Zennist:
Das Schmerzliche an der spirituellen Suche nach dem Absoluten ist die Erkenntnis, dass ein Lehrer und das, was ein Lehrer als Dharma vermittelt, nicht unbedingt perfekt sind. Wir sollten vielleicht sogar sagen, dass der Dharma selbst nicht perfekt ist - sondern davon abhängt, was wir daraus machen.
Oft genug geschieht es, dass wir wider besseres Wissen an Personen glauben, anstatt an uns und den von uns gewählten Weg. Offenbar haben wir diese Tendenz, uns an Orientierungspersonen zu klammern. An diesem Punkt droht die spirituelle Gruppe zur kultischen Bewegung zu werden.

Was "Zen, Nationalismus und Krieg" betrifft, ein paar Erklärungsansätze aus der subjektiven Sicht eines Laien. Zum einen bedeutet offenbar spirituelle Einsicht nicht gleich politische/globale Einsicht. Vor allem aber gab es von je her spirituell fortgeschrittene Wesen, die dennoch nicht vollständige Durchdringung erfahren hatten. Wer ein "Erleuchtungserlebnis" hatte, muss noch lange nicht befreit sein. Hakuin hatte Dutzende von Satoris - bis zum letzten, dem wahren Satori. Im Surangama Sutra ist die Rede von 50 falschen Erleuchtungszuständen (und es gibt ihrer unendlich viele). Sie müssen alle durchwandert werden. Und im Pali Kanon wird unter anderem das Savaka-Sangha als verantwortlich für den Niedergang des Dharma prophezeit - jenes dem Buddha so wichtige Sangha der wenigen spirituell Fortgeschrittenen, die die Vier Wahrheiten des Buddha mit Leib und Seele wirklich verstanden hatten, und dennoch noch lange nicht am Ziel waren. Der Punkt ist: Ein solch fortgeschrittenes Wesen kann uns weiterhelfen, doch gleichzeitig birgt es in sich Licht und Schatten - wie wir alle.

Ken Meisen
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