Wie findet man etwas, das man nicht verloren hat?
Diesen Satz las ich gestern und heute morgen und ich dachte mir, wie klug...
Hier wird zunächst mal gesagt, dass da jemand etwas sucht. Und natürlich glaubt jemand, der etwas sucht, dass er es verloren habe, oder dass er es zumindest derzeit nicht besitzt.
Nun wird in dem Nebensatz gesagt, dass dieses gar nicht verloren war. Zumindest eine interessante Idee. Wie wäre es, wenn man bemerken würde, dass man das was man sucht, gar nicht verloren hat, dass es durchaus verfügbar ist?
Was würde passieren, wenn man dem zufällig begegnet, vielleicht sogar immer wieder, während man doch sucht. Würde man nicht denken, dass es dies gar nicht sein kann? Denn dies ist doch immer wieder da. Weil man eben "weiss", dass man sucht, käme man gar nicht auf die Idee, dass es dieses ist, was man suchte...
So langsam findet sich der Satz zusammen. Da gibt es ein Finden von etwas, was man zwar sucht, aber was man vergeblich sucht, weil man es ja gar nicht verloren hat. Was man aber immer wieder übersieht, solange man denkt, man suche doch schliesslich etwas. Also könne es das was man da dauernd sieht doch wohl kaum sein...
Worum es letztlich geht ist hoffentlich von vornherein klar. Natürlich geht es um "das Selbst", die "Buddhanatur", oder wie immer man es sonst gerade benennt.
Dies ist das, was man nie verloren hat, weil man es gar nicht verlieren kann, denn man ist es ja selbst. Und trotzdem findet man sich suchend.
Wer ein wenig die Sucherszene kennt, sei sie nun buddhistisch, sei sie sonstwie geprägt, wird zustimmen, dass tatsächlich häufig gesucht wird. Nach dem, was zu fehlen scheint, damit man sich ganz fühlt.
Und nun wieder die Frage: Wie findet man das denn?
Wie findet man eine Brille, die man auf der Nase hat? Brillenträger werden das vielleicht schonmal erlebt haben. Man versucht sich zu besinnen, wo man das verflixte Ding denn wohl hingelegt hat, irgendwo weg von sich selbst, und dann, manchmal ganz plötzlich, wird man gewahr, dass sie dort sitzt wo sie hingehört.
Ebenso geht es uns mit dem Selbst, der Buddhanatur, das/die wir alle haben, nicht verloren haben, aber es/sie suchen.
Wenn wir innehalten können, dann können wir uns plötzlich ihrer gewahr werden. Können einfach selbst sein und uns vollständig fühlen. Wissen wieder genau, dass wir sie nie verloren hatten, ja, gar nicht verlieren konnten.
Wir haben nur den Fehler gemacht sie zu suchen, anstatt sie zu finden.
Und nun nochmal das "Wie". Denn das ist das einzige an dem ganzen Satz was wirklich interessant ist. Ich weiss nun, wer diesen Satz gesagt hat, und daher weiss ich, wie er es tut. Und ich weiss, wie ich es tue. Und ich weiss, wie Praktizierende des Zazen es tun. Wir setzen uns ganz einfach hin und warten ab, dass es gewahr wird.
Für mich ist das Warten jedesmal das einzige Problem. Weil ich jedesmal davon ausgehe, etwas zu suchen, was ich gar nicht verloren habe. Etwas tun zu müssen um diese Suche zu einem guten Ende zu bringen.
Und jedesmal finde ich es, wenn ich einfach das tue, was mir empfohlen wurde, es nicht zu suchen, sondern zuzulassen, dass ich es finde.
Genau wie es jedesmal so ist, dass ich es als von mir getrennt denke, ist es jedesmal so, dass ich es als zu mir gehörig fühle, meist nach wenigen Minuten, in denen ich zwischen Finden und Suchen schwanke. Das Finden wird zu einer angenehmen Gewohnheit, obwohl ich ja tatsächlich nichts finden kann was ich nicht verloren habe...
Alles was mir bleibt ist das "Wie", oder "zentechnisch" gesprochen, Zazen. Sinnlos, wie manche gern mal sagen, weil sie ja wissen, dass sie etwas suchen, was sie gar nicht verloren haben...
Lieben Gruß
mipooh