Wie weit lässt sich die Praxis des Zazen durch technische Hilfsmittel wie Samadhi-Tanks ersetzen?

Die sog. Samadhi-Tanks sind ein technisches Mittel zur sensorischen Deprivation - d.h. der Input der Sinnesorgane wird fast auf Null reduziert. Das Interesse westlicher Psychologen an den psychischen Auswirkungen sensorischer Deprivation wurde vor allem durch Kriegsgefangene des Korea-Krieges geweckt, die einer sog. Gehirnwäsche unterzogen worden waren. Man fand heraus, dass neben sozialer Isolation sensorische Deprivation eine wichtige Rolle bei Gehirnwäsche-Techniken spielt. Sie erzeugt eine extrem gesteigerte Suggestibilität - auf Deutsch: die Betroffenen verlangen so gierig nach 'Input', dass sie bereitwillig aufnehmen und glauben, was man ihnen erzählt.

Von daher ist zu verstehen, dass Samadhi-Tanks sehr lebhafte Halluzinationen hervorrufen können - in der Regel gesteuert von den Erwartungshaltungen der Probanden (und den Versprechungen der Vermarkter). Autosuggestion und selbsterfüllende Prophezeiung sind hier die passenden Stichworte. Bei entsprechend Disponierten (z.B. bei einer latenten Psychose) können durch solche Methoden schwere psychotische Schübe ausgelöst werden.

Trotzdem sind Bezüge zwischen sensorischer Deprivation und Meditationstechniken nicht zu leugnen. Es sind dies sie sog. Alpha-Wellen bei den Gehirnströmen. Dies haben zunächst die Untersuchungen stabilisierter Bilder und die Ganzfeld-Untersuchungen gezeigt (z.B. D. Lehmann, G.W. Beeler u. D.H. Fender: "EEG Responses During the Observation of Stabilized and Normal Retinal Images" 1967 und W.Cohen: "Spatial and Textural Characteristics of the Ganzfeld" 1957). Cohen entdeckte (W. Cohen und T.C. Cadwallader: "Cessation of Visual Experience under Prolonged Uniform Visual Stimulation" 1958), dass eine gleichförmige visuelle Wahrnehmung (das sog. Ganzfeld, das z.B. durch zwei halbe Tennisbälle über den Augäpfeln erzeugt werden kann) zu einem gänzlichen Ausschalten der visuellen Wahrnehmung führen kann, dem sog. 'Blank-Out'. Der Proband sieht nicht NICHTS, sondern er sieht NICHT (dem erfahrenen Meditierenden ist dieses Phänomen bekannt). Dies ist verbunden mit deutlich verstärkten Ausbrüchen von Alpharhythmen bei den Gehirnwellen, wie Tepas nachwies (D.T. Tepas: "The Electrophysiological Correlates of Vison in a Uniform Field" 1962).

Verschiedene Studien bestätigten einen Zusammenhang zwischen Alphawellen und Meditation. Für die Untersuchung speziell von Zazen waren die Arbeiten von Kasamatsu, Hirai und Akishige bahnbrechend (A. Kasamatsu und T. Hirai: "An Encephalographic Study of Zen Meditation (Za-Zen)" 1966 und Yoshiharu Akishige: "Psychological Studies on Zen" 1968).

Es stellt sich nun die Frage, wieweit das Auftreten von Alphawellen - das zweifelsohne durch technische Mittel wie Samadhi-Tanks gefördert werden kann - für die eigentliche Zazen-Erfahrung wesentlich ist und ob sich möglicherweise Zazen auf das Erzeugen von Alphawellen reduzieren lässt. Dies ist eindeutig mit 'Nein' zu beantworten.

Zunächst eine Anmerkung zu dem 'Blank-Out'. Es ist in der Zen Tradition immer wieder davor gewarnt worden, solche Techniken zu kultivieren (Zen des toten Holzes). Schon in Hui-nengs Platform-Sutra findet sich eine entsprechende Warnung (die Gatha des Wo-lun und Hui-nengs Antwort darauf).

Der zweite und wesentlichere Punkt ist, dass Zazen nicht sensorische Deprivation ist. Zwar spielt eine verminderte Reizsituation beim Zazen eine unübersehbare Rolle (Stille im Dojo, einheitlicher Geruchshintergrund durch Räuchern, 'stabilisiertes Bild' auf der Netzhaut), doch sehr viel wesentlicher sind die eigentlich meditativen Aspekte: Shamatha (Chih) und Vipashyana (Kuan), Konzentration und Einblick. Bei den meisten Meditationstechniken liegt die Betonung auf jeweils einem Aspekt - dem konzentrativen oder dem absorbierenden. Bei Zazen ist beides zu einer Einheit verbunden. Bei der Koan-Übung sorgt z.B. die eigenartige Natur des "Meditationsobjektes" dafür, dass das Kanna-Zen keine einseitige Konzentrationsübung ist. Shikantanza wiederum hat einen konzentrativen Aspekt in Bezug auf den Akt des Sitzens. Mag dies jetzt auch reichlich vergröbernd sein, so sollte doch deutlich geworden sein, dass das Auftreten von Alphawellen - soweit sie auf sensorische Deprivation zurückzuführen sind - allenfalls eine Begleiterscheinung von Zazen ist.

Zazen erzeugt Alphawellen. Samadhi-Tanks erzeugen Alphawellen. Das heisst nicht, dass beides das selbe ist. Wer sich in einen Samadhi-Tank legt, erfährt lediglich, wie es ist, in einem Samadhi-Tank zu liegen. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.

() Ralf
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