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Ralf54:
Ich halte es auch für etwas problematisch, das chin. 'Tsung' bzw. jap. 'Shu' mit 'Sekte' zu übersetzen. 'Schule' oder 'Fraktion' wäre vielleicht passender, da sich die buddhistischen 'Sekten' i.d.R. nicht gegenseitig die Orthodoxie oder die Eignung absprechen, zur Befreiung aller fühlenden Wesen beizutragen. Sicher gibt es auch Ausnahmen. So gibt es etwa von Nichiren den Ausspruch:
'Nembutsu mugen, Zen tenma, Shingon boukoku, Ritsu kokuzoku' - Nembutsu ist Hölle, Zen ein bösartiger Dämon, Shingon nationaler Ruin und Ritsu Verrat.
Aber solches 'Sektierertum' ist, wie gesagt, eher die Ausnahme.
Freundliche Grüße,
Ralf
Ralf54:
Im China der T'ang-Dynastie entstanden fünf Schulen des Ch'an, die ihre Linie alle auf den sechsten Patriarchen Hui-Neng (638-713) zurückführen. Von diesen 'Fünf Schulen, sieben Häusern' überstanden lediglich die T'sao-Tung - (jap. Soto) und die Lin-Chi - (jap. Rinzai) Schule die Zeiten. Rinzai hatte zwei Hauptlinien, Huang-lung (Oryo) und Yang-chi (Yogi) (daher 'sieben Häuser').
Soto und Rinzai führen ihre Linien jeweils auf einen Dharma-Erben Hui-Nengs zurück, auf Ching-yuan Hsing-ssu (660-740) und Nan-yueh Haui-jang (677-744). Unterschiede in der Art der Schulung zeigten sich bereits bei deren größten Schülern: Shih-t'ou Hsi-ch'ien (700-790) und Ma-tsu Tao-i (709-788). Die eigentlichen Schulgründer waren deren 'Urenkel' Tung-shan Liang-chieh (806-869) mit seinem Schüler Ts'ao-shan Pen-chi (840-901) respektive Lin-Chi (? - 866).
Die T'sao-Tung / Soto - Schule wurde von Dogen Kigen (1200 - 1253) nach Japan übertragen; die Lin-Chi / Rinzai - Schule der Huang-Lung / Oryo - Linie von Eisai (1141-1215). Die Oryo / Eisai - Linie starb allerdings recht früh aus, das japanische Rinzai geht auf verschiedene chinesische und japanische Meister zurück, die im 13. und 14. Jahrhundert die Yang-Chi / Yogi - Linie in Japan etablierten.
1654 übertrug dann Yin-Yuan, jap. Ingen (1592-1673) eine weitere chinesische Lin-Chi-Linie nach Japan, die sich nach Lin-Chis Lehrer Huang-Po (jap. Obaku) die Obaku-shu nennt.
Neben diesen 'klassischen' japanischen Zen-Sekten existiert weiterhin der zeitgenössische Buddhismus chinesischer Prägung, in dem die Ch'an-Tradition eine wichtige Rolle spielt. Sie ist dort mit anderen Traditionen, vor allem der Amida-Verehrung (Reines Land), verschmolzen. Dieser Prozess setzte spätestens während der Ming-Dynastie ein, und auch die Obaku-Schule trägt deutliche Spuren davon. Außerdem gibt es die koreanische Seon- und die vietnamesische Thien-Sekte, über die ich allerdings nur sagen kann, dass auch sie sich von der Lin-Chi-Schule ableiten.
In Japan eine Zuordnung zu Sekten oder auch nur zu einer bestimmten Religion zu treffen, ist schwierig, da sich vor allem Shinto und Buddhismus gegenseitig nicht ausschließen und es keine offizielle Registrierung (z.B. für eine Kirchensteuer) gibt. Schätzungsweise 84 % der Bevölkerung können im weitesten Sinne als buddhistisch gelten. Es gibt 28 von der Regierung anerkannte buddhistische Sekten, wobei auf Tendai, Nichiren, Shingon und Jodo zusammen ca. 88 % und auf Zen etwa 8 % entfallen - was eine Schätzung von ca. 8,4 Millionen Zen-Anhängern in Japan ergibt. Davon wiederum entfallen 6,8 Millionen auf Soto- und 1,6 Millionen auf Rinzai-Anhänger. Die Obaku-Schule ist zumindest in statistischer Hinsicht bedeutungslos. Dieses Verhältnis spiegelt sich auch im Westen in etwa wieder, wobei im Westen außerdem eine in Japan eher unbedeutende Zen-Laienorganisation eine sehr große Rolle spielt: die Sanbo Kyodan oder Harada-Yasutani-Schule. Diese Schule hat ihre Wurzeln sowohl im Soto- wie im Rinzai-Zen und versucht (wenn ich es richtig verstanden habe) beide Traditionen zu verbinden. Viele bekannte westliche Lehrer (vor allem solche mit christlichem Hintergrund) kommen aus dieser Schule.
