt wie die Menschen in der heutigen Welt, dessen Geist ist ferner als fern vom Weg.
Wenn die Menschen dich für etwas loben, übst du es auf der Stelle, selbst wenn du weißt, dass es vom Weg abweicht. Wofür du nicht gerühmt und gepriesen wirst, selbst wenn du weißt, dass es der richtige Weg ist, das wirfst du fort ohne es zu üben. Wie schmerzlich! Versuche doch einmal mit ruhigem Herzen zu beobachten: Entspricht diese Tätigkeit deines Geistes der Buddhalehre oder nicht? Wie schmachvoll, wie beschämend! Die Augen des Heiligen beleuchten es.
Wir üben die Buddhalehre auch nicht für uns selbst. Noch viel weniger um des Ruhmes oder der Ehre, der Verdienste oder der Bildung willen. Wir üben sie einfach der Buddhalehre zuliebe. Alle Buddhas erbarmen sich aus Güte den leidenden Wesen - nicht für sich selbst, nicht für andere. Dies ist nichts anderes als die Gepflogenheit der Buddhalehre. Sieh dir die Insekten und Kleintiere an: Besorgt m ühen sie sich bei dem Geschäft ab, ihren Nachwuchs aufzuziehen, mit Körper und Geist nehmen sie Not und Elend auf sich. Wenn der Nachwuchs schließlich groß geworden ist, haben Vater und Mutter am Ende nicht den geringsten Gewinn davon. Dennoch bedenken selbst Kleintiere ihre Nachkommen mit solcher Güte. Das erinnert auf natürliche Weise an die Güte, mit der sich die Buddhas der leidenden Wesen annehmen.
Die wunderbare Lehre aller Buddhas beschränkt sich nicht einfach auf die eine Straße der Güte, sondern sie verwirklicht sich in sämtlichen Toren, die alle dieselbe Wurzel haben. Wir sind bereits Kinder der Buddhas - wie könnten wir nicht von den Buddhas lernen? Übender, denke nicht daran, die Buddhalehre für dich selbst zu üben, übe sie auch nicht um Ehre oder Verdienst willen, übe sie nicht in der Hoffnung auf spätere Belohnung, übe sie nicht um spirituelle Erfahrungen zu sammeln. Die Buddhalehre lediglich der Buddhalehre zuliebe zu üben, das ist der Weg.
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