Heute morgen sagte meine Frau im Wachwerden, dass sie gern einen Watbesuch machen würde. Ich war etwas überrascht, weil sie meist nicht mehr als jedes halbe Jahr oder weniger solche Bedürfnisse äussert.
Es ist einer der besonderen Feiertage, ein Fest an dem den Mönchen gedankt wird, traditionell dadurch, dass man ihnen neue Kleidung schenkt. Da gibt es etliche Regeln, wie ich weiss (meine Frau kennt aber nur die Form, wie das Fest tatsächlich immer gefeiert wird/wurde), wovon auch eine ist, dass jeder Mönch nur ein oder zwei dieser Kleidungsstücke annehmen darf.
Es waren enorm viele Leute dort, eine Festhalle war angemietet, aber schon früh sehr voll. Wir kamen kaum rein und raus, alle Sitzplätze waren entweder mit Menschen oder mit Taschen oder anderen Gegenständen besetzt. Vorn auf der Bühne saßen die Mönche, kaum sichtbar und von einer Seite näherten sich die Gläubigen mit Nahrung um sie den Mönchen zu spenden.
Auf der rechten Seite stand ein "Geldbaum", an den reichlich Gläubige (ich nenne sie einfach mal so, obwohl ich nicht weiss, was die glauben) Euronoten angeheftet hatten und es noch weiterhin taten. Ich sah dort u.a. einen 500-Schein, etliche 100er, ohne dass ich mit diesem Part wirklich etwas anfangen könnte. An der Querseite des Raumes wurden Alltagsgegenstände verkauft, die dann gespendet werden um anschliessend wieder zum Verkaufsstand gebracht zu werden, um wieder verkauft zu werden um wieder zurückgebracht zu werden....
Durchsagen konnte man trotz Lautsprechern im allgemeinen Stimmgewirr nicht verstehen.
Ruckzuck waren mal eben etliche als direkte und indirekte Spende aus meinem Portemonnaie verschwunden, so dass ich etwas unwillig knurrte, dass es nun genug sei...
Diese Art von Fest kenne ich aus Thailand. Fast alle großen Feste sind die reinsten Geldsammelveranstaltungen und fühlen sich für mich etwa so neppig an wie deutsche Kirmes (die allerdings für mich noch nie religiösen Charakter hatte und wo ich auch nicht mehr hingehe).
Für mich ist eine solche Veranstaltung eine echte Toleranzprobe. Es ist laut, chaotisch, unkomfortabel und es geht vordergründig ausschliesslich um Geld.
Meine Frau war glücklich und erzählte mir, dass sie in ihrer Heimat jeweils so lange bleibt, bis ihr Geld alle ist... dann geht sie mit einem leichten Gefühl in ihrem Herzen. (Kein Wunder, dass man sich erleichtert fühlt, wenn man doch erleichtert wurde... ;) )
Sie hatte halt immer nur umgerechnet wenige (aber sicher durchaus oft ihren gesamten Besitz) und ich war ganz froh, dass sie nicht vorher auf der Bank war und somit ihr selbstverdientes Monatsgehalt nicht mit sich trug.
Krasser als auf einer solchen Veranstaltung kann unser kulturelles Empfinden nicht auseinandergehen. Für mich ein totaler Geierakt, für sie die Erfahrung von Leichtigkeit durch Großzügigkeit. Wohlgemerkt bei identischen äusseren Umständen.
Zu ihrem oder meinem Glück kenne ich ein ähnliches Erleben, wo ich erfahren durfte, wie unbezahlbar doch innere Freiheit ist und dass Geld dafür ein eher witziges Hindernis darstellt. Ich habe immer gern und großzügig geschenkt (allerdings gern nur ungefragt), weil es mich froh macht das zu tun. Dies mit dem Wissen, dass sich auf meiner Bank immer noch genug befand und auch mehr als das was ich so von mir gab.
Meine Kultur ist u.a. durch Jahreszeiten geprägt, die die Menschen in Vorzeiten dazu brachte, Vorräte anzulegen um im Winter nicht zu verhungern. Die thailändische Kultur hingegen benötigte solche Dinge früher nicht, denn kaum hatte man das Haus verlassen, befand man sich im kostenlosen Natursupermarkt, in dem es reichlich Köstlichkeiten im Überfluß gab. (Ist heute durch Zivilisation, Monokultur und Chemieeinsatz erheblich eingeschränkt und im Verschwinden.)
An solchen Tagen, ganz anders als letzte Woche, sehe ich vorwiegend eine Seite der heutigen Theravada-Kultur, die mich heftig abstößt. Trotzdem war ich auch heute froh, mich daran zu erinnern, dass das freie Fühlen priceless ist.
Gruß
mipooh