Die unterschiedlichen Traditionen resultieren natürlich in getrennten organisatorischen Strukturen. Außerdem gibt es Unterschiede im Ritual und in den 'Mönchsregeln'. Unterschiede in der Praxis sind möglicherweise weniger gravierend, als oft angenommen. Dafür hat der rege Austausch zwischen beiden Schulen gesorgt. Es war und ist durchaus nicht ungewöhnlich, dass ein junger Mönch während der 'Angya', der Pilgerreise, Klöster beider Richtungen aufsucht und sich dort schult. Dies ist ehrwürdige Tradition - es gibt etliche Geschichten darüber, wie sich schon Ma-tsu und Shih-t'ou gegenseitig Schüler zusandten. Sicher wird im Rinzai mehr (oder häufiger) Wert auf Kanna, die Praxis des 'Schauens auf ein Koan' gelegt, während im Soto vorwiegend das 'Shikantaza', 'nichts als treffend Sitzen' geübt wird. Das heisst nicht, dass es im Soto keine Koan oder im Rinzai kein Shikantaza gibt ... Vielleicht könnte man sagen, im Rinzai sei der Zugang dynamischer. Von Wolfgang (Layman Ho) habe ich einmal einen guten Vergleich gehört:
Um in eine belagerte Stadt zu kommen, versuchen Rinzai-Leute, die Tore aufzubrechen, die Mauern einzureißen und die Stadt zu erstürmen. Die Soto-Leute dagegen lassen sich vor der Stadt nieder, bauen Gemüse an und verkaufen es dann auf dem Marktplatz der Stadt ...
Animositäten ... nun, auch Zen-Leute sind Menschen. Häufig Menschen, die zu scharfer Kritik neigen. Ja, und (zu) profan sind Deine Fragen mE nicht.
snoop_O:
jeder hat nur für sich selbst zu sorgen
eitelkeit mag dir verwerflich erscheinen,
sie schadet jedoch keinen anderen,
somit geht dich das auch nichts an.
oma, du hast wirklich genug zu tun
also kümmere dich um dich.
oma_lacht:
>>es ist schon komisch, wie theoretisch das klingt, Aggressionen zu haben, ist ganz gesund.
Ja. Aggressionen sind eine der stärksten Treibsätze für den Fortgang der Dinge. Damit ist ja noch nichts darüber gesagt, ob A. nun gut oder schlecht seien.
Bruder-Ho:
Hallo lachende Omi,
es ist schon komisch, wie theoretisch das klingt, Aggressionen zu haben, ist ganz gesund. Wenn mir jemand unterstellt, ich wäre mies drauf und bin jedoch quitschvergnügt, dann werde ich böse. Nun kann ich das im Zazen abbauen, doch der Kenner meines Gemüts wähnt sich alter Hase, er braucht einen Dämpfer. Damit propagiere ich kein Faustkampf :o) Es gibt Regeln im Leben (auch im Zen), an die sich zu halten sind.
Andreas
Ralf54:
Im Normalfall werden Lehrer von ihren Lehrern nach sorgfältiger Prüfung zu solchen ernannt - ob im Schuldienst oder im Zen. Deshalb macht es schon Sinn, auch nach dem 'Stammbaum' eines Lehrers zu fragen. Aber das betrifft eigentlich nur die Befähigung. Eine notwendige Voraussetzung ist die 'Ernennung' nicht.
Tatsächlich zum Lehrer wird man durch Schüler, die man sich entweder sucht oder nicht abweist, wenn sie einen gefunden haben. Im Zen ist eher Letzteres üblich. Dazu muss man sich nicht unbedingt Lehrer nennen.
Wenn Du über einen Lehrer etwas wissen willst, ist es einfachsten, Du erkundigst Dich nach seinen Lehrern und schaust Dir seine Schüler an. Vermeide dabei, Quantität als ein Kriterium zu sehen.
Dinge/Ereignisse sind gut.
Dinge/Ereignisse sind schlecht.
Dinge/Ereignisse sind.
Sind sie?
Zen besticht durch die Abwesenheit von Diskriminierung der Dinge/Ereignisse. Diskriminierung im Sinne von Wertung.
Das macht Zen für mich zum ästhetischen Ereignis.
Eine Ästhetik, die meine Sinne nicht ablenkt.
... obwohl die Sinne doch oftmals ihr Eigenleben haben wissen sie denn nichts von Zen?
(Diese Diskussion ist ja schon etwas älter, und weil mir die Tiefen und Untiefen dieses Forums noch gänzlich unbekannt sind, weiß ich nicht, ob dieser Beitrag den Strang wieder nach oben spült. Wenn nicht, machts auch nichts)